Das Cupfest zwischen Cham und Luzern bewegt

Der FCL-«Flitzer» und Chams Trainer, der «Eier» vermisste

Die erste Cup-Hürde überwunden: FCL-Goalie Vaso Vasic klatscht nach dem Spiel die eigenen Fans ab. (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Man hätte meinen können, der Cup-Fight zwischen dem SC Cham und dem FC Luzern habe nur Verlierer produziert. Der eine Coach haderte mit dem Resultat, der andere mit der bescheidenen Vorstellung seiner Mannen. In der vielleicht entscheidenden Szene hatte der Cupsieger tatsächlich das Wettkampfglück auf seiner Seite.

In Cham wissen sie, wie es sich gehört, den aktuellen Cupsieger gebührend zu begrüssen. In den Minuten vor dem Match liess der Speaker mit anerkennenden Worten das Hochgefühl in den Reihen der Luzerner vom Mai nochmals hochleben, die Zuschauer, unter ihnen EVZ-Neuzugang Reto Suri und Verbandsmanager Lars Weibel, spendeten warmen Applaus. Und die FCL-Fans, die über den Vierwaldstätter- und den Zugersee nach Cham reisten, nahmen den Steilpass auf und intonierten freudig: «Wir sind alles Cupsieger-Jungs.»

Der SC Cham präsentierte sich an diesem schwül-heissen Sonntagnachmittag in allen Belangen als sympathischer Gastgeber. Schliesslich ist die Verbindung zwischen den beiden Klubs eine frappante. Roli Schwegler, der Cham-Trainer ist Luzerner und ehemaliger FCL-Spieler. 14 seiner 23 Kaderspieler haben eine Vergangenheit beim «grossen Bruder». Lou Furrer, der Sohn von FCL-Finanzchef Richard Furrer, ist einer von ihnen (zentralplus berichtete).

Nico Siegrist, der namhafteste Chamer Angreifer, wurde vom Publikum dazu beglückwünscht, dass er am Vortag Vater eines Mädchens wurde. Aber spätestens mit dem Anpfiff war es vor der Rekordkulisse von 2810 Zuschauern im Eizmoos vorbei mit den Nettigkeiten.

Als Roli Schwegler an der Seitenlinie tobte

Viel hat sich in der Hitze vor dem Pausentee aber nicht zugetragen. Eine Chance für FCL-Captain Dejan Sorgic, eine für Marco Rüedi vor dem Tor der Luzerner. Der wichtigste Einschnitt aber kurz vor der Pause: Ibrahima Ndiaye setzte sich auf eine Flanke von Filip Ugrinic wuchtig im Zentrum durch und traf per Kopfball für den Gast. Was zu diesem Zeitpunkt niemand wissen konnte: Es sollte der einzige Treffer der Partie bleiben (zentralplus berichtete).

«Ich wollte natürlich Mut sagen.»

Roland Schwegler, Trainer des SC Cham

Zwischen der 54. und 59. Minute erlebte die Partie, die keinen Klasseunterschied zwischen dem zwei Klassen tiefer beheimateten SC Cham und dem Super Ligisten FC Luzern offenbarte, ihre heissen Szenen. Zunächst erregte eine Penaltyszene Chams Trainer Roland Schwegler so sehr, dass er nach dem ausgebliebenen Penaltypfiff für die Seinen wutentbrannt in Richtung des vierten Offiziellen rief: «Habt ihr keine Eier? Ihr habt keine Eier.»

Für ihn war die Szene auch nach Spielende glasklar, aber mit Schalk in den Augen bemerkte er: «Ich wollte natürlich Mut sagen.» Kochen die Emotionen auf, geht einem nicht immer der passende Begriff über die Lippen.

FCL-Goalie Vasic hält dagegen

Genauso klar wie Klossbrühe war es aber auch für FCL-Goalie Vaso Vasic, dass er sich bei seiner Intervention in der strittigen Penaltyszene keines Fouls schuldig machte. Hinterher sagte er: «Es war mit Sicherheit kein Penalty, sondern ein korrekter Entscheid des Schiedsrichters. Ich merkte, dass ich nicht rechtzeitig in den Zweikampf kam, um zu klären. Aber ich blieb am Gegenspieler dran, damit er sich nicht in Richtung Tor wenden konnte. Letzten Endes traf er mich an der Achillessehne und hängte so bei mir ein, bevor er umfiel.»

«Wir können nicht zufrieden sein mit dem, was wir gezeigt haben.»

FCL-Trainer Fabio Celestini

Kurze Zeit später musste Chams Trainer Roli Schweger auch akzeptieren, dass sein Angreifer Celien Wicht einen Abschluss aus guter Position übers Tor der Luzerner drosch. Und dann bekam er doch noch die Eier zu sehen, die er vermisste. Nicht von der Person, die er deshalb zuvor anmahnte und auch nicht in der Form, wie er es eigentlich gerne gesehen hätte.

Einen Spielunterbruch in der 59. Minute nutzte ein durch die hohen Temperaturen wohl aufgeladener FCL-Fan, um sich splitterfasernackt den Zuschauern zu präsentieren. Damit er durch die TV-Kameras nicht erkannt werden kann, trug er eine blau-weisse Kopfbedeckung. Nach einer Runde in der Luzerner Platzhälfte begab er sich aus freien Stücken wieder in die eigene Fankurve.

Verlangte auch der flitzende FCL-Fan mehr Mut?

Vielleicht hatte dieser heiss gelaufene FCL-Fan mit seiner Aktion auch mehr Eier, pardon, Mut von der eigenen Mannschaft verlangt. Die Luzerner haben zu keinem Zeitpunkt der umkämpften Partie deutlich machen können, dass sie im Gegensatz zu den arbeitstätigen Chamern als Fussballprofis arbeiten.

FCL-Trainer Fabio Celestini suchte nicht nach Ausflüchten bei der Beurteilung der Teamleistung nach dem Spielende: «Wir können nicht zufrieden sein mit dem, was wir gezeigt haben. Wir müssen in jedem Bereich besser werden. Wir sind technisch, taktisch, physisch und mental nicht bei 100 Prozent. Und dafür trage ich die Verantwortung.»

Zumindest kann man sagen: Im sechsten Pflichtspiel dieser Saison ist der FC Luzern zum Siegen zurückgekehrt. Und genau dieser entscheidende Fakt trennt Celestini in der Gefühlswelt grundsätzlich von seinem Berufskollegen Schwegler. Denn am Ende des Tages zählt bloss, wer eine Runde weiter ist im Cup.

Glückliche Kinderaugen

Selbstredend haderte der unterlegene Cham-Trainer mit dem Schicksal. Seine in der Offensive kreative Mannschaft spielte sich nahe an eine Sensation. Aber am Ende stand ein 0:1. «Im Moment schmerzt das sehr. Wenn wir alle zusammen später in unserer Garderobe mit einem ersten Bier anstossen, dann werden wir hoffentlich stolz auf unsere Leistung sein können», sagte Roli Schwegler.

In der Zwischenzeit machten viele glückliche Kinderaugen Selfies mit ihren Idolen vom FC Luzern und SC Cham auf dem Eizmoos und gingen erfolgreich auf Autogrammjagd. Ein herzerwärmender Nebenaspekt von Volksfesten, wie sie seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie nicht mehr möglich waren.

Wie sagte noch der Chamer Stadionspeaker zum Matchende? Der Schweizer Cup soll weiterhin in Zentralschweizer Händen bleiben. Später kommt heraus: Der FCL muss zwischen dem 17. und 19. September beim Sieger des Duells Coffrane und Buochs antraben.

In den fünf Wochen bis dahin haben Fabio Celestini und die Luzerner noch viel Arbeit zu erledigen.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon