Neo-Youtube-Millionär Dominic Deville im Interview

«Der analoge Applaus erquickt mich mehr als Klicks»

Late-Night-Talker Dominic Deville reitet die Hype-Welle – dank Donald Trump.

(Bild: SRF/Oscar Alessio/Montage zentralplus)

Der Luzerner Dominic Deville ist noch neu im Fernsehgeschäft – und plötzlich will die halbe Welt seinen Clip sehen. Seine Trump-Parodie «Switzerland second» schlägt fast sämtliche Mitbewerber. Für seine Show ist der Hype ein Segen, für Deville selbst ist das «digitale Wunder» vor allem ein Riesenspass.

Dieses Internet-Märchen ist schnell erzählt: Trump ist vereidigt, Amerika nun wieder «first», die Niederländer bitte «second». Darum haben sie in einer wunderbaren Parodie geworben, die um die Welt ging und immer noch geht.

Dann: Jan Böhmermann ruft die europäischen Satiriker zur Nachahmung auf – und der Luzerner Dominic Deville ist als einer der Ersten zur Stelle. Sein Team kreiert innert wenigen Tagen «Switzerland second» und geht damit blitzartig viral. Es ist hinter dem holländischen Original das derzeit erfolgreichste Video und knackt wohl bald die 10-Millionen-Marke auf Youtube.

Schon verrückt: Ein Schweizer Youtube-Video im zweistelligen Millionenbereich, «unser» Deville, der erst noch die Sedel-Bühne rockte und auf Kleinkunstbühnen den Kindergartenschreck gab, ist jetzt Teil der Satiriker-Elite und wird in amerikanischen Medien wie «New York Times» und National Public Radio (NPR) erwähnt. Wie geht es ihm dabei, der noch kein Jahr im Fernsehbusiness ist? Wir haben nachgefragt.

Hier das Video «Switzerland second»:

 

zentralplus: Dominic Deville, die Welt lechzt nach Ihrer Trump-Parodie, wie hat sich Ihr Leben als Fernsehmacher in den letzten sieben Tagen verändert?

Dominic Deville: Der Stress ist geblieben, aber der Spass und die Motivation haben nochmals zugenommen. Ausserdem telefonieren wir jetzt fast täglich mit kreativen Menschen aus ganz Europa. Let’s make European Late-Night-Shows great again!

zentralplus: Ist der Hype eher Fluch oder Segen?

Deville: Absoluter Segen. Wir bei «Deville Late Night» verorten den Clip als digitales Wunder. Bessere Werbung für unsere Arbeit gibt es nicht. Endlich einmal Millionär! Wenn auch nur in der Währung Klicks.

«Der Clip ist eine sehr heftige Wellenbewegung für unsere Sendung. Wir surfen das Ding jetzt und versuchen eine gute Figur zu machen.»

zentralplus: Eine solche Vorlage bekommt man als Satiriker wohl nur einmal im Leben.

Deville: Lustig, dass Sie «Vorlage» sagen. Die Holländer, welche mit «Netherlands second» das unschlagbare Original abgeliefert haben, sind schon am Jammern: «Ihr alle benutzt uns doch nur als Witzvorlage!»

Und hier das niederländische Original:

 

zentralplus: Was machen Sie, damit Ihnen der Internet-Erfolg nicht zu Kopf steigt?

Deville: Was für eine dumme Frage! Machen Sie das beruflich? Eigentlich arbeite ich nur mit Profis zusammen! Verlassen Sie sofort meine Suite! Wache!

zentralplus: Es wäre unter Ihrer Würde, mit dem Youtube-Erfolg Geld zu verdienen, sagten Sie kürzlich. Sehen Sie sich eher als ehrlichen Büezer?

Deville: Ich weiss nicht. Irgendwie hat Gölä den Begriff «Büezer» für mich versaut und somit aus meinem Sprachgebrauch getilgt. Also kann ich das nicht wirklich beantworten. Aber in der Welt des Humors bin ich schon eher der Kalauer-Designer als der Pointen-Schreiner.

zentralplus: Können Sie noch über was anderes reden momentan?

Deville: Könnte ich schon, aber es macht einfach zu viel Spass!


 

zentralplus: Wer hat eigentlich alles angeklopft und wollte etwas wissen in den letzten Tagen?

Deville: Die Nachbarn. Sie wollten wissen, was meine Freundin und ich in den letzten Tagen so laut zählen: «Siebenmillionunddreihundertfünfundfünfzig! Siebenmillionenunddreihundertsechsundfünfzig …»

zentralplus: Gab’s Rückmeldungen von Leuten, die im Clip verulkt werden. Etwa von DJ Bobo oder Sandra Boner? Von der Schweizer Garde?

Deville: Mit Sandra Boner habe ich ein paar Tage später telefoniert. Sie war gerade auf dem Weg aufs Dach und gut gelaunt, obwohl es regnete. Ich werte das als «She is down with us».

zentralplus: Ist es tatsächlich so, dass Sie das ganze virale Social-Media-Zeugs gar nicht sonderlich interessiert? Oder hat das jetzt geändert?

#Everysecondcounts

Ende Januar riefen die Holländer in einem satirischen Video dazu auf «second» zu sein, wenn doch «America first» ist. Kurz darauf rief der deutsche Satiriker Jan Böhmermann Berufskollegen aus ganz Europa auf, es den Holländern gleichzutun, ein köstlicher Video-Wettstreit um den zweiten Platz ist entbrannt.

Eine eigens von Böhmermann eingerichtete Website – Everysecondcounts.eu – sowie der Twitter-Kanal @itsgreateu informieren laufend über die neuen Videos, in den sozialen Medien geht unter dem Hashtag #everysecondcounts die Post ab.

Das Schweizer Video von Dominic Deville ist mit bald 10 Millionen Views auf Youtube eins der erfolgreichsten überhaupt. Längst geht der Hype weltweit: Auch afrikanische Länder sind aufgesprungen, aber auch Russland, der Iran und Australien.

Deville: Ach ja. Ich freue mich natürlich. Oder besser gesagt, ich freu mich mit allen mit. Aber schlussendlich beeindrucken mich viele Klicks, Views, Friends und Tweets nicht besonders. Der gute, alte analoge Applaus ist es, der mich wirklich erquickt! Live-Show über alles!

zentralplus: Was bedeutet der Erfolg nun für Ihre Sendung? Eröffnet das neue Möglichkeiten – oder geht’s weiter wie bisher?

Deville: Da mach ich mir nichts vor. Der Clip ist ein Hype. Eine kurze, wenn auch sehr heftige Wellenbewegung für unsere Sendung. Wir surfen das Ding jetzt und versuchen dabei eine gute Figur zu machen. Ansonsten arbeiten wir wie gewohnt weiter. Fleissig, pünktlich, ehrlich. So wie es der Schweizer gerne hat.

zentralplus: Besteht die Gefahr, dass alle den Youtube-Clip schauen, aber sich gar nicht für die restliche «Deville Late Night» interessieren?

Deville: Ich stelle fest, dass sowieso die meisten Late-Night-Shows gezielt darauf hin produziert werden, um fürs Internet in Einzelheiten zerstückelt zu werden. Das finde ich traurig, aber dahin geht klar die Entwicklung. «Deville Late Night» jedoch glaubt noch an die 30-minütige Aufmerksamkeitsspanne des mündigen SRF- und hoffentlich Youtube-Zuschauers!


 

zentralplus: Schon krass: Sie haben mehr Klicks als der deutsche Fernsehstar Jan Böhmermann.

Deville: Aber weniger als DJ Antoine! Daher: Fail!

zentralplus: Wieso ist der Schweizer Beitrag nach Holland und vielleicht Österreich der Beste? Wir sind ja nicht gerade bekannt für unseren Humor.

Deville: Wer ist denn «Wir»? Unser Team besteht aus fünf Individuen, welche ihre Lust am Blödsinn aus verschiedensten Kulturen, Ländern und Szenen ziehen. Unter anderem auch aus der Schweiz. By the way: Wider Erwarten war das Video der Österreicher gar nicht so gut. Obwohl die Fritzl und Hitler hatten.

zentralplus: Welches gefällt Ihnen denn noch?

Deville: Ab Minute 2:00 sind die Finnen sensationell!

Nun denn, das gelungene finnische Video:

 

zentralplus: Wer hätte eigentlich den Schweizer Beitrag gemacht, wenn’s Ihre Show nicht gäbe? Von «Giacobbo/Müller» wäre das schwerlich vorstellbar gewesen.

Deville: Ach, das hätten die schon hingekriegt. Einfach anders als wir. Die hätten sicher ihren Bassisten eingebaut. «Look Donald. He’s a genius. You should make musik with him. Trump’n’Bass!» Hahaha!

zentralplus: Letzte Frage: Kommt die aktuelle Sendung vom Freitag ohne Trump aus?

Deville: Andere Ideen hätten wir genug! Aber wir sehen es als unsere Verantwortung, unseren klitzekleinen Teil dazu beizutragen, dass der Kerl seine winzigen Hände vom roten Knopf fernhält.

Die nächste Folge der Late-Night-Show «Deville» läuft diesen Freitag, 23.40 Uhr auf SRF 1

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