Im Kanton Luzern gibt es rund 20’000 Elektrovelos

Der gefährliche Boom mit den E-Bikes

Mit bis zu 45 km/h rasen E-Bike-Fahrer durch die Stadt.

(Bild: Fotolia)

Unterwegs auf Luzerner Strassen sind immer mehr Elektrovelos, die bis zu 45 Stundenkilometer fahren. Die Bikes mit den gelben Mofanummern machen einen Viertel der 20’000 Luzerner E-Bikes aus und rasen häufig auch in Wohnquartieren schneller als erlaubt – was sie für andere Velofahrer, aber auch für Fussgänger besonders gefährlich macht. Dies zeigen auch die stetig steigenden Unfallzahlen.

Unabhängig davon, ob das Gefährt mit einem Elektromotörli ausgerüstet ist oder nicht: Velofahren ist eine gute Sache. Das zeigen die Zahlen: Rund vier Millionen Drahtesel gibt es in der Schweiz.

Dass es unter der Masse der Velofahrenden auch ein paar schwarze Schafe gibt, ist unvermeidbar. Zum Beispiel manche E-Biker, die mit einem der Velos unterwegs sind, die bis zu 45 km/h drauf haben. Erkennbar sind solche Bikes durch das gelbe Nummernschild. Egal ob am Kasernenplatz, an der Baselstrasse oder auf der Seebrücke: Manche dieser E-Biker sind in einem Affentempo unterwegs, sausen den anderen Velofahrern links und rechts um die Ohren und erschrecken durch ihre Lautlosigkeit auch die abgebrühtesten Selbertreter.

45 Stundenkilometer auf dem Tacho

Ausgerüstet sind die Fahrer zudem, als würden sie in den Krieg ziehen: Mit Helm (obligatorisch), Brille, Leuchtweste, Funktionskleidung und schweren Schuhen. Schon klar, dass sie sich schützen müssen – schliesslich bringen ihre Maschinen bis zu 45 Stundenkilometer auf den Tacho. Das ist super, wenn man einen weiten Weg unter die Räder nimmt, um beispielsweise per Velo zur Arbeit zu fahren.

Aber ein solches Tempo ist für Landstrassen angebracht und nicht für die engen und überlasteten Verkehrswege in einer Stadt. Ob die Turbohelden ein paar Gänge runterschalten, wenn sie die Stadtgrenze erreichen, liegt in ihrem eigenen Ermessen – es ist ja nicht verboten, so schnell unterwegs zu sein.

«Bei Verbotstafeln für den motorisierten Verkehr müsste jedoch der Elektroantrieb ausgeschaltet werden.»
Kurt Graf, Mediensprecher Luzerner Polizei

Die schnellen Elektrovelos sind von der Zulassung her den Motorfahrrädern gleichgestellt. Sie dürfen folglich Radwege und Radstreifen benützen – und dies bis 45 km/h. «Bei Verbotstafeln für den motorisierten Verkehr, wo auch Motorfahrräder nicht fahren dürfen, müsste jedoch der Elektroantrieb ausgeschaltet werden», sagt Kurt Graf, Mediensprecher Luzerner Polizei.

Etwa 20’000 Elektrovelos in Luzern

Eingelöst wurden 2016 im Kanton Luzern 4’685 E-Bikes mit gelben Schildern. 2012 waren es erst 2’070. Innerhalb von vier Jahren hat sich die Zahl also mehr als verdoppelt, aktuell dürften es bereits über 5’000 sein. Eine Tendenz, die auch für die langsamen E-Bikes gilt, die nur 25 km/h erreichen und zu den Leicht-Motorfahrrädern zählen.

E-Bikes gibt es in allen Varianten und für jeden Geschmack.

E-Bikes gibt es in allen Varianten und für jeden Geschmack.

(Bild: zVg)

Der Boom hält an, wie ein Blick auf die Plattform velosuisse.ch zeigt: Aktuell sind in der Schweiz über 400’000 E-Bikes im Einsatz. Und es werden immer mehr: 2016 wurden in der Schweiz 324’581 neue Velos verkauft. Fast jedes vierte davon ist ein E-Bike. Total fanden 75’665 Velos mit Elektromotor ihre Käuferinnen und Käufer, im Vergleich zu 2015 ein Plus von 14 Prozent. 

Weil solche «langsamen» Elektrovelos keine Nummer brauchen und also auch nirgends registriert sind, gibt es keine genauen Zahlen, wie viele davon im Kanton Luzern herumfahren. Bricht man die 400’000 herunter auf die Luzerner Bevölkerung, ergibt das über den Daumen gepeilt um die 20’000 E-Bikes im Kanton Luzern.  

Vervielfacht hat sich auch die Unfallzahl

Angestiegen ist nicht nur der Anteil an Elektrovelos, sondern auch die Unfälle damit. Das zeigt die Statistik der Luzerner Polizei: 2012 waren 20 E-Bikes in Unfälle verwickelt, 2016 schon 58. «Diese Zunahme der Unfallzahlen hat mehrere Gründe. Es sind viel mehr Elektrovelos unterwegs und mit ihnen werden auch deutlich weitere Strecken gefahren», sagt Kurt Graf.

Auch bei velosuisse.ch relativiert man die Zunahme an Unfällen mit E-Bikes und wünscht sich eine sachliche Diskussion. «Steigender Velobestand und längere Distanzen führen naturgemäss zu mehr Risikosituationen und Unfällen», heisst es beim Verband.

Die Unfallzahlen mit involvierten E-Bikes hat sich vervielfacht.

Die Unfallzahlen mit involvierten E-Bikes hat sich vervielfacht.

(Bild: zVg)

Velokuriere treten selber die Pedale

Ebenfalls schnell unterwegs sind Velokuriere. Hier setzt man allerdings auf Menschenkraft und Fussarbeit. «Wir haben nur ein einziges Lastenvelo mit Elektromotor und dieser unterstützt nur bis zu 25 Stundenkilometern», sagt Severin Haupt, Velokurier Luzern-Zug.

«Bei einem Tempo von 40 km/h wäre es viel zu gefährlich, mit einem beladenen Lastenvelo in der Stadt herumzukurven.»
Severin Haupt, Velokurier Luzern-Zug

«Dieses E-Bike wird nicht wegen dem Tempo eingesetzt, sondern dann gebraucht, wenn es bergauf geht und die zu transportierende Last schwer ist.» Innerhalb der Stadt mache es für den Velokurier auch gar keinen Sinn, schnelle E-Bikes einzusetzen. «Bei einem Tempo von 40 km/h wäre es viel zu gefährlich, mit einem beladenen Lastenvelo in der Stadt herumzukurven», sagt Haupt.

Frisch-fröhliche Omas und Opas

Die versierten Velokuriere haben es auch gar nicht nötig, ihr Tempo mit Hilfsmitteln anzukurbeln – sie bringen es bei Bedarf auch so locker auf über 25 Stundenkilometer. Das gelingt normalsterblichen Velofahrern nicht oder sie sind nach kurzer Zeit schweissüberströmt. Überholt werden sie dann von Omas und Opas, die frisch-fröhlich auf ihrem E-Bike an den Stramplern vorbeiflitzen.

Dass auch alte und nicht so fitte Leute dank dem Elektromotörli wieder auf das Velo steigen, ist ja gut. Allerdings bleibt zu hoffen, dass sie dabei bleiben und nicht auf die schnellen Bikes mit gelben Nummern umsteigen … dann wäre es definitiv vorbei mit dem gemütlichen Velofahren.

E-Bikes kann man auch selber basteln. Was dabei rauskommt, ist teilweise recht sonderbar:

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Moni Z. Limoni
    Moni Z. Limoni, 05.04.2017, 12:56 Uhr

    Ich finde es ist nicht nur ein E-Bike Problem. Tatsache ist und wahr schon immer dass selten geklingelt wird, nur waren die Velos in der Vergangenheit langsamer. Nun da eine Fahrradklingel nicht mehr obligatorisch ist, wird alles sicher viel besser. Selten wurde vom Bundesrat so eine bescheuerte Entscheidung gefällt.
    Es wäre einfach, alle müssen auf alle Rücksicht nehmen.Fahrradfahrer müssen sich besser anpassen und einsehen, dass keine Sonderrechte bestehen. Auch sie müssen halten am Fussgängerstreifen oder an der Ampel und sie müssen KLINGELN um sich bemerkbar zu machen. Dann wäre es sofort viel weniger gefährlich.

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