Präapokalyptische Bilder von Kaspar Wyss

Der Wasserturm in den Fängen einer Riesenkrake

Das erste Bild der Serie «attack!» vom Luzerner Künstler Kaspar Wyss. (Bild: «noirt»)

Unter dem Pseudonym «noirt» lässt der Luzerner Kaspar Wyss Werke entstehen, die der Leuchtenstadt eine düstere Zukunft prophezeien. Was eigentlich als Hommage an seine Heimat gedacht ist, hat bei Betrachtern auch schon extreme Reaktionen ausgelöst.

Eine Riesenkrake, die den Wassertrum mit ihren Tentakeln umgreift, Raumschiffe über dem Reusswehr oder eine überdimensionierte Tarantel, die sich ihren Weg über den Bireggwald in die Luzerner Neustadt bahnt. Der Luzerner Kaspar Wyss malt als «noirt» unter anderem Bilder, die die Leuchtenstadt in ein präapokalyptische Szenario verwandeln.

Die bisher veröffentlichten Arbeiten des 32-Jährigen sind eher düster gehalten – schwarzweiss und nicht selten mit einer Prise Morbidität versehen. «Das mit den schwarzweissen Bildern hat sich bisher einfach so ergeben. Persönlich habe ich Freude an leicht morbiden Sachen», sagt Wyss.

Ausstellung verlassen

Dies führe schon mal dazu, dass sich die Betrachter seiner Werke «angegriffen» fühlten. So auch bei seiner letzten Ausstellung im Monat Mai, die er im «Meyer», in der «Gewerbehalle» und im «Houdini» durchführen konnte. «Als Künstler bin ich froh, wenn meine Bilder irritieren oder sonst irgendwie beim Betrachter hängen bleiben.» Dass sich allerdings jemand vor seinen «Pandemia»-Bildern – das sind Tiere, die mit zahlreichen Augen versehen sind – gar schauderte, ist doch eine krasse Reaktion. «Ein Bekannter hat die Ausstellung im Houdini nicht ausgehalten, weil ihn die Augen der Tiere verstört hätten», sagt Kaspar Wyss und schmunzelt.

Oder aber würden seine präapokalyptischen Bilder als Provokation aufgefasst. «Mein primäres Anliegen ist es nicht, zu provozieren. Vielmehr ist die «attack!»-Reihe eine Hommage an Luzern.» Ein leichtes Kratzen am «Disney-Bild», das insbesondere Touristen von der Leuchtenstadt hätten, könne er jedoch nicht abstreiten. «Mein Traum ist es, dass irgendwann Chinesen und Japaner Postkarten mit einem von einer Riesenkrake angegriffenen Wasserturm nach Hause schicken», sagt Wyss und lacht schelmisch.

Der Luzerner Künstler Kaspar Wyss alias «noirt» vor einem seiner präapokalyptischen Werke.

Der Luzerner Künstler Kaspar Wyss alias «noirt» vor einem seiner präapokalyptischen Werke.

(Bild: cha)

Dabei gezielt auf Provokation zu setzen, kann man dem Künstler nicht unterstellen. «Beim Entstehungsprozess eines Bilder überlege ich mir nicht, was ich damit auslösen will.» Vielmehr merke Wyss dann beim fertiggestellten Werk, wie es wohl ankommen könnte. «Ich bin froh, wenn es eine Wirkung hat. Das ist die Hauptsache.»

«Wenn jemand ein Lied schreibt, will er, dass es gehört wird. So ist es auch bei mir und meinen Bildern.»

Kaspar Wyss, Luzerner Künstler

«Für mich stimmt es so»

Der 32-jährige Künstler lässt sich Zeit mit sich und seinen Arbeiten. «Ich bin in erster Linie nicht darauf angewiesen, mit meiner Kunst Geld zu verdienen.» Nebenbei arbeitet Kaspar Wyss im Luzerner Theater. Dieser Job mit unregelmässigen Arbeitszeiten lasse ihm viel Zeit für seine Kunst. «Für mich stimmt es so. Es nimmt mir in meinem kreativen Schaffen den Druck, wenn ich nicht davon leben muss. Daher kann ich genau das machen, was ich will – und davon genau so viel, wie ich möchte.»

Wyss betont jedoch, dass der Traum, etwas zu «reissen», schon präsent sein müsse. «Wenn jemand ein Lied schreibt, will er, dass es gehört wird. Wenn ich ein Bild male, möchte ich auch, dass es den Leuten gefällt und gesehen wird», erklärt der Luzerner Künstler.

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Freude vor Geld

Somit sei es für ihn an der Mai-Ausstellung primär auch nicht das Ziel gewesen, möglichst viele Bilder zu verkaufen. «Mit den verkauften Werken konnte ich meine Materialkosten decken. Für mich ist wichtiger, dass die Besucher Freude haben und einen schönen Abend verbringen konnten», betont der 32-Jährige. Ausserdem komme man bei solchen Ausstellungen im «spezielleren Rahmen» an alle möglichen Menschen heran. «Es wird dann einfach weniger gekauft, weil es nicht die Leute mit dicken Portemonnaies sind.»

Bild: Kaspar Wyss alias noirt («attack!»)

Bild: Kaspar Wyss alias noirt («attack!»)

(Bild: Kaspar Wyss alias noirt)

Obwohl – das mit den Preisen sei so eine Sache für sich. «Für mich ist es eine völlig neue Erfahrung, dass Menschen auf mich zukommen, die etwas von mir als Künstler haben wollen.» Dabei sei für ihn der Austausch mit seinem Vater sehr wichtig. «Er ist gleichzeitig mein wichtigster Kritiker», sagt Kaspar Wyss und fügt an: «Ab und zu telefonieren wir stundenlang und schicken uns unzählige Arbeiten hin und her.»

20 bis 30 Stunden pro Werk

Bei einer durchschnittlichen Arbeitsdauer von 20 bis 30 Stunden pro Bild, steckt schon viel Arbeit dahinter. «Allerdings gibt es manche Werke von mir, bei denen ich gar nicht sagen darf, wie schnell sie entstanden sind», sagt Wyss und lacht. Andere Werke hingegen würden wieder extrem viel Zeit beanspruchen. Bei seiner «attack!»-Serie habe dies stark variiert.

«Es sind zukünftige Ereignisse, jedoch rückblickend betrachtet.»

Kaspar Wyss, Luzerner Künstler zur «attack!»-Serie

«Die Riesenkrake war das erste Werk der Serie und beanspruchte viel Zeit aufgrund der Details.» Für dieses Projekt habe sich Wyss ein paar markante Orte der Leuchtenstadt ausgesucht, die jeder kennt. «Anschliessend habe ich aktuelle Fotos, beispielsweise eben vom Wasserturm, auf ‹alt› getrimmt und ein Monster in die Szene eingesetzt. Es sind zukünftige Ereignisse, jedoch rückblickend betrachtet», so der 32-Jährige, fast schon philosophisch.

Gestörtes Verhältnis mit Skizzenbüchern

Für seine Kunst setzt der gebürtige Oltener auf zeitgemässe Technik. «Ich arbeite hauptsächlich mit meinem Tablet und dem Programm ‹Sketchbook›. Für Kompositionen verwende ich dann Photoshop.» Unterwegs sei er deshalb hauptsächlich mit dem Tablet. «Das mit mir und Skizzenbüchern ist irgendwie ein gestörtes Verhältnis», so Wyss.

Bild: Kaspar Wyss alias noirt («pandemia»)

Bild: Kaspar Wyss alias noirt («pandemia»)

(Bild: Kaspar Wyss alias noirt)

Die digitalen Möglichkeiten sind derweil scheinbar unbegrenzt. Up-to-date zu bleiben ist quasi Pflicht. «Vor kurzem bin ich auf ein neues, einfaches Programm für das Tablet gestossen. Deshalb bin ich gerade wie ein Kind auf dem Spielplatz und muss mir die Funktionsweise zuerst aneignen. Allgemein hat es fast zu viele Möglichkeiten.» Man müsse sich als Künstler das rausnehmen, was man auch wirklich braucht.

Mehr Farbe

Was bringt die Zukunft? «Vermutlich mehr Farbe in meinen Bildern», sagt Wyss schmunzelnd. «Ich habe zwar schon einige Bilder farbig gestaltet, die haben es jedoch noch nie an die Öffentlichkeit geschafft. Mit den farbigen Werken bin ich noch nicht dort, wo ich sein will. Aber ich arbeite daran», resümiert der Luzerner Künstler.

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