Neuer Elektrobus kostet eine Million

Der Bus der Zukunft kurvt erstmals durch Luzern

Elektro-Gelenkbus auf der Probefahrt zwischen Luzern und Ennethorw. (Bild: sib)

Die VBL werden elektrisch – zumindest für einen Tag. Am Dienstagvormittag luden sie zur Fahrt mit einem Elektro-Gelenkbus, denn den Dieselbussen droht der langsame Tod. Es war jedoch mehr ein Beschnuppern denn ein echter Test auf Herz und Motor.

Auf den Seiten stehen Sprüche wie «sauberer als Meister Proper», «sparsamer als Dagobert Duck» und «leiser als der Stille Has». Knallrot zieht er die Blicke im eigentlich blau-weissen Luzern auf sich, der Elektro-Gelenkbus von Hess. Fast geräuschlos säuselt er über den Asphalt. Man könnte fast meinen, es handle sich um einen Trolley-Bus – mit einem gewichtigen Unterschied. Er braucht keine Fahrleitungen.

Der gut 18 Meter lange Bus wird von einer 1600 Kilogramm schweren Batterie angetrieben. Diese ist nicht bloss für den Antrieb zuständig, sondern auch für die Heizung und Kühlung. Die Batterie in diesem Bus reicht für rund 60 Kilometer unter Winterbedingungen. Sprich, der Bus muss unterwegs zwischenladen. «Denn unsere Busse legen pro Tag rund 300 Kilometer zurück», ergänzt Christian Zumsteg, Leiter Rollmaterial bei den VBL.

Bus auf eigener Tour de Suisse

Am Dienstagmorgen kurvte dieser Elektro-Gelenkbus erstmals durch Luzern, da Hess die VBL angefragt hat, ob Interesse an einer Probefahrt da ist. Die VBL sagte zu – immerhin hat man sich beim Verkehrsverbund Luzern auf die Fahne geschrieben, dass bis 2040 die meisten Busse im Kanton Luzern mit erneuerbaren Energien, effizient und emissionsarm verkehren. Die Passagiere werden dann nicht bloss von weniger Abgasen profitieren, sondern auch von deutlich leiseren Bussen.

Der Bus befindet sich aktuell auf einer kleinen Tour de Suisse. Am Montag stoppte er in Olten, in den folgenden Tagen macht er Zug und Altdorf seine Aufwartung.

VBL-Mann Christian Zumsteg wagt sich an Bord des E-Busses. (Bild: sib)

«Ziel ist es, dass die Verkehrsbetriebe den E-Gelenkbus kennenlernen können», erklärt der Hess-Verantwortliche Yves Brügger. Als Fahrgast fällt das Kennenlernen denkbar unspektakulär aus. Man wähnt sich in einem Trolley-Bus, das Fahrverhalten ist angenehm. Sollten sich die VBL tatsächlich einmal entschliessen, solche Busse zu beschaffen, darf man sich als Passagier freuen.

Ein Ereignis, das in Bern bereits zum Alltag gehört. Denn insgesamt fünf solcher E-Busse fahren auf der Linie 17 zwischen Bern und Köniz, wo die Batterien an der Endhaltestelle auf dem Dach aufgeladen werden. Dies dauert rund sechs Minuten. Laut Brügger kann der CO2-Ausstoss dadurch pro Jahr um 600 Tonnen reduziert werden. Im Winter werden die Städtischen Verkehrsbetriebe Bern weitere Linien ausschreiben.

Vergebliche Suche nach Rückspiegeln

Äusserlich fallen neben den fehlenden Stromabnehmern vor allem die roten Ledersitze und die nicht vorhandenen Rückspiegel auf. Stattdessen sind aussen Kameras installiert. Chauffeur Josef Wechsler schaut deswegen auf kleine schmale Bildschirme, um im Auge zu behalten, was um den Bus herum passiert. Er nennt dies denn auch einen der grössten Unterschiede zum Fahren. «Ausserdem muss man keine Rücksicht auf die Fahrleitungen nehmen. Ansonsten fühlt es sich genau wie ein Trolley-Bus an», sagt er.

«Wir wollen E-Busse Schritt für Schritt als Ersatz für Dieselbusse einsetzen.»

Christian Zumsteg, Leiter Rollmaterial VBL

Wechsler nimmt Kurs auf Ennethorw, folgt also der Linie 20. Dies ist kein Zufall, wie VBL-Mediensprecher Sämi Deubelbeiss verrät. Denn die Linie 20 gehöre zu den möglichen Kandidaten für eine E-Bus-Pilotlinie. Die Fahrzeuge dieser Linie könnten im Depot Weinbergli aufgeladen werden. Die Wahl für die Linie 20 liegt in der Topographie begründet, da die Strecke via Allmend und Horw eher flach ist. Berg- und Talfahrten sind suboptimal für solche Busse. Zwar können sie beim Bremsen und Runterrollen Energie zurückgewinnen – doch unter dem Strich bleibt ein Minus.

Rückspiegel waren gestern. Nun kann der Chauffeur auf eine Kamera zählen. (Bild: sib)

Ein Minus gibt es auch beim Preis. Ein Bus, wie er am Dienstag getestet wurde, kostet rund eine Million Franken – und damit doppelt so viel wie ein Dieselbus. Nur schon deshalb ist es laut Daniel Heer nicht möglich, bereits jetzt flächendeckend darauf zu setzen. Bis 2030 rechnet man mit Mehrkosten von 15 bis 30 Prozent aufgrund der E-Busse.

Trolley-Busse brauchen keine Angst zu haben

Brügger und Zumsteg betonen unisono, dass der E-Bus mit Ladestation keine Konkurrenz zum Trolley-Bus – der ebenfalls elektrisch unterwegs ist – darstelle. «Vielmehr wollen wir E-Busse Schritt für Schritt als Ersatz für Dieselbusse einsetzen», so Zumsteg. Dies dürfte jedoch noch eine Weile dauern. In zwei bis drei Jahren wolle man erste Pilotprojekte mit ganzen Linien durchführen.

So sieht die Heckpartie des Elektro-Gelenkbusses aus.

Bereits im Vorjahr testeten die VBL einen Serien-Elektrobus (zentralplus berichtete). Laut Zumsteg hat sich der Solaris Urbino bewährt. Die Batterie reiche für rund 130 Kilometer. «Auch bezüglich Fahrkomfort und Leistung konnte der Bus überzeugen», so Zumsteg weiter.

Und weiter geht die Reise

Was den Elektro-Gelenkbus von Hess anbelangt, wird für die VBL der grosse Erkenntnisgewinn durch die Testfahrt wohl ausbleiben. Denn nach zwei Fahrten nach Ennethorw und wieder zurück geht es für das rote Gefährt bereits nach Zug weiter. Es war also mehr ein Beschnuppern. Christian Zumsteg betont in diesem Zusammenhang, dass man sich dafür regelmässig mit anderen Verkehrsbetrieben austausche.

Vorerst steht sowieso der Trolley-Bus im Vordergrund. Nicht nur wird die Linie 1 ab 15. Dezember bis zur «Mall of Switzerland» in Ebikon verkehren – auch auf weiteren Linien wie der Linie 4 sind Verlängerungen der Fahrleitung möglich.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


1 Kommentar
  • Profilfoto von Müller
    Müller, 17.07.2019, 17:21 Uhr

    hm ,da wäre eine Überlegung Wert, ob man an den Endstationen Elektro Drähte wie bei den Trolleybussen hat, Der Batterie Bus kommt und lässt ein Bügel hochfahren, die Batterie wird Geladen,, bei Lastwagen mit Batterie habe ich das im Fernsehen gesehen, währen der Fahrt lassen die einen Bügel hoch und Schwups die Batterie wird Geladen, nur bei Anhöhen wie Bernstrasse, klappt dies wohl nie. nur sollte man zuerst mal WC an Endstationen für die Chauffeure machen,

    👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon