Luzerner Genossenschaften können bauen

Den Kritikern ist’s noch zu billig

Bernstrasse in Luzern: Auf der rechten Seite soll die Überbauung von ABL und Baugenossenschaft Matt realisiert werden. (Bild: ben.)

An der Bernstrasse kann eine Überbauung mit 135 günstigen Wohnungen realisiert werden. Die Stadt Luzern musste jedoch mit den beiden beteiligten Baugenossenschaften eine heikle Vertragsänderung aushandeln. Trotz Kritik am Verkauf stand eine Partei mit ihrer Ablehnung alleine auf weiter Flur.

Das erste Projekt zur Umsetzung der vom Volk 2012 angenommenen städtischen Wohnrauminitiative kann realisiert werden. Das Stadtparlament hat diesen Donnerstag die entsprechende Vorlage abgesegnet. Nun werden zwei Areale an der Bernstrasse an die Baugenossenschaft Matt verkauft, die angrenzenden elf Grundstücke werden im Baurecht an die Allgemeine Baugenossenschaft (ABL) abgegeben. 135 preisgünstige Wohnungen sollen so entstehen.

Stadt musste besseren Preis aushandeln

Allerdings musste die Stadt auf Antrag der Baukommission bezüglich Abgabepreis eine Verbesserung erzielen. Das ist gelungen. Neu wurde ein Landpreis von 660 Franken anstatt wie vorher 550 Franken vereinbart. Damit erhöht sich der Verkaufspreis an die Genossenschaft Matt. Neu beträgt dieser statt 965’000 Franken 1’116’200 Franken. Zudem erhöht sich der jährliche Baurechtszins an ABL von 68’000 auf 82’000 Franken.

In der Schlussabstimmung stemmte sich einzig die SVP gegen das Projekt. Mit 38 Ja zu 5 Nein hatte die Partei folglich keine Chance. Auf ein Referendum verzichtet sie aber.

«Unbestritten tolles Projekt»

Den Auftakt zur lebhaften Debatte machte Katharina Hubacher (Grüne): «Drei Jahre nach dem Volks-Ja zur Initiative, die in der Stadt Luzern mehr günstigen Wohnraum fordert, liegt nun endlich ein erstes Bauprojekt vor. Für uns ist das unbestritten ein tolles Projekt: Geplant sind günstiger Wohnraum und eine 2000-Watt-Siedlung – das ist eine gefreute Sache.» Es gebe aber auch ein paar Fragezeichen und Kritikpunkte. Dass der ganze Prozess so lange gedauert habe, etwa. Hubacher forderte deshalb: «Der Stadtrat soll künftig schneller vorwärts machen.»

«Auch wir hätten lieber 160 statt 135 Wohnungen gehabt.»
Daniel Furrer, SP

Die Kritik an der langen Vorarbeit des Projekts nahm René Peter (FDP) mit Handkuss auf: «Die Planung dauert mit insgesamt fast zehn Jahre viel zu lange.» Auch am Pilatusplatz und an der Industriestrasse würden die Projekte nicht schnell genug vorwärts getrieben. «Die Bewohner begreifen das nicht und Investoren schreckt das ab.» Bezüglich des Verkaufspreises sagte Peter, dass die FDP grundsätzlich hinter dem genossenschaftlichen Wohnungsbau stehe. «Aber wir sind gegen subventionierten Wohnungsbau. Das Land hätte viel mehr wert.»

Zähneknirschende Zustimmung

Ärgerlich sei auch, dass die Stadtbaukommission eine höhere Verdichtung nicht zugelassen habe. Geplant waren anfangs 160 Wohnungen, die Kommission mahnte jedoch, das sei zu dicht, die Wohnungen hätten dann zu wenig Licht. Für Peter ist das unverständlich: «Wenn wir die Ziele der Wohnrauminitiative erfüllen wollen, können wir uns so was kaum leisten. Wir hätten uns mehr Rückgrat der Baukommission gewünscht.« Auch der neu verhandelte Preis sei ein schlechter, mit dem die FDP eigentlich nicht einverstanden sei. «Wir stellen aber das Vorwärtsmachen über den Preis. Wir werden deshalb zähneknirschend zustimmen.»

Daniel Furrer (SP) hatte am ausgehandelten Preis nichts zu bemängeln. Er erinnerte an eine aktuelle Comparis-Studie, gemäss der die stadtluzerner Mietpreise schweizweit zu den höchsten gehören (zentral+ berichtete). Furrer freute sich vielmehr, dass es nun vorwärts geht: «Nach neun Jahren Planung konnte auf dem Areal endlich eine Lösung gefunden werden.» Dass es solange gedauert habe habe auch damit zu tun, dass das Areal aus 13 Grundstücken mit verschiedenen Eigentümern besteht. Bezüglich der Wohnungsreduktion räumte er ein: «Auch wir hätten lieber 160 statt 135 Wohnungen gehabt.» Aber für die Redimensionierung gebe es nachvollziehbare Gründe.

Ähnlich sah es Albert Schwarzenbach (CVP). Mehr Wohnungen wären schön gewesen, aber laut Stadtrat offenbar mit zu grossen negativen Auswirkungen auf den Wohnkomfort. Schwarzenbach nahm dafür mit Genugtuung zur Kenntnis: «Seit 2007 ist das Gebiet dort an der Bernstrasse als Entwicklungsareal definiert. Jetzt kann darauf das erste städtische Projekt zur Wohnrauminitiative umgesetzt werden. Ein Schönheitsfehler sei jedoch, dass Mitten auf dem Areal eine Parzelle nicht überbaut werden könne, da deren Eigentümer nicht verkaufen möchten.

Kein Spottpreis

Bezüglich FDP-Kritik an der langen Umsetzungszeit des Projekt stellt sich Jules Gut (GLP) schützend vor «seine» GLP-Stadträtin Manuela Jost. «Manuela Jost ist seit drei Jahren im Amt, die sechs Jahre zuvor wurde das Projekt von jemand anderem verschlampt», giftelte Gut in die Richtung von Ex-FDP-Baudirektor Kurt Bieder.  

Gut wehrte sich auch gegen Vorwürfe, das Projekt werde von der Stadt an die Genossenschaften zu einem Spottpreis verscherbelt. «Das ganze Projekt ist in keinster Weise durch die öffentliche Hand alimentiert. Es wurde hart verhandelt.» Der ausgehandelte Verkaufspreis sei für alle fair.

Stadt als grosser Verlierer

Das war dann die Steilvorlage für SVP-Präsident Peter With. With hatte schon im Vorfeld der Debatte gerügt, dass die Stadt das Land viel zu günstig abgebe und die künftigen Mieter zu stark subventioniere. «Bei dieser Berechnung gibt es nur einen Verlierer: Die Stadt Luzern. Denn am Schluss zahlt die Stadt die Differenz zu den Marktmieten.» Das gelte auch für künftige Projekt, die nicht von Baugenossenschaften, sondern von Privaten realisiert würden. Zur Erinnerung: Eine neue Viereinhalbzimmer-Wohnung auf dem Areal soll rund 1850 Franken kosten.

With erinnerte das Parlament in diesem Zusammenhang daran, dass die Stadt aktuell ein neues, 14-Millionen-Sparpaket schnüren muss. «Wir wünschen deshalb, dass das Projekt an den Stadtrat zurück geht und ein neuer Verkaufspreis ausgehandelt wird. Sonst lehnt die SVP den Bericht und Antrag ab.» Doch die SVP stand mit ihrem Widerstand allein auf weitem Flur – der Rest des Parlaments winkte die Vorlage durch, nun kann an der Bernstrasse gebaut werden.

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