In Luzern werden Kleidersäcke vom Postboten geholt

Der Pöstler wird zum Lumpensammler

Im Oktober sammelt die Post in Luzern die Kleidersäcke täglich direkt vor der Haustüre der Leute ein.  (Bild: web)

Der Winter kommt, viele Leute misten ihre Kleiderschränke aus. Bisher steckte man die nicht mehr benötigten Sachen in einen Sack, der an einem fixen Tag eingesammelt wurde. Jetzt kann man den Sack täglich vor die Haustür stellen. Diese Dienstleistung der Post ist vorläufig ein Pilotprojekt.

Zusammen mit dem Kleider- und Schuhsack flatterte den Luzernern diesen Herbst ein Zettel ins Haus. Auf diesem informiert die Firma Texaid darüber, dass die Kleidersammlung dieses Jahr anders läuft: «Deponieren Sie den Sack gut sichtbar beim Hausbriefkasten. Ihr Postbote nimmt den vollen Sammelsack mit.»

Im Sack hat weniger Ware Platz

Bisher stopfte man die nicht mehr benötigten Textilsachen in den Sammelsack und schleppte ihn zu einer der Stellen, wo er in einen Container gehievt wurde. Jedenfalls dann, wenn man den Sammeltag dafür verpasst hatte. Für Leute ohne Auto eine eher mühevolle Angelegenheit, die Säcke sind gross und wenn sie gut gefüllt sind, sind sie auch schwer. «Tipptopp!», denkt sich da die Sammlerin und macht sich ans Ausmisten des Kleiderschranks. Schon bald zeigt sich: Da hat niemals alles Platz.

«Es stehen aber auch nicht viele Säcke herum. Auf meiner Tour gestern waren es zur zwei.»
Postbote auf seiner Tour an der Bernstrasse

Nach einem Mäntelchen, zwei Paar Schuhen und ein paar Pullis und Shirts ist Schluss – der Sack ist proppenvoll. Kein Wunder: Die Säcke, die jetzt der Pöstler holt, sind kleiner als bisher. Schliesslich müssen sie auf dem Töffli Platz haben, mit dem die Postboten in der Stadt herumkurven.

Geht das überhaupt, hat er genügend Platz auf seinem Gefährt? «Bis jetzt war das kein Problem», sagt der Postbote an der Bernstrasse, der gerade unterwegs ist. «Es stehen aber auch nicht viele Säcke herum. Auf meiner Tour gestern waren es nur zwei.»

Und sollte es mal anders sein, gibt es auch dafür eine Lösung, wie der Infozettel versichert: «Falls bereits zu viel Sammelgut vorhanden ist, wird der Sack am folgenden Werktag mitgenommen», heisst es da. An der Kanonenstrasse klappte das bestens: Der Testsack von zentralplus wurde gleichentags abgeholt. Anders im Brambergquartier, hier stand der Sack ein paar Tage herum.

Abends raus und morgens weg: Der Kleidersack wird vom Pöstler geholt.  (Bild: web)

Abends raus und morgens weg: Der Kleidersack wird vom Pöstler geholt.  (Bild: web)

Pilotprojekt im Kanton Luzern

Die Kleidersammlung wird von Texaid durchgeführt. Die Zusammenarbeit mit der Post ist ein Pilotprojekt. Es findet einzig im Kanton Luzern statt und dauert den ganzen Monat Oktober. «Danach werden die Ergebnisse mit allen Beteiligten analysiert und über eine Weiterführung dieser Dienstleistung entschieden», sagt Rahel Ziegler, Marketing & Kommunikation Texaid.

Die Grösse der Säcke sei zudem nicht wegen des neuen Transports um 25 Prozent reduziert worden, sondern aus ökologischen Gründen. «Oft waren die Säcke nicht voll. Mit den kleineren Säcken können wir Granulat sparen und Ressourcen schonen.»

Bisherige Praxis ist nicht mehr befriedigend

Bei der Auswertung zeige sich, ob sich Aufwand und Ertrag sowohl für Texaid wie die Post finanziell lohnen und ob die Leute zufrieden mit der Neuerung seien. «Bis jetzt haben wir positive Rückmeldungen bekommen. Für die Leute ist es bequemer, den Sack zu einem beliebigen Zeitpunkt vor die Haustür zu stellen.» Zu diesem Schritt habe man sich auch entschieden, weil die bisherige Praxis nicht mehr den ökologischen und ökonomischen Ansprüchen entspreche: Die Mengen der bisherigen Strassensammlung ist seit Jahren rückläufig. «Das Projekt mit der Post könnte die bisherige Dienstleistung auf innovative Art ersetzen», sagt Ziegler.

«Der Pöstler geht sowieso jeden Tag bei den Haushaltungen vorbei. Da kann er genauso gut noch den Sammelsack mitnehmen.»
Oliver Flüeler, Mediensprecher Post

Das sieht man auch bei der Post so. «Die Sammlung ist eine sinnvolle Ergänzung zum Kerngeschäft der Post», sagt Oliver Flüeler, Mediensprecher Post. «Der Pöstler geht sowieso jeden Tag bei den Haushaltungen vorbei. Da kann er genauso gut noch den Sammelsack mitnehmen.»

Unterwegs mit Scanner oder eben Kleidersack

Gemäss Flüeler ist die Post ständig dran, neue Dienstleistungen auszuprobieren, so beispielsweise das laufende Pilotprojekt in Luzern. «Die Zustellung der Briefpost nimmt jährlich um ein bis zwei Prozent ab, da sind Innovationen gefragt.» Andernorts sei beispielsweise der Postbote mit einem präparierten Scanner unterwegs. Damit kann auf Wunsch des lokalen Anbieters der Strom bei den Haushaltungen abgelesen werden. «Auch das macht Sinn, weil es problemlos mit der täglichen Zustellungen verbunden werden kann.»

Die Texaid Textilverwertungs-AG hat ihren Sitz in Schattdorf (UR) und verarbeitet hier das Sammelgut weiter.  (Bild: zvg)

Die Texaid Textilverwertungs-AG hat ihren Sitz in Schattdorf (UR) und verarbeitet hier das Sammelgut weiter.  (Bild: zvg)

Und wie sehen das die Pöstler, die plötzlich viel mehr machen müssen als Briefe zustellen? «So ist das halt. Die Post muss auch schauen, dass sie auf ihre Rechnung kommt», sagt der Bernstrasse-Pöstler, packt den Sammelsack in den Anhänger und setzt seine Tour fort.

Vom Briefzentrum Härkingen wandert der Sack nach Schattdorf

Die Sammelsäcke werden durch die interne Postlogistik nach Härkingen ins Briefzentrum der Post spediert. Dort werden sie gesammelt und danach nach Schattdorf geliefert, wo Texaid die Weiterverarbeitung übernimmt.

Bei der Texaid werden 65 Prozent der Kleidung als Secondhand-Ware verkauft – über Ricardo zum Beispiel. 30 Prozent der Ware werden zu Putzlappen oder anderen Produkten rezykliert und 5 Prozent werden verbrannt. Texaid arbeitet mit verschiedenen Hilfsorganisationen zusammen, unter anderem mit der Caritas, der Heilsarmee, dem Roten Kreuz und der Winterhilfe und vergütet jährlich mehrere Millionen an die angeschlossenen Hilfswerke und regionale gemeinnützige Organisationen.

Die kundenfreundliche Dienstleistung, dass Sammelsäcke täglich vor der Haustür abgeholt werden können, ist eine clevere Idee von Texaid: Das Geschäft mit gebrauchten Kleidern und Schuhen ist auch in Luzern umkämpft (zentralplus berichtete) und mit der Post hat Texaid einen gewichtigen Partner an der Seite.

 

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