Eishockey-Saison wird abgebrochen

Lengwiler: «Ich will keinen Meister und keinen Aufsteiger»

Der Haupteingang der Zuger Bossard Arena wird bis im nächsten Herbst keine Zuschauer mehr schlucken. (Bild: Marc Schumacher/freshfocus)

Letztlich hatten Zugs CEO Patrick Lengwiler und die anderen Eishockey-Macher keine andere Wahl: Sie beschlossen am Donnerstagmorgen wegen des Notstandes im Tessin, die Meisterschaft in der National und Swiss League per sofort abzubrechen. Der EVZ muss ein Millionen-Loch verkraften.

Der EV Zug muss seinen Traum vom Titelgewinn nicht wegen sportlicher Unpässlichkeiten, sondern wegen der Corona-Pandemie um eine weitere Saison verschieben. Die Mannschaft von Dan Tangnes hat ab sofort spielfrei, weil eine Fortsetzung der Meisterschaft wegen des im Tessin ausgerufenen Notstandes nicht mehr möglich war.

Liga-Direktor Denis Vaucher sagt: «Wir stehen in der Verantwortung, unsere Spieler, Klubangehörigen und deren Gesundheit zu schützen. Und genau das hat jetzt höchste Priorität.»

Playoff-Teilnehmer Lugano und Abstiegsrunden-Teilnehmer Ambri dürfen bis zum 29. März weder trainieren noch Heimspiele austragen. Das durchkreuzte die Pläne der Eishockey-Macher, die Playoffs nächste Woche mit Geisterspielen wieder aufzunehmen. Deshalb liess sich Zugs CEO Patrick Lengwiler am Mittwochabend auf zentralplus so zitieren: «Ich gehe davon aus, dass wir die Saison am Donnerstag als abgebrochen verkünden müssen.»

Von weiteren Forderungen verschont

Der EVZ, der in den letzten Jahren gut geschäftet hat und ein Eigenkapital von 5,4 Millionen Franken ausweist, muss durch das Geisterspiel gegen Langnau zum Ende der Qualifikation und die drei budgetierten Viertelfinals Einnahme-Ausfälle von einer Million verkraften (zentralplus berichtete).

«Keiner unserer Festangestellter kann irgendetwas dafür, dass die Saison wegen des Corona-Virus abgebrochen werden musste.»

EVZ-CEO Patrick Lengwiler

Weil mit dem Tessin eine kantonale Behörde einen Notstand ausgerufen hat, bleiben der EVZ und die Konkurrenz wohl vor weiteren hohen Forderungen seitens des TV-Partners mysports, Sponsoren und Zuschauern verschont. Sie können sich wegen der Nichterfüllung von Verträgen auf höhere Gewalt berufen. Alleine der TV-Partner hätte andernfalls gute eine halbe Million von jedem NL-Klub zurückfordern können.

EVZ versucht, Kosten zu senken

Patrick Lengwiler sagt: «Ich glaube nicht, dass wir für mögliche finanzielle Forderungen haftbar gemacht werden können. Durch den Notstand im Kanton Tessin können wir uns auf höhere Gewalt berufen..»

Besitzer von Saisonabos und EVZ-Sponsoren können darum nicht erwarten, dass sie Geld vom Klub zurück erhalten werden. «Von ihrer Seite habe ich bis jetzt aber auch nur Verständnis zu spüren bekommen für diese aussergewöhnliche Situation», so Lengwiler.

Er könne noch nicht abschätzen, um wieviel höher der finanzielle Schaden für den EVZ durch den Abbruch der Saison ausfalle als das von ihm bereits veranschlagte Millionenloch. «Wir werden mit dem Personal in nächster Zeit zusammensitzen, um zu besprechen, was für Massnahmen wir ergreifen können, um Kosten senken zu können», hält er fest. Im Wissen darum, dass dabei keine grossen Beträge zusammenkommen werden.

Spieler-Prämien erst ab Halbfinal fällig

Ohnehin machen die fixen Lohnkosten den Löwenanteil der finanziellen Verpflichtungen der Zuger aus. «Keiner unserer Festangestellter kann irgendetwas dafür, dass die Saison wegen des Corona-Virus abgebrochen werden musste. Deshalb muss auch keiner einen Beitrag leisten», sagt Lengwiler.

Zumindest muss der EVZ auch keine Spieler-Prämien für die Playoff-Qualifikation ausbezahlen. Lengwiler: «Sie wären erst ab der Halbfinal-Teilnahme fällig geworden.»

«Ich habe den Spielern gesagt, dass die Pandemie Mitmenschen härter trifft als uns.»

Um die Existenz des Vereins braucht sich niemand, der den EVZ im Herzen trägt, Sorgen zu machen. «Angst befällt mich nicht, auch wenn das Polster, das wir beiseite gelegt haben, eigentlich dafür gedacht war, eine sportlich schlecht verlaufene Saison verkraften zu können», bemerkt Lengwiler. «Trotzdem müssen wir jetzt gemeinsam den Karren aus dem Dreck ziehen.»

Bei aller Enttäuschung darüber, dass dem EVZ die Chance genommen worden sei, sich den Traum vom zweiten Titelgewinn nach über 20 Jahren erfüllen zu können, ist es Lengwiler wichtig, die Relationen zu wahren: «Man muss sehen, was draussen in der Welt durch die Pandemie losgetreten wird. Ältere und chronisch erkrankte Mitmenschen müssen um ihr Leben fürchten, Unternehmen werden schliessen müssen und Berufstätige verlieren dadurch ihren Job. Darum habe ich den Spielern gesagt, dass es andere noch härter trifft als uns.»

Lengwiler tut es leid für Kloten

Ob die ZSC Lions als Qualifikationssieger zum Meister ausgerufen werden, bestimmen die Klub-Verantwortlichen am Freitagnachmittag an einer ausserordentlichen Liga-Versammlung. Und sie werden auch entscheiden, ob mit dem EHC Kloten, der die Qualifikation der Swiss League gewonnen hat, eine 13. Mannschaft nächste Saison in der höchsten Liga spielen wird.

«Gibt es einen Aufsteiger, wird der finanzielle Schaden für die bisherigen 12 Klubs noch grösser.»

Lengwiler will sich dafür einsetzen, dass die Saison aus der Wertung fällt und es folglich keinen Meister und auch keinen Aufsteiger in die National League geben wird: «Kloten hat sich sportlich nicht durchgesetzt, der Klub hätte noch drei Serien bis zum Aufstieg für sich entscheiden müssen. Gibt es einen Aufsteiger, wird der finanzielle Schaden für die bisherigen 12 Klubs noch grösser.»

Das TV-Geld aus dem Vertrag mit mysports, der noch bis 2022 läuft, müsste nächste Saison nämlich durch 13 geteilt werden. Lengwiler glaubt, eine Mehrheit der Klubs für seine Haltung gewinnen zu können. «Es tut mir leid für Kloten, aber uns wurde auch die Chance auf den Titelgewinn genommen.»

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