Die alte Politgarde im Gemeinderat kandidiert nicht mehr bei den Wahlen 2018. Das öffnet nicht nur Tür und Tor für neue und jüngere Exekutivpolitiker. Es macht auch den Weg frei für neue Perspektiven der 24’000-Einwohner-Gemeinde. Für Dinge, die sich ändern sollten. Hier ein 5-Punkte-Programm von zentralplus.
Gemeindepräsident Andreas Hotz tritt – für viele überraschend – nicht mehr bei den nächsten Gemeinderatswahlen an. Ebensowenig wie Finanzchef Hans Steinmann und Bauchef Paul Langenegger. Ob Jost Arnold für die Freisinnigen nochmals kandidiert, steht noch offen. Er ist auch schon 65-jährig und sollte eigentlich Jüngeren den Vortritt lassen.
Wie dem auch sei – die alte Politgarde in Baar macht Platz für neue Gesichter und damit auch für neue Ideen. zentralplus hat sich Gedanken gemacht, wie diese aussehen könnten.
1. Endlich städtisch denken
Asterix und Obelix leben in einem gallischen Dorf, und ihr Häuptling Majestix wird auf einem Schild durchs Dorf getragen. Doch eines ist klar: Baar ist längst kein gallisches Dorf mehr, auch kein Stadtdorf, wie es sich viele gerne zurechtmalen. Baar ist mit 24’000 Einwohnern eindeutig eine Stadt.
Und dazu gehört auch die entsprechende und verantwortliche urbane Denke, die für ein weiterhin wachsendes Baar wichtig sein wird. Stichwort: Gemeindeparlament. Stichwort: Weitere Freizeitmöglichkeiten – neben dem gut besuchten Lättich-Bad. Ein Umdenken künftiger Exekutivpolitiker wäre deshalb wünschenswert. Das schliesst ja nicht aus, dass man sich trotzdem wie einem Dorf fühlen kann, wenn man auf der Strasse Freunde und Bekannte trifft.
2. Der Detailhandel muss deutlich belebt werden
Es ist kein besonderer Ausweis für eine Stadt mit dieser Grösse, wenn es ausser Coiffeurläden, Spielhöllen und Kebab-Imbissen nicht viel im Baarer Zentrum gibt. Gäbe es Coop und die Migros nicht, und wäre die Post nicht in der Dorfstrasse ansässig, wäre Baar völlig tot. Zwar muss man froh sein, dass es noch einen Bäcker und einen Metzger in Baar gibt sowie das eine oder andere Fachgeschäft – trotzdem: Für eine Gemeinde dieser Grösse wirkt es fast beschämend, dass man kaum etwas über den täglichen Bedarf hinaus einkaufen kann. Wobei für Männer schon der Kauf einer Jeans zum Problem wird.
Dass Zug und Steinhausen gleich nebenan mit riesigen Einkaufszentren locken, darf nicht die Dauerausrede für Baarer Politiker und Geschäftsleute sein, sich nicht mehr für eine bessere Ladenlandschaft zu engagieren. Die jüngste Initiative von CVP-Politikern, die Dorfstrasse zu beleben, lässt hoffen.
3. Weg von der Einöde im Zentrum
Es gibt im Baarer Zentrum genau zwei Zonen, die man mit dem Begriff öffentliches Leben in Verbindung bringen könnte. Da ist zum einen das Bahnhofsareal, das erfreulich gut von der Bevölkerung angenommen worden ist. Und das nicht nur, weil hier ständig Busse und Züge verkehren. Sondern, weil es gelungen ist, den Platz dank baulicher Umgestaltung gemütlich zu gestalten – mit Brunnen und Café. Der andere Ort, wo man noch einigermassen Leben spürt, ist die Café- und Kebab-Zeile bei der St. Martinskirche.
Der Rest des Zentrums wirkt meist wie eine Einöde, vor allem am Wochenende. Künftige Gemeinderäte sollten deshalb die Verkehrsberuhigung der Dorfstrasse in Betracht ziehen, sobald die Tangente fertig ist. Damit endlich urbanes Leben entstehen kann, und nicht noch mehr Autokolonnen sich durchs Zentrum wälzen. Denn die Tempo 30-Zone hat den Stau nur verlangsamt, nicht verringert.
4. Baar braucht eine Partnerstadt
Es mag banal klingen. Und doch ist es gleichzeitig kaum zu glauben: Baar ist die einzige Gemeinde im Kanton Zug, die keine Partnergemeinde im Ausland hat. Weltoffenheit sieht anders aus. Und das bei einer Stadt, die beispielsweise so einen Weltkonzern wie Glencore auf seinem Gebiet beherbergt. Eine Partnerstadt bringt einen mit anderen Menschen zusammen, die die Welt anders sehen und die einen zwischendurch über den eigenen Tellerrand hinausblicken lassen.
Dass Baar noch keine «Jumelage» mit einem anderen Ort auf diesem Erdball eingegangen ist, ist aufgrund des Baarer Festtalents umso unverständlicher. Man kann so eine Städtepartnerschaft sicher nicht von oben verordnen. Aber der künftige Baarer Gemeinderat könnte ja mal mit dem Finger auf der Landkarte schon mal gedanklich ein Reisli machen…
5. Mehr Nüchternheit kann nicht schaden
Baar ist legendär für seine Trink- und Festfreudigkeit. Dafür gibt es jedes Jahr auch reichlich Anlässe, um diese auszuleben. Die Fasnacht. Die Chilbi. Oder das Dorffest, wenn es denn gerade wieder einmal stattfindet. Da braucht der Gemeinderat nicht noch einen oben drauf setzen, indem man dieses Exekutivgremium irgendwie immer mit Apéros à discretion in Verbindung bringt.
Bringen muss, wenn man etwa davon hört, dass Gemeinderäte im Baarer Kantonsspital am helllichten Tag eine Flasche Wein am Krankenbett leeren. Das mag zur persönlichen Gesundung beitragen, passt aber nicht zum Bild professioneller Gemeinderäte. Man mag den neuen Baarer Gemeinderäten deshalb auch weiterhin Apéros gönnen. Zwischendurch darf es gerne immer öfter auch Mineralwasser sein.