Willisauer Unternehmer und sein «Team by Wellis»

Der Mann, der eine Luzerner Kultmarke am Leben erhält

Die Marke dürfe nicht kaputt gehen: Patrick Brunner hat «Team by Wellis» gerettet.

(Bild: Pascal Gut)

«Team by Wellis» stand vor einem Jahr am Abgrund. Für den Willisauer Patrick Brunner war es ein Schock. Kurzerhand hat der Unternehmer die bekannte Designmöbelmarke selbst übernommen. Wieso er auch in Zeiten von Billigwaren und Einkaufstourismus an den Erfolg der exquisiten Stücke glaubt.

Die Marke «Team by Wellis» ist landesweit bekannt, zumindest bei Liebhabern extravaganter Designmöbel. Insbesondere die «e-Serie» des Designers Kurt Erni – ein eleganter mit Glas ummantelter Vitrinen-Container – erreichte Kultstatus unter Designfans. Doch zuletzt durchlebte die Marke turbulente Zeiten. Die Wellis AG wurde 2010 an die De Sede Group verkauft, die im Juli 2012 für die Möbelfabrik Insolvenz anmeldete. Daraufhin wurde das Unternehmen von Rolf Kasper übernommen, der allerdings im Mai 2016 ebenfalls die Bilanz deponieren musste.

Nun springt Patrick Brunner in die Bresche. Der Willisauer Unternehmer hat letzten November die Marke übernommen und die Team by Wellis AG gegründet. Mit seiner Tisch & Stuhl AG produziert er bereits erfolgreich Designmöbel der Marke «Willisau Switzerland». zentralplus hat mit ihm über seine Firmenphilosophie, die Schwierigkeiten eines Neustarts und über die Situation der Schweizer Möbelindustrie gesprochen.

zentralplus: Herr Brunner, was war das erste Möbelstück, das Sie sich gekauft haben?

Patrick Brunner: Das war kurz nach dem Ende meiner Lehre. Ich bin nach Genf gezogen, wo ich ein viel zu teures Studio gemietet habe, das ich mir eigentlich gar nicht leisten konnte. Es war möbliert, mit schönen Kiefermöbeln. Es gab da aber einen Stuhl, auf dem konnte ich kaum sitzen. In einem Möbelgeschäft mitten in Genf ist mir dann ein Stuhl ins Auge gesprungen. Mit Brokatstoff und knalligen Farben – er passte eigentlich überhaupt nicht zu den anderen Möbeln in meinem Studio. Aber mir gefiel er einfach.

zentralplus: Heute stellen Sie als Unternehmer in Willisau Schweizer Qualitätsmöbel her. Im letzten November erwarben Sie die Rechte an der Marke «Team by Wellis». Wie kam es dazu?

Brunner: «Team by Wellis» ist ein Stück Schweizer Kulturgut. Als die Wellis Möbelfabrik AG im Mai 2016 ihre Bilanz deponieren musste, war das ein Schock für mich. Ich und mein Team fanden, dass man die Marke nicht kaputt gehen lassen darf.

«Wir stellen keine Massenprodukte her. Bei uns steht der Manufakturgedanke im Vordergrund.»

zentralplus: Gehen Sie damit nicht ein Risiko ein?

Brunner: Die Zeiten im Möbelhandel sind nicht einfach. Vor diesem Hintergrund brauchte der Schritt tatsächlich Mut. Mit der Übernahme der Möbelmanufaktur Zumsteg im September 2016 haben wir allerdings bereits den ersten Schritt in Richtung Expansion getan. Während wir mit der Marke «Willisau Switzerland» für unsere Tische und Stühle im Indoor-Bereich bekannt sind, ergänzten wir mit Zumsteg unser Angebot mit einer etablierten Marke im Gartenbereich. Und mit «Team by Wellis» haben wir eine Designmarke mit grosser internationaler Strahlkraft hinzugeholt. In der Erweiterung unseres Angebots und der damit einhergehenden Stärkung von Synergien sehe ich eine grosse Chance für uns.

Manufaktur statt Masse: In Willisau geht ein Möbelstück durch viele Hände.

Manufaktur statt Masse: In Willisau geht ein Möbelstück durch viele Hände.

(Bild: Pascal Gut)

zentralplus: Was sind Ihre Pläne für die Marke «Team by Wellis»?

Brunner: Mit der Übernahme wollten wir einen Neustart wagen. Wir kommen mit einer komplett neuen Kollektion auf den Markt, gespickt mit einigen Klassikern wie der e-Serie oder den Samo-Tischchen. Gleichzeitig versuchen wir die Marke etwas zu kommerzialisieren und die Preisspitze zu brechen, damit sie auch für Privatpersonen attraktiver wird.

Zur Person

Nach einer betriebswirtschaftlichen Ausbildung begann Patrick Brunner eine Karriere im Handel. 15 Jahre lang arbeitete er bei Möbel Pfister und war zuletzt auch in der Geschäftsleitung für Verkauf und Marketing verantwortlich. Danach machte er sich selbständig und übernahm Beratungsmandate, wie etwa bei der Tisch & Stuhl AG Willisau, deren Inhaber er 2010 wurde.

zentralplus: Das Mantra der neuen Kollektion lautet «Einrichten statt möblieren». Was bedeutet das?

Brunner: Wir stellen keine Massenprodukte her. Bei uns steht der Manufakturgedanke im Vordergrund. Das heisst, wir produzieren jeden einzelnen Tisch nach den Bedürfnissen des Kunden, anstatt zehn Stücke desselben Tischs auf Lager herzustellen. Mit der neuen Kollektion haben wir eine reichhaltige Welt geschaffen. Vom Holz der Stuhlbeine über die Farben und Stoffauswahl bis zum Teppich und den Vorhängen kann alles passend und nach individuellen Wünschen zusammengestellt werden. Sie können etwa eine harmonische Einheit schaffen, indem Sie Tische und Möbel mit denselben Holzfüssen bestellen. Unsere Kollektion soll alles beinhalten, was die Kunden brauchen, um einen Raum vollständig nach den eigenen Bedürfnissen einzurichten, ohne auf eine andere Marke zurückgreifen zu müssen.

zentralplus: Wie schwierig gestaltet sich ein solcher Neustart mit einer etablierten Marke wie «Team by Wellis»?

Brunner: Die Herausforderung ist grösser, als ich es anfangs erwartet habe. Im Moment etwa ist eine unserer Mitarbeiterinnen fast nur damit beschäftigt, Anfragen betreffend alter «Team by Wellis»-Produkte zu bearbeiten. Die Menge der Anfragen ist enorm.

zentralplus: Können Sie uns ein Beispiel geben?

Brunner: Das kann etwa ein Händler sein, der noch alte Ausstellungsstücke besitzt, die er verkaufen möchte. Vielleicht ist es ein Schränkchen, bei dem eine Tür kaputt ist, die er ersetzen will. In solchen Fällen klären wir jeweils ab, ob wir helfen und alte Restbestände auftreiben können. Für uns ist das ein enormer Aufwand, den wir eigentlich aus rein betriebswirtschaftlichen Erwägungen gar nicht auf uns nehmen dürften. Doch wir bieten diesen Service jetzt noch an, in der Hoffnung, dass wir langfristig dafür etwas zurückerhalten.

«Wir hoffen, dass die Talsohle hinter uns liegt. Aber so rosig, wie man überall liest, ist die Situation nicht.»

zentralplus: Finanzkrise, Frankenschock, Einkaufstourismus – die letzten Jahre waren für die Wirtschaft sehr schwierig. Wie haben Sie diese Zeiten erlebt?

Brunner: Zwischen 2008, als die Finanzkrise ausbrach, und 2011 ging es einfach darum, die Firma am Leben zu erhalten und irgendwie durchzukommen. Die Einführung der Euro-Mindestgrenze 2011 verschaffte uns etwas Luft. Umso härter war der Schock, als 2015 die Mindestgrenze plötzlich aufgehoben wurde. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern. Das war der Tag, bevor wir an die Möbelmesse nach Köln fuhren. Wir hatten bereits alle Preislisten fertig erstellt, als die Nachricht eintraf. Diese waren natürlich nicht mehr zu gebrauchen. Rückblickend hätten wir damals genauso gut zu Hause bleiben können. Da ging erst einmal gar nichts mehr. Und die Schweizer Händler kauften mit dem starken Franken ihre Möbel natürlich nicht bei uns, sondern im Ausland. Das war brutal. 2015 war ein schlimmes Jahr und 2016 war nicht viel besser.

Das Kultstück aus der «e-Serie» des Designers Kurt Erni.

Das Kultstück aus der «e-Serie» des Designers Kurt Erni.

(Bild: Pascal Gut)

zentralplus: Hat sich die Lage seither normalisiert?

Brunner: Jetzt hoffen wir, dass die Talsohle hinter uns liegt. Aber so rosig, wie man überall in der Presse liest, ist die Situation nicht. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass wir mit der Marke «Team by Wellis» eine Nische gefunden haben, die uns den Weg in die Zukunft ebnet.

zentralplus: Wie schätzen Sie die Situation im Möbelmarkt heute ein?

Brunner: In erster Linie kämpfen die Möbelproduzenten darum, keine roten Zahlen zu schreiben. Den meisten steht das Wasser bis zum Hals, besonders den kleineren KMU. Grosse Sorgen bereitet uns der gigantische Einkaufstourismus. Dem Möbelmarkt in der Schweiz gehen dadurch pro Jahr rund 800 Millionen Franken verloren. Im Export ist es für Schweizer Unternehmen ebenfalls sehr schwer. Das merken wir besonders bei Neukunden. Die letzten Wochen war ich dauernd im Ausland unterwegs, habe mich mit verschiedenen Händlern getroffen und Gespräche geführt.

zentralplus: Und welche Reaktionen erhalten Sie?

Brunner: Die Schwierigkeit besteht darin, dass wir die Händler erst einmal davon überzeugen müssen, jetzt vielleicht ein drittes oder sogar viertes Mal ihr Vertrauen in die Marke zu setzen. Gleichzeitig müssen wir aufzeigen, dass wir ihnen nicht einfach das Alte neu verkaufen, sondern mit einer eigenen, frischen Kollektion an den Start gehen. Aber gerade haben mir zwei Händler zugesagt, dass sie uns im Herbst in ihren Häusern eine Verkaufsfläche zur Verfügung stellen werden. Diese gilt es jetzt zu planen und zu konzipieren. Wenn es so weit ist, müssen wir sofort liefern können. Das ist ein ziemlicher Druck. Aber wir sehen jetzt, dass wir auf gutem Weg sind.

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