Neuer Luzerner CVP-Präsi kommt vom rechten Flügel

Der «kleine Pfister» wagt den Spagat

Christian Ineichen (links) übernimmt das Präsidium der CVP Luzern von Pirmin Jung.

(Bild: les)

Christian Ineichen aus dem Entlebuch soll das Kommando der strauchelnden CVP Luzern übernehmen. Die Partei schlägt eine Einer-Kandidatur vor. Ineichen stammt aus dem katholisch-konservativen Milieu und politisiert am rechten Flügel der Partei. Ein «kleiner Pfister» oder eine Hypothek für die CVP?

«Grosse Tatkraft und Herzblut für die Sache.» So charakterisiert Findungskommissionspräsident Franz Wüest den designierten Präsidenten Christian Ineichen. Die CVP schlägt der Delegiertenversammlung vom 27. April den Vize-Präsidenten als einzigen Kandidaten vor. Insgesamt 90 Namen wurden in der Findungskommission besprochen. «Das personelle Potential in der CVP ist ausgesprochen hoch», so Wüest. Mit zwei Personen fanden schlussendlich Hearings statt, die zweite – nicht namentlich genannte – Person zog sich aber zurück (zentralplus berichtete).

Der 39-jährige Ineichen kommt aus dem Wahlkreis Entlebuch (siehe Box). Dies sei an seinem Dialekt ja unschwer erkennbar, witzelte er an der Medienkonferenz. Im Interview beantwortete er, wie er die Partei unter seiner Führung einigen will, welche politischen Ziele er persönlich und für die Partei hat und wie er die Zukunft der SP in der Luzerner Regierung sieht.

zentralplus: Herr Ineichen, Sie politisieren am rechten Flügel der kantonalen CVP. Jetzt übernehmen Sie das Präsidium. Kommt das gut?

Christian Ineichen: Klar. Wer erfolgreich fliegen will, braucht zwei Flügel. Wir müssen Menschen unterschiedlicher Lager in unserer Partei integrieren, dafür braucht es Kompromissbereitschaft.

«Als Präsident kämpfe ich für die Partei, nicht für ein einzelnes Spektrum.»

zentralplus: Bei der CVP als grosse Mittepartei ganz besonders?

Ineichen: Genau. Unsere Partei hat eine sehr wichtige Scharnierfunktion.

zentralplus: Und dem können Sie gerecht werden?

Ineichen: Davon gehe ich aus. Ich weiss schon, wo ich politisch stehe, habe ein sehr klares Profil. Ich bin einer der sagt, was er denkt. Aber als Präsident kämpfe ich für die Partei, nicht für ein einzelnes Spektrum. Dass ich zur CVP gehöre, zeigt doch, dass ich nicht rechts genug für eine andere Partei bin.

In folgender Grafik sehen Sie Ineichens politische Position:

 

zentralplus: Das klingt auf nationaler Ebene mit dem Zuger Parteipräsidenten Gerhard Pfister ähnlich. Was halten Sie von ihm?

Ineichen: Ich habe auch schon über mich gehört: Jetzt kommt der «kleine Pfister». Die Zweifel waren bei Pfister da, doch jetzt muss man sagen, er schafft den Spagat. Mir wird das auch gelingen. Ich kann mich an meinen Vorgängern als gute Vorbilder orientieren.

Zur Person

Christian Ineichen ist 39 Jahre alt, ledig und wohnhaft in Marbach. Er studierte Geschichte und Politik in Freiburg und Bern, später folgte ein Nachdiplomstudium in Public Management. Beruflich arbeitet er als Regionalmanager der Unesco Biosphäre Entlebuch.

Politisch präsidiert er seit 2008 die CVP Wahlkreis Entlebuch, seit 2012 ist er Mitglied des kantonalen Parteileitungsausschusses und seit 2016 Vizepräsident. Im Herbst 2015 kandidierte er mit dem Claim «Die Eiche. Aus dem Entlebuch» um einen Sitz im Nationalrat und landete auf dem fünften Platz.

zentralplus: Sie besetzen momentan kein politisches Mandat. Werden Sie in zwei Jahren für ein Amt kandidieren?

Ineichen: Der Kantonsrat interessiert mich. Die Vorarbeiten für den nächsten Wahlkampf werden mich schon bald intensiv begleiten.

zentralplus: Und was für Ziele setzen Sie sich als Präsident? Mit 38 von 120 Sitzen im Kantonsrat ist die CVP trotz Verlusten in den letzten Jahren nach wie vor die stärkste Kraft.

Ineichen: Vielleicht 40 Sitze? Zulegen wollen ja alle. Wir müssen aber realistisch sein. Ich bin davon überzeugt, dass das Pendel, das nach rechts ausgeschlagen hat, in die Mitte zurückkommen wird.

zentralplus: Wie soll das gelingen?

Ineichen: Für mich ist klar, dass Differenzen nur überwunden werden können, wenn man bereit ist, auch die Gegenseite anzuhören. Nur so können echte Kompromisse entstehen. Alles andere führt zu verhärteten Fronten und einem unversöhnlichen politischen Klima. So erhalten letztlich Nebenkriegsschauplätze unverhältnismässig viel Aufmerksamkeit, während die dringlichen, gesellschaftsübergreifenden Probleme blockiert bleiben. Die CVP will – anders als etwa SVP oder SP – klar die Lösungen in den Mittelpunkt stellen. Dieses Vernünftige ist zwar nicht besonders sexy, aber richtig.

zentralplus: Sie geben sich kompromissbereit. Gilt das auch für die Regierungszusammensetzung? Wollen Sie die SP zurück ins Boot holen?

Ineichen: Im Idealfall hat die CVP zwei Sitze, FDP, SVP und SP einen. Solange das Stimmvolk aber bereit ist, einen Parteilosen in der Regierung zu haben, soll die schwächste Partei über die Klinge springen, das ist die SP.

zentralplus: Was heisst das nun, falls Marcel Schwerzmann 2019 wieder antritt oder zurücktritt?

Ineichen: Das sind zum jetzigen Zeitpunkt Spekulationen, dazu äussere ich mich nicht.

«Wir waren rot. Und wir blieben es.»

zentralplus: Wie wurden Sie eigentlich politisiert?

Ineichen: Zu Hause. Politische Entwicklungen, aktuelle Geschäfte und die jeweils agierenden Köpfe waren oft Thema bei Tisch. Die Tagesschau war Pflichtstoff. Auch wenn die Gesellschaft heute nicht mehr so ausgeprägt in «rot» und «schwarz» eingeteilt ist, so gehörte ich noch zu den letzten Jahrgängen, die ab der zweiten Primarklasse wussten, wer von zu Hause aus wie gefärbt war. Wir waren rot. Und wir blieben es.

Zeigten sich zufrieden mit der gefundenen Lösung: Findungskommissionspräsident Franz Wüest, Pirmin Jung und Christian Ineichen.

Zeigten sich zufrieden mit der gefundenen Lösung: Findungskommissionspräsident Franz Wüest, Pirmin Jung und Christian Ineichen.

(Bild: les)

zentralplus: Sie traten in Ihrer Studentenzeit der Verbindung «Alemannia» bei. Warum?

Ineichen: Diese Verbindung entspricht natürlich meiner Herkunft aus dem katholisch-konservativen Milieu. Am Stamm wurden die politischen Geschäfte und Entwicklungen eingehend diskutiert und kommentiert. Die Wahrheit lag immer irgendwo in der Mitte.

zentralplus: Sie nehmen viele ehrenamtliche Aufgaben wahr. Wie kommt es dazu?

Ineichen: Diese unbezahlten Tätigkeiten in unserem Milizsystem bilden das Rückgrat unserer Gesellschaft. Dies ist eine meiner tiefsten Überzeugungen.

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