Ueli Senn – das Urgestein mit der Dampflok

Der Jim Knopf der Zuger Messe

Alles einsteigen, der Zug fährt ab! (Bild: Yvonne Zgraggen)

In Zug ist er bekannt als der Mann mit der kleinen Dampflok. Ueli Senn betreibt seit 36 Jahren die Eisenbahn an der Zuger Messe. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Denn Bähnlifahren, das machen auch die Kinder von heute gern. Vielleicht erst recht, weil viele sonst kaum mehr Zug fahren.

In einer halben Stunde öffnet die Zuger Messe für die Besucher. Neben den Messehallen, in der Nähe des Haupteingangs, bereitet Ueli Senn gerade seine Dampflok für den Nachmittag vor. Mit einer kleinen Schaufel füllt er Kohle in den Heizkessel. «Ich komme meistens schon eine Stunde vor Messbeginn her», erklärt Senn. Denn die Lokomotive will vorbereitet und eingeheizt werden.

Bereits zum 36. Mal ist Ueli Senn dieses Jahr mit seiner kleinen Bahn an der Zuger Messe. Dementsprechend bekannt und beliebt ist er bei den Besuchern. Die Kinder freuen sich über die Bahnrundfahrt und die Erwachsenen werden beim Anblick der Dampflokomotive nostalgisch. «Ich höre oft von Eltern, die als Kind schon mit mir mitgefahren sind», erzählt Herr Senn stolz, «und heute besuchen sie mich mit ihren eigenen Kindern!»

Von der Modelleisenbahn zur Dampflok

Das Lokunternehmen ist ein richtiger Familienbetrieb. Begleitet wird Ueli Senn von seiner Schwester Erna Wintsch-Senn, die den Billettverkauf betreut. Die Lokomotive übernahm er ursprünglich von seinen Eltern, das Interesse an Eisenbahnen hat er vom Vater geerbt: «Wir hatten früher eine grosse Modelleisenbahn», berichtet er. Bereits mit zwölf Jahren baute er seine erste eigene Lokomotive. Heute besitzt er mehrere Exemplare, die er dank einer technischen Ausbildung auch eigenhändig reparieren kann.

Kein Billett, keine Fahrt. Alles wie im echten Leben also.

Kein Billett, keine Fahrt. Alles wie im echten Leben also.

(Bild: Yvonne Zgraggen)

Geführt wird das Kleinunternehmen nicht hauptberuflich, sondern als Hobby – allerdings als sehr zeitintensives Hobby, wie der Birmensdorfer zugibt. In den Sommermonaten dreht der leidenschaftliche Bähnler auf einem Spielplatz in Lenk seine Runden.

Unterstützt wird er dabei vom eigens gegründeten Verein, dem Verein «Strubeli Bähnli». Dabei seien auch einige Eisenbahnbegeisterte, die einspringen, wenn sich Senn ein paar freie Tage gönnt. Aber so richtig frei mag er es dann doch auch wieder nicht. «Ich kann nur schlecht nichts tun», sagt Senn und seine Schwester bestätigt dies lachend. An regnerischen Tagen im Berner Oberland entwirft er neue Lokomotiven.

Regenschirmkämpfe und höfliche Kinder

Herr Senn erzählt gerne von den Erlebnissen als Dampflokfahrer. Es sind mehrheitlich schöne Erinnerungen, wie er sagt. Mit den Kindern könne es aber manchmal auch ein wenig gefährlich sein, wenn sie nicht ruhig sitzen würden. Es sei schon vorgekommen, dass eines vom Wagen ins Gras gepurzelt sei. «Aber etwas Schlimmes ist bisher zum Glück noch nie passiert!», meint Senn.

«Die Mütter gingen mit Regenschirmen aufeinander los!»

Ueli Senn, Kleinlokführer

An eine Geschichte erinnert sich der Kleinlokführer besonders gerne: Früher sei er mit seiner Lokomotive oft in Spreitenbach beim Shoppi Tivoli gewesen. Die Wartezeiten für eine Fahrt hätten manchmal bis zu einer Stunde gedauert, weil der Andrang so gross war. «Zwei Mütter stritten sich darum, wessen Tochter den letzten Sitzplatz bekommen sollte», schmunzelt Senn, «sie gingen mit Regenschirmen aufeinander los!»

Sein Zielpublikum an der Zuger Messe, die Kinder, haben sich gemäss dem Messe-Urgestein kaum verändert: «Sie interessieren sich nicht nur für Computer, sondern können sich immer noch für eine Fahrt mit der Dampflok begeistern.» In den letzten paar Jahren, so sein Eindruck, seien die Kinder ausserdem wieder zunehmend freundlicher. Er werde vermehrt höflich gegrüsst und bekäme viele «Danke» zu hören.

«Die meisten Familien bewegen sich heute ausschliesslich mit dem Auto fort.»

Ueli Senn, Kleinlokführer

Bedenklich findet er hingegen, wie viele Kinder noch nie mit einem richtigen Zug gefahren sind. «Die meisten Familien bewegen sich heute ausschliesslich mit dem Auto fort», bemerkt Senn. So wurde er auch schon gefragt, wie er den Zug überhaupt ohne Lenkrad fahren könne. Dass die Schienen eine Steuerung erübrigen, verstünden viele seiner kleinen Passagiere nicht mehr.

Das Ziel: 100’000 Fahrten in Zug

In all den Jahren im Dienst können die «Strubeli Bähnli» über eine Million Fahrten zählen, davon etwa 70’000 bis 80’000 an der Zuger Messe. An den Ruhestand denkt Ueli Senn jedoch noch lange nicht: «Solange ich noch kann, mache ich weiter!», betont er. Sein Ziel: 100’000 Fahrten in Zug. Dass der Betrieb auch zukünftig von der Familie weitergeführt wird, sei zurzeit eher unrealistisch, bedauert er. Aber er habe zum Glück einige vielversprechende junge Bähnler kennengelernt, die seine Leidenschaft teilen und vielleicht einmal übernehmen könnten.

Inzwischen ist es zwei Uhr. Die Besucher strömen zahlreich aufs Messegelände. Manche Leute schauen interessiert zu, wie Ueli Senn die Lok mit den Anhängern startklar macht. Bald stehen die ersten Kinder mit dem Kartonbillett parat. Und dann ist auch Lokführer Senn bereit: «Aaaalli Billet bitte!» – und los gehts. Gute Fahrt!

Haben auch Sie Kindheitserinnerungen zur kleinen Messe-Dampflok? Teilen Sie uns diese in einem Kommentar mit.

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