Ehemaliger Luzerner BDP-Präsident wird Schauspieler

Denis Kläfiger: «Ich war noch nie so im Reinen mit mir wie jetzt»

Früher Luzerner BDP-Präsident, heute werdender Schauspieler, der keine politischen Statements mehr preisgibt: Denis Kläfiger. (Bild: zvg)

Früher Politiker, heute angehender Schauspieler: Vor einem Jahr trat Denis Kläfiger als Präsident der BDP Luzern zurück. Jetzt lebt er mit seinem Partner in Wien, will Schauspieler werden und kämpft um den Titel als «Mister Right». Die Politik ist für den 29-Jährigen endgültig passé. Dafür ist er mit sich «im Reinen».

Nach fünf Jahren als Präsident der Luzerner BDP, die im katholisch-konservativen Stammland der CVP nie wirklich Fahrt aufzunehmen vermochte, zog Denis Kläfiger den Stecker und verabschiedete sich aus der Politik (zentralplus berichtete). Nun lebt der 29-Jährige in Wien, in einer Dachwohnung mit seinem Partner, und studiert an der Filmacademy – der Schauspielschule für Theater und Film in Wien.

Kürzlich liess er auf Twitter verlauten, dass er zudem Kandidat beim diesjährigen Swiss Men's Award ist – einem Schönheitswettbewerb, bei dem auch der Charakter zählt. Wir haben mit dem Luzerner darüber gesprochen, wie er sich in seiner neuen Rolle, in Wien und nach dem Abschied von der Politik zurechtfindet.

zentralplus: Denis Kläfiger, Sie leben seit Ende September in Wien. Mit starken Ausgangsbeschränkungen rund um die Uhr. Wie kommen Sie damit zurecht?

Denis Kläfiger: Gut. Man kann die momentane Situation nicht ändern. Mein Partner und ich leben jetzt seit knapp einem Monat in einer Dachwohnung ausserhalb des Wiener Stadtzentrums. Hier im Grünen wirkt der Lockdown weniger belastend als im Stadtinnern. Ich gehe im Wald joggen, das ist ein guter Ausgleich für mich.

zentralplus: Stellt die momentane Situation Ihre Beziehung nicht auf die Probe, da sie gezwungenermassen viel Zeit miteinander in einer Wohnung verbringen?

Kläfiger: Nein, für uns war die Situation vorher, als wir eine Fernbeziehung führten, viel belastender. Wir haben klare Regeln abgemacht. Wir gehen beide täglich joggen – aber jeder für sich alleine. So haben beide eine Stunde draussen im Wald für sich alleine und eine Stunde in der Wohnung. Wir geniessen aber die gemeinsame Zeit sehr.

zentralplus: Auf Ihrem Twitter-Account ist es derzeit eher ruhig. Hand aufs Herz: Wie sehr fehlt es Ihnen zu politisieren?

Kläfiger: Gar nicht. Er antwortete sehr prompt und lacht. Denn ich habe mit diesem Kapitel abgeschlossen. Logisch, verfolge ich das politische Geschehen nach wie vor mit grossem Interesse, wie die Entwicklung mit der neuen Mitte, oder nehme, so gut es geht, an Abstimmungen teil. Mit dem Unterschied, dass ich jetzt meine politische Meinung für mich behalte.

zentralplus: Ihre Antwort kam alles andere als zögerlich. Vermissen Sie es wirklich nicht? Schliesslich eckten Sie auch mal an oder zogen für eine Kampagne blank.

Kläfiger: Es klingt vielleicht hart, aber so ist es. Ich habe mit Passion für die BDP politisiert und erinnere mich gerne an diese Zeit zurück. Aber jetzt bin ich Schauspielstudent. Es ist nicht mehr meine Aufgabe, mich politisch zu äussern. Das passt nicht mehr zu meiner neuen Rolle.

«Ich war noch nie so im Reinen mit mir wie jetzt.»

zentralplus: Ihr Lebenslauf ist ja nicht gerade gewöhnlich. Nach einer KV-Lehre, verschiedenen Berufsstationen, als Food-Verkäufer bei Coop und nach fünf Jahren als BDP-Präsident lernen Sie nun Monologe auswendig und nehmen Sprech- und Stimmunterricht. Fühlen Sie sich überhaupt wohl in dieser neuen Rolle?

Kläfiger: Extrem! Ich war noch nie so im Reinen mit mir wie jetzt. Ich bin zu 100 Prozent glücklich hier in Wien, einer kulturell verankerten Stadt, in meiner Beziehung und in meiner Ausbildung. Für mich ist es eine Ehre, Dozenten zu haben wie Regisseur Paul Schwind, Theaterschauspielerin Lisa Gray, Schauspielerin Sonja Romei oder Mercedes Vargas, die Tanzpädagogin ist. Mein Lebenslauf scheint auf den ersten Blick vielleicht nicht logisch. Aber ich bin für jede bisherige Station in meinem Leben dankbar. Ich bin froh, habe ich auf meine Mutter gehört und erst eine solide Ausbildung absolviert. Als angehender Schauspieler profitiere ich von allem, was ich bisher gemacht habe.

zentralplus: Wie meinen Sie das?

Kläfiger: Ich weiss, wie es sich beispielsweise anfühlt, als Verkäufer von einem Kunden zurechtgewiesen zu werden, als Präsident Verantwortung zu übernehmen und eine Partei zu führen. Ich hatte verschiedene Positionen inne, die ich in meinen Rollen als Schauspieler wieder mit einfliessen lassen kann. Und nicht zuletzt kann ich durch meine Berufserfahrung in den Semesterferien weiterhin bei Coop arbeiten, um mir mein Studium finanzieren zu können.

zentralplus: Was reizt Sie an der Schauspielerei?

Kläfiger: Das Eintauchen und Spielen in anderen Welten. Zudem muss ich sagen, dass ich mich selber durch die Ausbildung so gut kennenlerne wie noch nie.

«Früher habe ich mich nie damit beschäftigt, wie ich auf andere wirke, ob ich womöglich arrogant oder besserwisserisch rüberkomme.»

zentralplus: Inwiefern?

Kläfiger: Er überlegt. Was zum Beispiel Ängste und Status anbelangt.

zentralplus: Was ist denn Ihre grösste Angst?

Kläfiger: Wie ich auf andere wirke. Früher habe ich mich nie damit beschäftigt, wie ich auf andere wirke, ob ich womöglich arrogant oder besserwisserisch rüberkomme. Weiter habe ich Angst zu versagen. Aber das ist völlig normal. Ich bin letzthin über einen guten Spruch gestolpert: Fokussiere dich auf das, was du beeinflussen kannst, und investiere da deine ganze Energie hinein. Und zerbrich dir nicht den Kopf über Dinge, die du nicht verändern kannst.

zentralplus: Das klingt ein wenig spirituell angehaucht.

Kläfiger: Er lacht. Ich habe auch mit dem Meditieren begonnen, das mache ich jetzt fast täglich eine Viertelstunde. In der Filmacademy machen wir oft Tanzbewegungen, um besser auf unseren Körper zu hören, zur Ruhe zu kommen. Oder Stimmbewegungen und Körperhaltungen, wie man sprechen muss, um beispielsweise majestätisch auf andere zu wirken. Das alles habe ich früher nie gemacht.

zentralplus: Majestätisch auf andere wirken – das wäre sicherlich auch als Politiker hilfreich gewesen.

Kläfiger: Ich musste auch schmunzeln. Hätte ich doch das damals schon gewusst! Dann hätte ich als Politiker an einer Podiumsdiskussion viel ruhiger und langsamer gesprochen. Wie zum Beispiel Angela Merkel oder Greta Thunberg, die machen das ganz gut.

«Nein, ich bereue nichts. Damals war ich Politiker, das war ein anderes Kapitel, quasi eine andere Bühne.»

zentralplus: Gibt es denn Dinge, die Sie bereuen, wie etwa die Aussage, die FDP sei ein «rückständiger Sauhaufen», weil sie gegen eine Gesetzesänderung war, um die LGBTQIA-Szene vor Diskriminierung zu schützen?

Kläfiger: Nein, ich bereue nichts. Damals war ich Politiker, das war ein anderes Kapitel, quasi eine andere Bühne.

zentralplus: Ein politisches Comeback schliessen Sie demnach völlig aus?

Kläfiger: Das Einzige, was ich jetzt will, ist als Schauspieler auf der Bühne oder vor der Kamera zu stehen. Die ersten drei Jahre bin ich hier in Wien, danach überlege ich mir, den Master in London zu machen.

zentralplus: Vorerst kämpfen Sie aber als einer von 40 Teilnehmern um den Titel des «Mister Right» beim diesjährigen Swiss Men's Award. Wie kam es dazu?

Kläfiger: Meine Kollegen ermunterten mich zu diesem Schritt. In meinen Augen ist es auch ein Wettbewerb mit Niveau. Beim Swiss Men's Award zählen ja nicht nur Aussehen und Sixpack, sondern das Ganze, der Charakter der Person. Es ist kein oberflächliches Format und deswegen kann ich auch voll und ganz dahinterstehen. An einer Bachelorette-Staffel hätte ich nie teilgenommen, das wäre eine Disqualifikation gewesen für mich. Das ist mir zu gespielt, zu gefakt.

«Ich muss mir unbedingt das nächste Mal, wenn ich in der Schweiz bin, ein Fondue Caquelon mit nach Wien nehmen.»

zentralplus: Sie scheinen sich heute viel mehr Gedanken darüber zu machen, wie Sie beim Gegenüber ankommen und was Sie warum tun.

Kläfiger: Ja, sehr. Als Schauspieler ist man eine Art Kleinunternehmer. Im zweiten Jahr werden wir auch schon an Castings geschickt. Wenn ich meine Meinung nach wie vor öffentlich twittern, einen «Seich» auf Social Media posten würde, könnte mich das in meiner Karriere immer wieder einholen.

zentralplus: Zu guter Letzt: Gibt's etwas, das Sie an Luzern vermissen?

Kläfiger: Mir fehlt der Vierwaldstättersee! Und die Berge. Jedes Mal, wenn ich zurück in Luzern bin, blicke ich voller Freude auf den Pilatus und die Rigi. Auch den Käse vermisse ich. Ich muss mir unbedingt das nächste Mal, wenn ich in der Schweiz bin, ein Fondue Caquelon mit nach Wien nehmen.

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