Wenn Männer das Mannsein nicht interessiert

Der Verein MännerZug hat sich in Luft aufgelöst

Der Verein MännerZug hat sich über neun Jahre für die Anliegen von Männern eingesetzt. Mit bescheidenem Erfolg.

(Bild: zVg)

Seit 2009 versuchte der Verein MännerZug, das Thema Mann … naja, an den Mann zu bringen. Nun wurde das Projekt begraben. Und das nicht nur, weil dem Verein der Geldhahn zugedreht wurde.

Der Verein MännerZug ist nicht mehr; der Sockelbeitrag von jährlich 12’500 Franken wurde ihm kürzlich entzogen. «Ohne diesen können wir die Geschäftsleitung und die Projekte nicht mehr finanzieren», erklärt Thomas Zehnder, der Ex-Geschäftsführer des Vereins, auf Anfrage.

Doch das ist nicht alles. Der Verein sei in den neun Jahren seit seiner Gründung schlichtweg zu wenig stark gewachsen. «Anfangs waren wir acht regelmässige Mitglieder, am Schluss nur noch vier. Die Grösse der Gruppe hat sich überhaupt nicht zum Positiven entwickelt», erklärt Zehnder und wirkt etwas geknickt. Denn eigentlich wäre eine solche Männerplattform wichtig für Zug, ist er überzeugt.

«Männer sind von ihrer Prägung her so, dass sie eher nach vorne stürmen. Oft, ohne mögliche Konsequenzen zu überdenken», sagt Zehnder. «Empathisches Denken und Handeln ist beispielsweise etwas, das viele Männer lernen müssen. Ausserdem ist es wichtig, sich über Probleme wie eine Scheidung austauschen zu können. Oder über psychische Gesundheit von Männern», sagt Zehnder. «Aber wie bringt man einen Mann dazu, genauer bei sich selber hinzuschauen?»

Wie bringt man den Mann in den Männerverein?

Es scheint dies die Gretchenfrage zu sein, welche den Verein während der Jahre beschäftigt habe. «Viele Männer sind anderweitig engagiert und sagen, sie hätten keine Kapazität, um sich mit dem Thema Mannsein auseinanderzusetzen», sagt der ehemalige Geschäftsführer. «Aber das wäre wichtig. Es wird als selbstverständlich wahrgenommen, dass sich Frauen übers Frausein unterhalten. Das müssten doch auch wir lernen.»

 «Viele Männer behalten Probleme so lange bei sich, bis es zu spät ist.»

Thomas Zehnder, ehemaliger Geschäftsführer von MännerZug

Ja, es sei gar gefährlich, das nicht zu tun. «Viele Männer behalten Probleme so lange bei sich, bis es zu spät ist. Bis sie psychisch krank werden oder Beziehungen in die Brüche gehen», sagt Zehnder. Dennoch blieben alle Versuche erfolglos, Männer für ihre Projekte zu begeistern. «Im Kanton Zug interessiert es niemanden, dass die Gleichstellungskommission aufgelöst wurde», sagt er. Überhaupt sei Gleichstellung gerade auch aus Männersicht ein Thema, welches in der Schweiz einen schweren Stand habe.

Niemand wollte den Crashkurs für werdende Väter

«Vor einigen Jahren haben wir auf nationaler Ebene ein Tool entwickelt, einen Crashkurs für werdende Väter, das wir den Firmen anbieten wollten. Darin wurden Fragen rund ums Baby, aber auch um veränderte Sexualität sowie die Vaterrolle thematisiert», sagt Zehnder. «Nur hat sich keine Firma dafür interessiert.»

Das Problem sei in der ganzen Schweiz dasselbe. «Die ganze Männerarbeit ist auf die Männer reduziert, die bereits am Abgrund sind», sinniert Zehnder. «Die präventive Arbeit gelingt jedoch nicht. Uns bleibt nichts anderes übrig, als festzustellen, dass das so ist.»

Die aufsuchende Männerarbeit: erfolgreich, aber geldlos

Dennoch habe es während der letzten Jahre einige Erfolgserlebnisse gegeben. «Einmal haben wir miteinander einen Film gedreht. Das war ein hammer Erlebnis», erinnert sich Zehnder. «Ausserdem haben wir die sogenannte aufsuchende Männerarbeit entwickelt. Diese war erfolgreich. Indem wir Leute auf der Strasse ansprachen und über spezifische Themen redeten, kamen wir an sie heran. Das wäre ein europaweit einmaliges Tool. Wenn es denn jemand zahlen würde», sagt der Zuger.

Der Film, den der Verein MännerZug gedreht hat:

Das Eff-Zett hatte dafür gar eine 30-Prozent-Stelle geschaffen. Eine, die im ganzen Sparkurs wenig später wieder abgeschafft wurde.

Am letzten Freitag hat die IG MännerZug ihren Abschied mit einer Kunstaktion auf dem Landsgemeindeplatz gefeiert. Mit einer nicht ganz günstigen wohlbemerkt. Der Künstler Franz Müller zwackte hundert Zehnernoten von seiner eigenen Gage ab, heftete diese an Ballone und schickte sie in die Luft. Auf die Geldscheine hatte er zuvor notiert: «Finderlohn, Männerzug, eine Berührungsplastik.» Zudem hatte der Künstler davor kurzerhand den Wert der 10er-Noten auf 270 Franken heraufgesetzt.

Adieu Geld, adieu Männerverein

So löste sich denn das Geld mitsamt dem Männerverein in Luft auf. «Das war ein super Abschluss», so Zehnder. «Und auch wenn die Resonanz aus der Bevölkerung auch dort gleich null war, wurde es ein sehr schöner Anlass, weil plötzlich ganz viele Kinder kamen, die sich über die Ballone freuten.»

Auch wenn der Verein in seiner Form nun nicht mehr existiert, wird die Männerarbeit nicht ganz verschwinden. «Den Männerpalaver werden wir weiterhin führen. Dabei handelt es sich um eine Gesprächsrunde im halbprivaten Rahmen, die sich über die letzten Jahre bewährt hat. Dort besprechen wir immer je ein Thema. Etwa Abgrenzung, Mut, Risiko oder das Leben in einer Gemeinschaft.» Es handle sich dabei um ein entspanntes Plaudern, ganz ohne das Ziel, den anderen von der eigenen Meinung zu überzeugen. «Jeder kann dabei für sicher herausnehmen, was ihm passt», sagt Zehnder.

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