Mit Fusion dem Wandel im Detailhandel getrotzt

«Der Markt wurde immer härter – wir mussten neue Wege gehen»

Peter Meyer (links) und Timo Huber sind die Geschäftsleiter der neuen Klangformat AG. (Bild: esa)

Sie begannen als Familienunternehmen und trotzten jahrzehntelang dem Wandel im Detailhandel. Nun wurden sie aufgekauft und sind Teil einer Konzerngruppe. Wie die Luzerner Klangformat AG zum grössten Fachgeschäft der Region in Sachen Unterhaltungselektronik wurde.

«Audio Fischer», «EP: Steffen», «HiFi-Mathys» und «Erismann TV+Radio» – diese Luzerner Geschäfte der Unterhaltungselektronik wurden alle als Familienbetriebe gross. Die stetige technologische Entwicklung verhalf ihnen jahrzehntelang zu schwarzen Zahlen. Auch als die Gründerfamilien den Betrieb abgaben, führten neue Besitzer die Fachgeschäfte weiter.

Doch die Digitalisierung und das Online-Shopping rüttelten den Detailhandel auf. Die Nachfolger mussten sich entscheiden, wie sie auf die neuen Marktbedingungen reagieren. Also entschieden sich die damaligen Marktkonkurrenten dafür, zusammenzuspannen und fusionierten zur Klangformat AG (zentralplus berichtete). Aufgekauft wurde das neue Unternehmen vom Luzerner Elektrounternehmen Frey+Cie.

Ergänzung im Portfolio

Die ehemaligen Familienbetriebe gehören jetzt Peter Meyer und Timo Huber, den Geschäftsleitern und Verwaltungsräten der neuen Firma. Sie bleiben ihrem Kerngeschäft – der Multimedia-Technik – auch nach der Fusion treu. «Das macht die Frey+Cie-Gruppe auch, aber vor allem im Gewerbe und Grosskundensegment», erklärt Huber.

Im Unterschied dazu bedient Klangformat die Privatkunden zuhause, von denen sich der Elektrokonzern bisher eher abgrenzte. Huber sagt: «Wir spielen mit unserem Angebot eine ideale Ergänzung in ihrem Portfolio.»

«Wenn wir diese Gelegenheit nicht packen, wird es vermutlich nicht mehr besser.»

Timo Huber, Klangformat

Peter Meyer war sein Arbeitsleben lang für das traditionelle Fernsehgeschäft Erismann tätig, wuchs vom Teenagermitarbeiter zum Alleininhaber. Er sagt: «Der Markt wurde immer härter –  man musste neue Wege gehen.»

Über Jahre traf er sich mit Timo Huber und diskutierte Möglichkeiten, wie ihre Geschäfte überleben könnten. Das Übernahmeangebot der Frey-Gruppe kam ihnen dabei entgegen. «Wir mussten grösser werden», erläutert Meyer, «das Know-how musste sich steigern.»

Das ehemalige Geschäft EP:Steffen in der Luzerner Neustadt läuft seit Herbst 2019 unter neuem Namen. (Bild: esa)

Besser wird’s nicht mehr

«Für mich war es nie eine Lebensaufgabe, ein Geschäft bis zum Ende des Arbeitsalters zu führen», sagt Timo Huber. Alle fünf bis sechs Jahre habe er eine neue Herausforderung gesucht. Die Fusion passte daher in seinen Rhythmus. «Ich fand es cool, so etwas auf die Beine zu stellen.»

Als das Kaufangebot konkret wurde, war für Huber klar: «Wenn wir diese Gelegenheit nicht packen, wird es vermutlich nicht mehr besser.» Der Zeitpunkt war schliesslich auch für Meyer richtig: «Man muss es rechtzeitig machen – lieber zu früh als zu spät.»

Der Weg zur Fusion

Peter Meyer stieg 1980 beim Fernsehgeschäft Erismann ein. Der Vier-Mann-Betrieb wuchs auf 25 Mitarbeitende an vier Standorten an, 2002 wurde Meyer zum Alleininhaber. Der 48-jährige Timo Huber kaufte 2013 Audio Fischer in Ebikon und übernahm 2016 EP: Steffen in Luzern.

Die Fusion zu Klangformat begann mit einer Zufallsbegegnung in der Filiale von Audio Fischer 2017. Am 1. Oktober 2019 nahm die neue Firma den Betrieb auf. Klangformat hat 29 Mitarbeitende und gehört der Frey + Cie Techinvest22 Holding AG.

Huber und Meyer halfen sich schon als damalige Konkurrenten gegenseitig aus, zum Beispiel bei Lagerbeständen oder mit Technikern. Doch das klappte nicht immer reibungslos. «Es gab immer auch Eigeninteressen», berichtet Huber. «Um diese loszuwerden, merkten wir, dass wir eine eigene Firma brauchen.» Den beiden Geschäftsinhabern war es wichtig, mit gesunden Betrieben in eine Fusion zu gehen. Nun ist Klangformat der grösste Fachanbieter von Unterhaltungselektronik in der Region.

Mehr Möglichkeiten für Mitarbeiter

Mit der Fusion gab es keine Entlassungen. «Im Moment würden wir eher ausbauen», sagt Peter Meyer. Alleine in der Technik hat der Betrieb sechs Lehrlinge, dazu kommen zwei im Verkauf. Durch die Fusion sei die allgemeine Jobsicherheit «markant gestiegen», sagt Meyer. Ausserdem gebe es für die Mitarbeitenden nun mehr Aufstiegsmöglichkeiten innerhalb der Gruppe.

«Durch Frey+Cie haben wir quasi 1’000 Aussendienstmitarbeitende, die wir ins Spiel bringen könnten», erörtert Timo Huber die Möglichkeiten der neuen Firma. Und Meyer versichert: «Wir sind eine selbständige Firma in der Frey-Gruppe.» Die wahre Herausforderung sei, die Firmenkulturen zusammenzubringen. Man sei aber auf gutem Weg, beteuert Meyer.

Sinkende Margen

Bei seinem Brancheneinstieg 2013 wurde Timo Huber oft gefragt, ob er keine Angst vor dem Onlinehandel habe. Seine Antwort: «Nein». Digitec gebe es schliesslich schon seit zehn Jahren. Es war eine Zeit, in der die Leute vom Röhren- zum Flachhbildschirm-TV wechselten.

Die ersten Effekte durch das Internet waren erstmals zwischen 2005 bis 2010 zu spüren. «Das hat uns aber noch nicht so weh getan, wir konnten unsere Umsätze halten oder sogar ausbauen», so Meyer.

«Früher war es ein Ereignis, wenn eine Familie einen neuen Fernseher kaufte.»

Timo Huber, Klangformat

Zwar drückten die neuen Verhältnisse auf die Margen, aber die Geschäfte fingen an, ihren Service auszubauen und zu verrechnen. «Anstatt am Gerät 100 Franken zu verdienen, verdienten wir nur noch 50, dafür 50 Franken an der Dienstleistung», sagt Meyer.

Zu einem kleinen Knick im Umsatz führte bei Erismann TV+Radio erst die Währungskrise 2015. Der Franken wurde aufgewertet, Kunden kauften vermehrt im Ausland, obwohl Elektronik oft kaum günstiger ist. Gleichzeitig wurden die Geräte immer günstiger. «Dadurch gab es gleich zwei negative Effekte», erklärt Huber.

«Früher war es ein Ereignis, wenn eine Familie einen neuen Fernseher kaufte», erzählt Timo Huber. Peter Meyer erlebte die glorreichen Zeiten an vorderster Front und manchmal packte ihn beim Übergangsprozess die Wehmut. Er ist aber überzeugt, dass die Fusion der richtige Schritt war.

Zwischendurch Zweifel zu haben, gehöre dazu, sagt Meyer, aber auch: «Ich würde es heute wieder genau gleich machen.» Für ihn steht fest: «Wenn man so ein Konstrukt wie unseres frühzeitig macht, kann man den veränderten Marktbedingungen entgegenwirken.»

Corona-Krise ist eine grosse Herausforderung

Wie viele andere Betriebe war jüngst auch die Klangformat AG stark von den Corona-Massnahmen betroffen, wie Peter Meyer erklärt. «Alle Geschäfte waren komplett geschlossen, wir haben nur Notfall-Services durchgeführt.»

Ohne Kurzarbeit hätte die Firma Entlassungen aussprechen müssen. «Wir hoffen, dass wir den Betrieb nun auf dem Niveau aufrechterhalten können, wie er vor der Corona-Zeit war», sagt Meyer. «Dank der Kurzarbeit können wir den Betrieb mit der gleichen Belegschaft weiterführen und müssen keine Stellen abbauen. Wir arbeiten daran das Umsatzniveau wie vor der Coronakrise zu erreichen.»

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