Viele Karten, wenig Punkte

Der FCL lässt die Cleverness vermissen

Luzerns Lorik Emini (links) im Zweikampf mit dem Vaduzer Denis Simani – die Luzerner sind die meistbestrafte Mannschaft der Liga. (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Zwei Rote Karten in zwei Spielen in Folge lassen aufhorchen, der FC Luzern kassiert die meisten Karten der Liga. Muss sich die Mannschaft von Chefcoach Fabio Celestini in Zukunft besser beherrschen?

«Wir brauchen mehr Emotionen!» Das war der Leitsatz der letzten Wochen von Fabio Celestini. Emotionen und Taktik gehen Hand in Hand, nur so könne sein System funktionieren, meinte der Chefcoach vor einer Woche gegenüber zentralplus

Umso erfreulicher war es für ihn zu sehen, wie seine Spieler in den ersten Minuten des Spiels gegen den FC Vaduz den Forderungen ihres Trainers nachkamen. Celestini sah am letzten Samstag «gute erste 35 Minuten mit vielen Emotionen» von seiner Mannschaft.

Wieder eine Rote Karte kassiert

Das reichte dem FC Luzern für eine knappe 1:0-Pausenführung, fünf Minuten nach Wiederanpfiff folgte aber eine bedenkliche Szene: Der Luzerner Mittelfeldspieler Alex Carbonell kassierte innert rekordverdächtigen 80 Sekunden zweimal die Gelbe und folgerichtig auch die Rote Karte.

Zu Zehnt mussten die Luzerner noch den umstrittenen Ausgleichstreffer hinnehmen, es war übrigens bereits der zweite Platzverweis in Folge für den FC Luzern. Lucas Alves wurde vor zwei Wochen gegen den FC Zürich ebenfalls vorzeitig unter die Dusche geschickt

Fehlt es an Disziplin?

Fehlt es der Mannschaft von Celestini also an Disziplin? Keine andere Truppe hat in der laufenden Super-League-Saison mehr Karten kassiert als der FCL. Sechzehn Gelbe und zwei Rote sind es nun bereits in sieben Spielen. 

Man könnte argumentieren, dass eine emotionale und aggressive Spielweise diese hohe Zahl an Karten mit sich bringt. Wenn man aber die kassierten Verwarnungen und Platzverweise einzeln betrachtet, zeigt sich ein anderes Bild.

Das Foul als Teil der Taktik

Die Fouls des FCL sind nämlich momentan nicht viel wert. Im modernen Fussball sind Fouls nicht mehr nur eine Bestrafung, vielmehr wird der Regelverstoss heutzutage als ein taktisches Mittel genutzt.

Optimal ist dabei, wenn durch ein begangenes Foul auch immer ein Mehrwert für das eigene Team herausspringt. Aktuell bringen die eigenen Fouls dem FCL aber kaum etwas, selten sendet ein Tackling eine «Auf geht’s!»-Botschaft an das eigene Team. Lange scheint es her, seit der junge Lorik Emini in seinem Startelfdebüt dem Basler Haudegen Taulant Xhaka den Tarif durchgab.

Zusätzlich fällt auf, dass die Luzerner weniger clever foulen als andere Klubs aus der Super League. Genau das wäre aber für das offensive System von Celestini essenziell.

FCL-Fouls sind wenig wert

Viele Mannschaften nutzen nämlich heutzutage das Regelwerk, indem sie mit einem cleveren Foul den Spielaufbau des Gegners früh unterbinden. Ein solches Foul wird meist in der Hälfte des Gegners begangen und führt deshalb zu keiner Gelben Karte. Die Spielunterbrechung kann dann zur eigenen taktischen Reorganisation genutzt werden.

Einige Teams in der Super League setzten diese Taktik bereits effektiv um. Das hat der FCL vor allem gegen den FC Zürich veranschaulicht bekommen. Der FCZ foulte insgesamt 20-mal, kassierte dafür aber nur vier Gelbe und eine Rote Karte. Der FCL hingegen foulte nur achtmal, kassierte dafür aber vier Gelbe und eine Rote Karte. In der Super League bestechen auch die Young Boys aus Bern und St. Gallen durch ihr hervorragend getimtes Foulspiel.

Jürgen Klopps Pressing als Vorbild

Es war der heutige Liverpool-Trainer Jürgen Klopp, der seinerzeit das clevere Foulspiel in Dortmund salonfähig machte, sein hohes Pressing wird heute auf der ganzen Welt praktiziert. Peter Zeidler beispielsweise kopierte das System zuerst bei Red Bull Leipzig und nun auch beim FC St. Gallen in der Super League.

Ein ähnliches Pressing möchte auch Celestini nach Ballverlust aufziehen. Was vielfach aussieht, als würde jeder Spieler wie bei den F-Junioren einfach zum Ball rennen, hat stundenlange Arbeit auf dem Trainingsplatz als Fundament.

So einfach die Taktik klingt, so lebt sie doch von perfekt abgestimmten Abläufen. Was dem Luzerner Spiel also momentan fehlt, ist die Zeit, diese Abläufe auch zu verinnerlichen.

Es ist weiterhin Geduld gefragt

Und dabei ähneln sich Klopps Dortmund und Zeidlers St. Gallen nicht nur in taktischen Belangen: Beide Vereine brauchten mindestens zwei Jahre, um die Abläufe zu perfektionieren und die Spielphilosophie zu verinnerlichen. 

Die Verantwortlichen liessen sich dabei nicht von Misserfolgen aus der Ruhe bringen. Es ist also auch beim FC Luzern utopisch, zu erwarten, dass innerhalb eines halben Jahres bereits alle Zahnräder perfekt ineinandergreifen (zentralplus berichtete).

Sportchef Remo Meyer hat sich vor einem Jahr mit der Installation von Celestini als Trainer bewusst für einen langfristigen Wandel entschieden. Dieser braucht nun Zeit, bis er seine Früchte abwirft. Es ist in Luzern also weiterhin Geduld gefragt.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Karl Ottiger
    Karl Ottiger, 25.11.2020, 11:11 Uhr

    Ein guter Trainer ist einer der mit dem Spielermaterial wo er hat das spielt was der Kader hergibt und ein schlechter Trainer ist einer der mit dem Kader das spielt was es nicht kann. Das Problem ist nicht Celestini spielt Fussball sondern die Mannschaft also muss er nicht sich verwirklichen sondern er muss einfach nur Spielen was die Mannschaft kann, mit so viel eigen fehler im Spielaufbau kommt man selten vor das gegnerische Tor die Spieler die ein gepflegtes Spiel und ein hohes Tempo haben im Spielaufbau die Spielen nicht in der Schweiz sondern im Ausland.Manchmal hab ich das gefühl seit der Trainerjob mit UEFA Pro Lizenzen gekenntzeichnet ist bewegen sich in diesem Sport nur noch besser wisser. Ich warte nur noch das bei der FIFA einer ans Ruder kommt der sagt ins Tor rein schiessen gibt abstoss als Tor zählen nur noch die Pfosten und Lattenschüsse.

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  • Profilfoto von Mac Tanner
    Mac Tanner, 23.11.2020, 11:04 Uhr

    Wenn ich so Zeilen lese wie, der FCL nimmt sich Klopp’s Liverpool als Vorbild, dann stellen sich mir sämtliche Nackenhaare! Selten war die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit grösser in Luzern als aktuell! Seit über 40 Jahren verfolge ich diesen Zirkusklub und die paar ganz, ganz wenigen Erfolge in der Vereinsgeschichte hat man sich bisher immer mit «Drecksarbeit» erarbeitet und nicht mit «Schönspielerei» erspielt!

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