Ende des Immobilien-Booms

«Der Zuger Markt hat seinen Zenit erreicht»

Wenn er Immobilien verkauft, dann braucht es dafür keine Öffentlichkeit. Denn in Zug gehen die guten Immobilien unter der Hand weg. Ivan Schweizer erklärt den Zuger Markt. (Bild: zvg)

In Zug herrscht Immobilienfieber. Zumindest kommt zu diesem Schluss, wer an jeder Ecke auf Strassenshops von Immobilienmaklern trifft. Dabei ist der Boom vorbei, sagt einer, der es wissen muss. Und einige der neuen Makler am Platz müssten wohl bald das Feld räumen. Denn der Zuger Markt ist anders als alle anderen.

Kein Weg in der Innenstadt führt an ihnen vorbei: Volle Bildgewalt in der Auslage, der halbe Kanton zum Verkauf, schöne Häuser, glänzende Prospekte, Quadratmeterzahlen, Millionenbeträge. In Zug grassiert das Immobilienfieber. «Die Maklershops haben seit etwa zwei Jahren deutlich zugenommen», sagt Ivan Schweizer. Er ist Chef und Inhaber der Avendis AG. Hat sein Quartier an der Bahnhofstrasse vor drei Jahren geräumt und ist an den Stadtrand gezogen. «Es hat sich herumgesprochen, dass Zug ein attraktiver Markt sei, und jetzt versuchen viele Immobilienmakler, in Zug Fuss zu fassen. Aber auch einige Quereinsteiger. Die Einstiegshürden für Makler sind relativ gering.» Es sind mittlerweile so viele Makler, dass man durch Zug gehen kann und denken möchte: In dieser Stadt beschäftigt man sich vor allem damit, einander Immobilien anzudrehen. Ist Zug zu einem Immobilienlager für verkaufswütige Makler geworden? Das Gegenteil ist offenbar der Fall. «Der Zuger Markt ist zwar ein sehr interessanter Markt, aber er funktioniert nicht so wie in anderen Regionen», sagt Schweizer. «Der Zuger Markt ist illiquide an guten Objekten.»

Die guten Grundstücke kauft man unter der Hand

Das heisst: Es gibt fast keine guten Immobilien, die frei gehandelt werden könnten. Zumindest nicht so viele, wie die Maklerbüros zum Überleben benötigen würden. Die Prospekte in den Schaufenstern, das seien grösstenteils Immobilien aus dem nahen Umland, Säuliamt, Aargau, Schwyz. Die Makler hier erhofften sich von ihrer Zuger Adresse vor allem zahlungskräftige Laufkundschaft. Mit Lust, aufs Land zu ziehen. Und die Zuger Immobilien, die angeboten werden, die seien oft schon lange auf dem Markt, so Schweizer. «Denn wenn eine Immobilie in Zug erst mal auf dem offenen Markt ist, dann verliert sie schnell an Exklusivität und damit an Attraktivität.»

In Zug kauft man sich die guten Grundstücke unter der Hand ab. Bei den Eigenheimen, aber auch im Anlagebereich, auf den sich Schweizer spezialisiert hat. Wie zum Beispiel beim Neudorf Center in Cham. Schweizer hat es für eine Pensionskasse an die SUVA verkauft. «Solche Transaktionen finden diskret und im Hintergrund statt. Dabei bleibt die Exklusivität gewahrt. So ist man nach einer Prüfung durch den Käufer schnell zu einer Unterschrift gekommen.»

Schweizer ist keiner der zugezogenen Immobilienmakler, sondern in Zug aufgewachsen. Er ist «so ein Aborigine hier», arbeitet seit acht Jahren mit seinem Unternehmen in der Stadt Zug, mit Immobilien arbeitet er aber schon seit 20 Jahren. Er hat seine eigenen Kanäle, verkauft seine Immobilien meistens, ohne dass sie je an die Öffentlichkeit gelangen. «Es ist ein Vermögensgeschäft, das braucht Vertrauen. Wir verkaufen über Exklusivität, sprechen einzelne Kunden an, von denen wir wissen, dass es passen könnte.»

Platzt die Blase?

Der Boom allerdings ist vorbei. Preisexzesse sind selten geworden. «Der Zuger Markt hat vorläufig seinen Zenit erreicht.» Es liessen sich nicht mehr einfach Höchstpreise erzielen, wie das noch vor ein paar Jahren der Fall gewesen sei. Das schreibt auch die Zuger Kantonalbank in ihrem Immobilien-Report 2013: Die Preisdynamik nach oben habe nachgelassen. Und die Credit Suisse schreibt in ihrer Analyse über den Schweizer Immobilienmarkt 2014: «Die Goldgräberstimmung scheint allmählich zu Ende zu gehen.»

Das trifft offenbar auch auf Zug zu. Geht es jetzt abwärts? Platzt die gefürchtete Blase? «Nein, das glaube ich nicht», sagt Schweizer. «Gute Objekte finden nach wie vor ihre Käufer und Mieter, auch auf hohem Preisniveau. Aber die Qualität muss stimmen.» Es kommen keine vorbehaltlos kaufwilligen Expats mehr, die sich gleich mehrere Wohnungen im Zuger Uptown sichern wollen. Eine davon für die Verwandtschaft, falls die mal zu Besuch kommt. «Damals fanden das viele Expats sehr günstig, eine 4.5-Zimmerwohnung mit Seesicht für 6’000 Franken. In London zum Beispiel bekam damals ein Mieter bedeutend weniger dafür.»

Wer unsicher ist, kauft nicht

Die Weltwirtschaft hat auch wohlhabende Ausländer vorsichtiger gemacht. «Das ist vielleicht auch gut so. Heute ist bei über zwei Millionen Franken Kaufpreis oder 5000 Franken Miete die Grenze, darüber wird der Markt sehr dünn.» Zur Abkühlung hätten auch die letzten Volksabstimmungen beigetragen, so Schweizer. Sie hätten Unsicherheiten bei ausländischen Unternehmen geschaffen.

«Wir standen für Büroräume im Projekt Platform am Bahnhof Zug kurz vor dem Abschluss mit einem internationalen Konzern, der seine Europaniederlassung hier konzentrieren wollte.» Der Mietvertrag war bereit. Allerdings war das auch die SVP. «Einen Tag nach der Abstimmung über die Masseneinwanderungsinitiative hat die Firma vom Abschluss abgesehen. Die Situation sei für sie mit 80 Prozent ausländischen Mitarbeitern zu unsicher.»

Und wer unsicher ist, kauft nicht. Das gilt nicht nur für Firmen. «Ausländische, gut ausgebildete Arbeitnehmer tendieren dazu, eine Wohnung zu kaufen, wenn sie sich niederlassen. Sie kennen es aus ihrem Land nicht anders. Wenn sie aber nicht wissen, ob sie nach ein oder zwei Jahren wieder weiterziehen müssen, dann kaufen sie nicht, sondern mieten.»

«Wird eine Verschärfung geben»

Man müsse dabei den Büro- und den Wohnungsmarkt auseinanderhalten, erklärt Schweizer. «Der Büromarkt leidet unter einem Angebotsüberschuss. Man hat einfach immer weiter Büros gebaut, weil früher jeder Büroraum Abnehmer fand.» Aber die internationalen Unternehmen in Zug hätten angefangen, Stellen abzubauen, flexible Arbeitsorte einzurichten, die weniger Platz benötigen. «Das Angebot wächst ungebremst weiter, die Nachfrage stagniert.»

Das Angebot von Immobilienfirmen wächst allerdings nicht genauso ungebremst. Schweizer wittert bereits härtere Zeiten für Makler. «Ich denke, es wird in den nächsten zwölf Monaten eine weitere Verschärfung der Situation geben. Für einige Makler dürfte es schwierig werden.» Dabei spielten auch neue Regulierungen und die verschärften Kreditvergaben der Banken für Hypotheken eine Rolle: Sie würden das Transaktionsvolumen zukünftig noch stärker beeinträchtigen. Zudem sind die Banken auch bei Schätzungen vorsichtiger geworden. «Weniger professionelle Unternehmen dürften es daher schwer haben, mit diesen Veränderungen genügend Abschlüsse zu realisieren, und über die Runden zu kommen.»

 

Sollte von einer internationalen Firma gemietet werden: Das Projekt Platform am Zuger Bahnhof.

Sollte von einer internationalen Firma gemietet werden: Das Projekt Platform am Zuger Bahnhof.

(Bild: zvg (Visualisierung))

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