Nachwuchsprobleme bei Luzerner Magier

Der Zauberer vom Sonnenberg

Einblick in den Zauberunterricht: Magic Pierre lehrt Anna, den magischen Knoten. (Bild: Sandro Portmann)

Pierre Greiner führt ein Doppelleben. Der gelernte IT-Fachmann aus Kriens ist besser bekannt unter dem Namen Magic Pierre. In seiner Zauberschule gibt er Interessierten die Kniffe der Magie weiter. Doch nun gehen ihm zunehmend die Schüler aus. Schuld ist eine moderne Technologie.

«Ich hatte gestern einen Traum», beginnt Pierre Greiner alias Magic Pierre mit unverkennbar französischem Akzent zu erzählen. Vor ihm verfolgt die junge Hanna seine Geschichte mit grossen Kinderaugen. «Im Traum hatte ich sehr grossen Durst, also ging ich zum Kühlschrank und öffnete die Tür.» Mit ruhigen Worten und geheimnisvollen Gesten baut der Zauberer aus Kriens die Spannung auf. «Doch im Kühlschrank war kein Getränk, nein. In der Mitte des Kühlschranks lag nur eine Karte.»

Diese habe er behutsam mit zwei Fingern rausgenommen und in ein Kuvert gesteckt. Dann tippt er auf den Umschlag, den er zuvor auf den Tisch gelegt hat. «Schau mal nach. Welche Karte ist es?» Während Hanna die Karte rauszieht, werden ihre Augen grösser. Eine Herz Zehn liegt vor ihr. Es ist dieselbe Karte, die sie zuvor aus einem grossen Stapel Karten ausgesucht hatte.

«Zaubern ist Unterhaltung»

Wie kann das sein? «Es ist ein Gebot, dass man niemandem seine Zauberkunststücke erklären darf», sagt Magic Pierre. Hanna ist eine Ausnahme. Sie geht zu Magic Pierre in den Zauberunterricht. In Kriens – auf halber Höhe zum Sonnenberg – befindet sich die Zauberschule von Magic Pierre. In kleinen Gruppen bis zu sechs Personen werden hier Zauberkünste gelehrt. Hanna besucht bereits den zweiten Unterrichtstag. Hier lernt sie die ersten Kniffe der Magie. Nach vier Lektionen à zwei Stunden kann sie eine Zaubershow von zirka 20 Minuten im Rahmen der Familie selbständig vorführen.

«Es geht darum die Leute mit einer spannenden Geschichte zu unterhalten.»

Pierre Greiner alias Magic Pierre

«Du kannst jede andere Karte nehmen, aber ich finde die Herz Zehn hat eine schöne Symbolik», erklärt Magic Pierre. Wichtig sei die Präsentation, wie die Zauberkunst vorgeführt werde. «Es geht nicht darum, wie ein Roboter das Kunststück zu machen, sondern die Leute mit einer spannenden Geschichte zu unterhalten.» Er rät Hanna, sich für ihre Show eine eigene Geschichte auszudenken. Das Wort «Zaubertrick» hört er nicht gerne. «Ich sage Zauberkunststück. Es ist eine Kunst, wie Musizieren, Theater spielen oder Malen auch.»

Üben, üben und nochmals üben

Beobachtet werden die beiden von zahlreichen Augenpaaren berühmter Zauberkünstler, deren Porträts an der Wand hängen, manche davon gar mit persönlicher Widmung. Sie heissen Dai Vernon, Roberto Giobbi, Marmac oder Juan Tamariz. «Das sind meine grossen Vorbilder», sagt Magic Pierre. In seinem Büro liest er ihre Bücher und studiert ihre Methoden ein, damit er sie selber einem Publikum vorführen kann.

«Man hat nie ausgelernt», sagt Pierre. Bevor ein Kunststück sitzt, heisse es üben, üben und nochmal üben. Das gelte umso mehr, wenn man das Zaubern professionell mache, so wie er. Während er die Tagesschau verfolgt, hat er stets einen Stapel Karten in der Hand und übt seine Fingerfertigkeit.

 

Nicht jeder Zauber gelingt auf Anhieb. Das braucht Zeit. «Gerade versuche ich mich an den Techniken von Roberto Giobbi», sagt Magic Pierre und schlägt ein Buch auf. Auch nach 29 Jahren übe er täglich. «Manchmal geht es aber nicht so wie ich will. Dann muss ich die Karten wieder beiseite legen und es später wieder versuchen.» In seinem Büro steht ein kleiner, mit grünem Teppich überzogener Tisch vor einem Spiegel. Becher, Karten und zwei Schnüre liegen darauf.

Hier übt er seine Zauberkunststücke ein. Der Spiegel ist sein Publikum. «Manchmal nehme ich die Situationen auch auf Video auf. Dann sehe ich, was funktioniert und was nicht.» Auch Magic Pierre kommt hin und wieder ins Staunen. Selbst wenn er die Techniken kennt: «Es gibt noch Künstler, bei denen ich ratlos bin, wie sie das gemacht haben.»

Nachwuchsmangel bei den Zauberern

Seine Zauberschule ist offen für alle, wie er sagt. Und das hat seinen guten Grund. Denn immer weniger Menschen lernen die Geheimnisse der Zauberei bei einem Profi. «Wir haben tatsächlich ein Nachwuchsproblem», sagt Magic Pierre. Besonders weibliche Zauberer gäbe es nur wenige. Auch das Internet macht dem Berufsstand zu schaffen. Viele Jugendliche würden heute via Online-Videos die Zauberkunst lernen. Davor warnt Magic Pierre: «Es ist gefährlich, wenn man blind aus solchen Videos kopiert», sagt er. Das richtige Stehen oder Präsentieren werde nicht vermittelt. «Das Internet kann den klassischen Unterricht nicht ersetzen.»

Im vergangenen Jahr haben sich die Schweizer Zauberer dem jungen Publikum geöffnet. Dutzende Mitglieder des «Magischen Rings Schweiz» haben, anlässlich des 75-Jahr-Jubiläums ihres Verbands, im letzten Jahr kostenlose Workshops in Schulen gegeben. Magic Pierre verblüffte damals die Schüler im Krienser Schulhäuser Gabeldingen und Feldmühle ebenso wie die Schulkinder in Vitznau und Brunnen.

Ein Zauberstück geht schief

Wie entscheidend bei der Show die Fingerfertigkeit ist, musste Magic Pierre schon selber erfahren. Vor Jahren ist ihm ein Zauberkunststück misslungen. «Das war an einem Silvester im Hotel Waldstätterhof in Brunnen», erinnert er sich. Eine kleine Band habe gespielt, als der Zauberer für seinen nächsten Trick nach einem Ring verlangte. «Aus den hinteren Reihen meldete sich eine angeheiterte Frau im Galakleid», so Magic Pierre. «Sie gab mir ihren Volldiamant-Ring.»

Nachdem er bei der Dame den Ring geholt hatte, bemerkte er auf der Bühne, dass er ihn verloren hatte. «Das Publikum dachte, es gehöre zur Show, als ich von meinem Missgeschick erzählte.» Der Ring aber blieb verschwunden. Vorerst. «Wir haben ihn letztlich auf der Tanzfläche gefunden», sagt Magic Pierre erleichtert.

Zauber mit 41 Jahren entdeckt

Magic Pierre wurde nicht als Zauberer geboren. Seine Leidenschaft entdeckte der ausgebildete IT-Fachmann mit 41 Jahren, im Mai 1986. «Ich sass im Zug zwischen Bern und Luzern als mir ein Inserat in der Zeitung auffiel», erinnert sich Magic Pierre. Eine Zauberschule in Zürich warb um neue Mitglieder. Magic Pierre meldete sich und fand mit «Pedro» seinen ersten Lehrer. «Das war sensationell. Ich fühlte mich wie auf einem anderen Planeten», sagt Magic Pierre heute über seine erste Unterrichtsstunde.

Seither hat es ihn nicht mehr losgelassen. Er bestand schon bald die schwierige Aufnahmeprüfung in den Magischen Ring Schweiz. Heute tritt er als Show- und Tischzauberer an Firmenanlässen, Geburtstagen oder Hochzeiten auf.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von H.R.Ba
    H.R.Ba, 03.05.2015, 10:05 Uhr

    Schon zweimal habe ich Pierre für ein Geburtstagfest und unser Goldenes Hochziit zur Unterhaltung gebucht. Jedesmal waren alle Gäste und ich sehr zufrieden und begeistert von seinen Zauberkünsten.

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