Ode an die Heimat von Carl Rütti vor Uraufführung

Der Zugersee wird nun in Musik gegossen

Inspiriert von den Sonnenuntergängen über dem See und der sagenhaften Nixe im See: der Zuger Komponist Carl Rütti.

(Bild: Daniel Christen)

Lassen sich der Zuger Sonnenuntergang und die versinkende Altstadt in Musik verwandeln? Der Zuger Musiker Carl Rütti hat es in seinem neuesten Konzert «Zugersee» getan. Das neuste Werk des zeitgenössischen Komponisten, dessen Œuvre schon über 120 Werke umfasst, wird nun erstmals aufgeführt.

Da kommt einer und presst den Zugersee einfach mir nichts, dir nichts aus. Macht aus Flüssigem Musik. Seine neue Komposition, die der Zuger Komponist und Organist Carl Rütti «Zugersee» nennt, hat er eigens für seine Schwester Praxedis Hug Rütti und deren Tochter Praxedis Hug geschrieben. Beide sind an der Harfe und am Piano auch an der Uraufführung des Stücks beteiligt (siehe Box).

Es ist eine Ode an die Heimat: Das Stück erzählt in vier Akten von den berauschenden Sonnenuntergängen am Zugersee, dem Seerutsch der Zuger Altstadt und einer romantischen Sage über eine Seejungfrau, die ihren Geliebten zu sich in die Tiefen holt. Zum Schluss nimmt Rütti ein Thema aus einer seiner Kompositionen für die Musicaloper «Nikki», die 2008 im Casino aufgeführt wurde, wieder auf und webt es ins Konzert mit ein.

«Ich versuche, Gefühle in Musik zu giessen.»

Carl Rütti, Komponist, Unterägeri

«Wenn ich solche Bilder vertone, versuche ich, das Gefühl dieser Themen in Musik zu giessen», erklärt Rütti. Es heisst, vor dem ersten Seerutsch der Zuger Altstadt ging ein tiefes Grollen durch die Erde, das die Bewohner damals noch nicht zu deuten wussten. Dieses markerschütternde Geräusch mimt Rütti etwa am Anfang seines zweiten Satzes mit dem zur Verfügung stehenden Orchester nach.

Um jeden Preis neu, das muss nicht sein

Am Zürcher Konservatorium studierte Rütti Klavier. In jungen Jahren zeigte er eine seiner ersten Kompositionen einem Schweizer Komponisten. Dieser meinte nur, wie schön es doch sei, dass jemand in der heutigen Zeit noch so naive Musik schreiben könne.

Uraufführung des «Zugersee»-Konzertes

Carl Rüttis Konzert für Harfe, Klavier und Streicher «Zugersee» erlebt am Sonntag, den 5. November, in der Ägerihalle in Unterägeri seine Uraufführung. Rütti schrieb das Stück eigens für seine Schwester Praxedis Hug Rütti und deren Tochter Praxedis Hug, die an Klavier und Harfe von der Zuger Sinfonietta unter der Leitung von Kevin Griffiths begleitet werden. Auf dem Programm steht ausser der Uraufführung auch Musik von Jean Sibelius und Edvard Grieg.

«In der Schweiz galt es damals als Komponist, um jeden Preis etwas Neues zu schreiben. Mit atonalen Kompositionen aus den bekannten Mustern auszubrechen. Das hat mich nie interessiert.» Erst während eines Studienjahrs in London merkte er, dass es noch andere Kulturkreise gab, die offen waren für seine Musik. «Das Leben ist zu kurz, um Musik zu machen, die einem nicht zusagt», äusserte er sich gegenüber einem englischen Reporter.

Das Sakrale im Ton

In Rüttis Œuvre, seinem persönlichen Schatz über 120 gesammelte Werke, die er über die Jahre komponiert hat, findet sich viel liturgische Musik. Stücke also, die eng mit dem christlichen Glauben verbunden sind. Er vertont Psalmen oder orchestriert Vespern und andere Gottesdienste. «Musik hat für mich immer auch eine religiöse Komponente. Man kann sie analysieren, beschreiben und bis auf die letzte Note auseinandernehmen. Doch das, was die Musik wirklich ausmacht, entzieht sich dem analytischen Betrachter stets.»

«Manchmal merke ich nach zehn Stunden Komponieren, dass man ja auch noch hätte zu Mittag essen können.»

Carl Rütti, Komponist, Unterägeri

Lange war Rütti Klavierlehrer an der Ausbildungsstätte, an der er selber in seiner Jugend sein Diplom machte. Seit seiner Pensionierung führt sein Sohn Rafael Rütti dieses Amt weiter. Auch sein zweiter Sohn Tobias Rütti widmet sein Leben der Musik; als Musiklehrer an der Zuger Kantonsschule. «Viele Menschen merken in älteren Jahren, dass sie es in ihrem Leben versäumt haben, Musik zu machen. Ich bin dankbar dafür, dass ich mein ganzes Leben lang Musik gemacht habe und noch immer damit arbeiten darf. Gerade das Komponieren fasziniert mich heute noch. Dieser Moment, wenn etwas Neues entsteht, ist unbeschreiblich.»

So klingt Musik von Carl Rütti

Wenn er am Klavier komponiert oder am Rechner seine Entwürfe probehört, vergisst der routinierte Meister alles um sich herum. «Da merke ich manchmal nach zehn Stunden, dass man ja auch noch hätte zu Mittag essen können.» Dass die Passion noch immer unvermindert durch die Adern dieses Mannes fliesst, steht ihm ins Gesicht geschrieben, wenn er über die Details seiner Arbeit zu fachsimpeln beginnt. 

Bis hin zum Jazz

Die meisten seiner Werke sind Auftragskompositionen. Dabei beschränkt sich die Bandbreite seiner kreativen Interessen nicht nur auf kirchliche Musik. Er schreibt auch Kammermusik oder Stücke für Brass Bands. In jüngeren Jahren spielte er auch Jazz. In seinem neuen Werk «Zugersee» schimmert dieses Faible für den Jazz etwa im Blues-Schema des ersten Satzes durch. 2005 erhielt er für sein Lebenswerk den über 12’000 Franken dotierten Zuger Anerkennungspreis. «Ich suche in meiner Musik nicht so sehr nach einer persönlichen Sprache, als vielmehr nach dem passenden musikalischen Ausdruck für einen Text oder eine Emotion, die ich vermitteln will.»

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