Ein Zuger Politiker in historischen Abgründen

Wie tragbar ist Willi Vollenweider in seinem Amt?

In einer Zeit, in der eine ungeschickte Aussage verheerende Auswirkungen haben kann, befremdet es, wenn ein Zuger Politiker unzimperlich mit Hitler- und Stalin-Zitaten um sich wirft. Insbesondere einer, der immer wieder gerne die Moralkeule schwingt.

Willi Vollenweider ist für seine pointierten Aussagen bekannt. Und diese sind auch immer wieder erfrischend. Unbemerkt von der Öffentlichkeit verwendete der erklärte Militärfreund jedoch für seinen letzten Wahlkampf Hitler- und Stalin-Zitate. Dies geht klar zu weit. Und auch wenn er selbst betont, dass die wiedergegebenen Zitate nicht seiner eigenen Meinung entsprächen, sondern lediglich die Diskussion anregen sollten, so ist dies wohl eher als Ausrede zu werten.

Die Moral scheint nur punktuell da zu sein

Zusätzlich irritiert der Umstand, dass während der letzten Jahre wohl niemand auf Vollenweiders «Wahlkampftaktik» reagierte. Dies in einer Zeit, in der eine ungeschickte Formulierung einer Aroser Hotelmanagerin sofort das israelische Aussenministerium auf den Plan ruft. Und in welcher ein Badener Stadtrat wegen privat versandter Nackt-Selfies politisch beinahe untergeht. Das Tragen verbaler Samthandschuhe ist heutzutage Usus. Denn die Gefahr, für falsche Worte oder ungünstige Taten verurteilt zu werden, ist gross.

Der Zuger Kantons- und Gemeinderat indes ist wegen seiner Hitler-Zitate nicht aus der Fraktion herausgeworfen worden. Vielmehr hat er die Partei vor zwei Jahren auf eigenen Antrieb verlassen. Der Politiker berief sich dabei auf die «fundamentalen Vorgaben unseres christlichen Glaubens» und nahm Markus Hürlimann dessen Verhalten in der Zuger Affäre übel.

Befremdende Aussagen

Wer sich auf hohe moralische Standards beruft, sollte sich umso mehr davor hüten, mit Zitaten eines der grössten Massenmörder der Menschheit Wahlkampf betreiben zu wollen. Zwar hat Vollenweider uns gegenüber erklärt, die Hitler-Aussagen nur deshalb in seinen Inseraten aufgeführt zu haben, damit eine Diskussion entstehen könne. Dennoch befremden Aussagen wie: «Für mich ist Hitler nicht allein dafür verantwortlich gewesen, was in Deutschland passiert ist.»

Die Frage, die unwillkürlich entsteht: Wie lange sind Politiker tragbar? Ist Vollenweider, der betont, Hitler nicht zu verharmlosen und es im gleichen Atemzug tut, tragbar für ein Kantons- als auch Gemeinderatsamt? Immerhin darf man an gewählte Legislativpolitiker durchaus höhere moralische Anforderungen haben als an Stammtischpolterer.

Abwählen kann man gewählte Politiker in Zug mit der bestehenden Gesetzeslage nicht. Ausser, sie erledigen ihren Job nicht ausreichend oder haben etwas auf dem Kerbholz (zentralplus berichtete).

Wusste die SVP von den Hitler-Zitaten?

Einschreiten könnte jedoch der Regierungsrat, Vollenweider gut zureden und ihm nahelegen, das Amt doch besser niederzulegen. Passieren wird das wohl kaum. Wahrscheinlicher ist, dass Vollenweider seine Legislatur beenden wird. Und womöglich erneut kandidiert. Vor vier Jahren befanden immerhin 2597 Wähler, dass sie den Politiker gerne im Kantonsratsamt sähen. Sie werden vielleicht Vollenweiders Webseite im kommenden Jahr etwas genauer prüfen, bevor sie seinen Namen auf den Zettel schreiben.

Und letztlich stellt sich noch eine weitere Frage: Wusste die SVP 2014 davon, dass ihr Politiker fragwürdige Zitate für den Wahlkampf verwendet? Und wenn ja, wieso hat man nicht mehr auf ihn eingewirkt? Und falls doch: Wie kann es sein, dass Willi Vollenweider noch so lange in der Partei verblieb?

 

Auf diesen Kommentar hat Willi Vollenweider auf zentralplus mit einem Leserbrief reagiert.

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