Luzern: Neue FB-Seite liefert historische Bilder

«Den anderen sind Fakten Wurst, die wollen nur Likes»

Die Facebookseite «Historisches Lozärn» präsentiert jeden Tag ein historisches Bild.

(Bild: Printscreen)

Mehrere Facebookseiten zeigen alte Bilder der Stadt Luzern. Auch eine neugegründete Seite hat sich dieser Leidenschaft verschrieben – sie will im Gegensatz zu anderen bild- und urheberrechtstechnisch aber alles richtig machen. Den Macher hinter der Seite hat das Detektivfieber gepackt.

Der Hirschenplatz mit Göldlinhaus um 1900, die Kapellbrücke und das Hotel du Lac um 1890 oder der Luzernerhof um 1880. Täglich um 6 Uhr morgens veröffentlicht die Facebookseite «Historisches Lozärn» ein Foto aus alten Tagen. Und erfreut damit alle geschichtsinteressierten Luzern-Liebhaber. Seit dem 17. Juni ist die Seite aktiv und hat schon über 600 Follower.

Historische Bilder im Internet veröffentlichen? Da war doch was. Vor rund einem halben Jahr berichtete zentralplus über den Bilderzoff in der Luzerner Facebook-Community. Fotograf Emmanuel Ammon ärgerte sich damals über die Seite «Verschwundenes Luzern». Diese zeigte ebenfalls Bilder aus dem Archiv von Ammon, jedoch ohne seine Einwilligung, und verletzte damit Urheberrecht.

Die neue Seite «Historisches Lozärn» ist ein Ableger der Gruppe «Du besch vo Lozärn, wenn …». Denn dort war man sich der Urheberrechts-Problematik bewusst. Auf der neuen Seite wird jedes Bild mit Jahreszahl und historischen Daten versehen und auch der Urheber des Fotos wird angegeben, sofern die Daten bekannt sind. Die Administratoren hinter der Seite sind zwei alte Bekannte: Garthster.Lucerne und Büsy Lingg (siehe Box). Beide sind Teil des Fünfer-Admin-Teams der bekannten Luzerner Facebookgruppe.

Garthster erklärt: «Die Gruppe wurde damals mehrmals für von Mitgliedern gepostete Bilder gerügt, die dabei scheinbar Bildrechte verletzten. Die Gefahr bestand sogar, dass sie geschlossen wird.» Dies wollte man verhindern und so habe man sich im Sommer 2015 entschlossen, die Bilder für die Gruppe selber aufzubereiten. Die Bilder wurden fortlaufend in der Gruppe gepostet und jetzt, im Juni 2016, habe man sich entschlossen, mit diesen Bildern eine neue, separate Seite für die Mitglieder aufzubauen. «Darin sind nur noch historische Bilder von Luzern enthalten. Wunderschöne Bilder zum Teilen, Downloaden oder um selber ein Fotobuch oder einen Kalender damit zu gestalten», sagt Garthster.

 

500 Bilder in der Pipeline

«Das Interesse an alten Bildern von Luzern ist enorm», sagt Garthster. Luzerner hätten eine grosse Affinität zu ihrer Stadt. «Wir leben ja auch in der schönsten Stadt der Welt», so der Luzerner. Gemeinsam mit dem Luzerner Künstler und Fotografen Xaver Mustaniemi habe er rund 500 Bilder fachgerecht für Facebook aufgearbeitet, inklusive Datums-, Orts- und Quellenangaben. «Wir haben gut drei bis vier Monate viel Zeit in das Projekt investiert.» Mittlerweile sind rund 60 Bilder online gegangen und 100 weitere terminiert, sagt Garthster. In den nächsten Wochen würden die restlichen darauf warten, eingepflegt zu werden.

Und wie sind die Reaktionen? Garthster verweist auf die Facebook-Kommentare:

Ist das auch der entscheidene Antrieb für ihn persönlich? «Zum einen ja», so Garthster, «mich reizt aber auch die Recherche und die Suche nach den Zusammenhängen und Geschichten hinter den Bildern.» Als Beispiel erzählt Garthster über folgendes Bild.

 

«Via Facebook kam der Besitzer dieses Bildes auf uns zu.» Es zeigt den Museumsplatz in Luzern und ist mit «Street in Lucerne» bedruckt. Dann begann die Suche. Garthster gibt Einblick: «Als Erstes sind wir darauf gekommen, dass das Bild an der heutigen Alpenstrasse 9 aufgenommen wurde. Es zeigt die damalige Szenerie Richtung heutiger Löwenplatz.» An der Hofstrasse 1 stehe auch heute noch das Wegkreuz in der Bildmitte aus dem Jahr 1687 – genannt «der grosse Heiland».

Und jetzt kommen Garthsters Detektivqualitäten zum Vorschein: «Ungefähr datieren konnten wir das Bild dank dem Schatten am Boden. Er stammt vom äusseren Weggistor, welches im August 1862 abgebrochen wurde.» Und ganz à la Sherlock Holmes forschte Garthster weiter nach Zusammenhängen: «Das Bild könnte vom Tessiner Fotografen Carlo Ponti im März 1860 oder dem Engländer Francis Frith im Frühling 1862 stammen.» Beide hätten um diese Zeit in Luzern fotografiert und die Bilder Verlagen als Vorlagen für Postkarten verkauft. 

Böses Blut zwischen Seitenbetreibern

Angesprochen auf die Konkurrenz-Seiten, die auch historische Bilder posten, wie «Verschwundenes Luzern» und «Alti Asichte vo Lozärn», reagiert Garthster deutlich. «Im Gegensatz zu diesen anonymen Betreibern respektieren wir die Bild- und Urheberrechte.» Im Moment scheine das Posten von Postkarten aus der Sammlung Rolli-Schär in Mode zu sein. Garthster sagt schelmisch: «Immerhin sind die anonymen Betreiber konsequent. Auch die Fakten sind denen Wurst, die wollen nur Likes.» Es habe ihm fast wehgetan, als er letzthin entdeckt habe, welche Fehler dort publiziert werden (natürlich handelt es sich bei folgendem Bild nicht um den Schirmerturm).

 

zentralplus wollte auch Kontakt mit den Admins hinter der Seite «Alte Asichte vo Lozärn» aufnehmen. Die Betreiber waren jedoch nicht an einer Kontaktaufnahme interessiert. «Wir wissen nicht, wer Sie sind, was Sie wollen und was Sie damit vorhaben. Wir trauen Ihnen nicht», war die Antwort. Als Vorbild diene «Verschwundenes Luzern». Keine Überraschung für Garthster: «Da steckt die gleiche Person dahinter.» Dieser sei ehemaliges Mitglied der «Du besch vo Lozärn, wenn …»-Gruppe und habe zum Aufbau seiner Seite viele dort gepostete Bilder kopiert.

Sie wollen mehr historische Bilder sehen? Gehen Sie auf die Facebookseite oder scrollen Sie nach unten:

 

 

 

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1 Kommentar
  • Profilfoto von bjornsen
    bjornsen, 16.08.2016, 13:05 Uhr

    Ich finde das z+-Geläster über die «bösen» Betreiber der zwei tollen historischen Seiten unverständlich. Sicher habt ihr als Journalisten eine erhöhte Sensibilität für Urheberrechte, doch sollte man auch mal neutral berichten. Und aus dieser Sicht sind die besagten Seiten und Betreiber schlicht grandios und bieten uns wunderbare Einblicke in die Geschichte von Luzern, und dies erst noch in keinem kommerziellen Rahmen. Man muss einen klaren Unterschied zwischen den Expertenkreisen und entsprechenden Publikationen (gedruckte Kataloge) und einer Facebookseite machen. Während im ersten Fall die 100%ige Richtigkeit und Rechteabklärung Pflicht ist, hat dies auf einer vermittelnden Seite nicht erste Priorität. Es geht vielmehr um das Teilen der Faszination historischer Eindrücke einer Stadt, die viele Menschen kennen und in der sie leben. Und diesen schönen Zweck erfüllen diese Seiten voll und ganz.

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