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Stimmen Sie für die erleichterte Einbürgerung?

Am 12. Februar entscheidet sich an der Urne, ob Ausländer der dritten Generation erleichtert eingebürgert werden können. Vom vereinfachten Verfahren würden gut integrierte Grosskinder von Einwanderern profitieren, die in der Schweiz geboren und hier mindestens fünf Jahre zur Schule gegangen sind, und die nicht älter als 25 Jahre sind. Heute müssen sogenannte Terzos das ordentliche Einbürgerungsverfahren durchlaufen, das tendenziell länger dauert und mehr kostet (zentralplus berichtete).

Der Bund geht davon aus, dass zurzeit rund 25’000 Personen die Anforderungen dafür erfüllen. Sie könnten neu den Schweizerpass beantragen, ohne dafür bei der Gemeinde oder einer Einbürgerungskommission vorsprechen zu müssen. Denn die Kompetenz für den Entscheid läge neu beim Bund. Er prüft, ob die Gesuchsteller die nötigen Anforderungen erfüllen. Bereits heute steht das erleichterte Verfahren Ausländern und Ausländerinnen offen, die mit einem Schweizer oder einer Schweizerin verheiratet sind.

Die SVP bekämpft die Vorlage und hat mit ihren Burkaplakaten für viel Gesprächsstoff gesorgt. Dies vor allem, weil der Grossteil der Betroffenen gemäss dem Bund aus Italien stammt – und nur wenige aus muslimischen Ländern. In Luzern äussern sich nebst der SVP auch etliche Vertreter von CVP und FDP kritisch zur Vorlage, insbesondere aus föderalistischen Gründen (zentralplus berichtete).

In unserem Pro/Contra duellieren sich SP-Kantonsrätin Ylfete Fanaj als Befürworterin und SVP-Vizepräsident Oliver Imfeld als Gegner der erleichterten Einbürgerung.

«Ihr Platz ist mitten unter uns»

Die erleichterte Einbürgerung können bereits heute Ehepartnerinnen und -partner von Schweizer Bürgern beantragen, die seit fünf Jahren in der Schweiz leben. Das Verfahren läuft demnach über den Bund, aber auch Kanton und Gemeinden werden angehört.

«Ein erleichtertes Verfahren heisst aber nicht, dass sie den Schweizer Pass einfach so per Post zugestellt erhalten.»

Jugendliche der dritten Ausländergeneration sollen nun auch nach diesem Verfahren eingebürgert werden. Sie sind aber nicht erst seit fünf Jahren in der Schweiz. Sie können nachweisen, dass schon die Grosseltern vor einem halben Jahrhundert in die Schweiz eingewandert sind und hier gearbeitet haben. Ihre Eltern sind mit uns in die Schule gegangen und sie selbst sind hier geboren. Eventuell verstehen sie noch die Sprache der Grosseltern, doch träumen tun sie auf Schweizerdeutsch. Ihr Denken und Handeln ist schweizerisch, ihr Pass aber ausländisch.

Ein erleichtertes Verfahren heisst aber nicht, dass sie den Schweizer Pass einfach so per Post zugestellt erhalten. Nach wie vor muss die Einbürgerung beantragt werden. Die Person darf nicht älter als 25-jährig sein und muss in der Schweiz geboren und mindestens fünf Jahre in der Schweiz zur Schule gegangen sein. Ausserdem müssen alle Voraussetzungen wie beim ordentlichen Verfahren erfüllt und nachgewiesen werden, so zum Beispiel, dass die Person einen lupenreinen Betreibungs- und Strafregisterauszug vorweisen kann.

Bei einer erleichterten Einbürgerung entfällt der Gang vor eine Einbürgerungskommission oder gar eine Gemeindeversammlung in der Gemeinde. Das ist auch richtig so. Was fragt denn eine Kommission einen Jugendlichen der dritten Generation? Was ist Ihre Motivation? Sind Sie integriert? Es ist schlicht unnötig, einen bürokratischen und finanziellen Aufwand auf sich zu nehmen, um rhetorische Fragen zu beantworten.

Betroffen von dieser Regelung sind insgesamt 25'000 Personen in der Schweiz, die theoretisch diese Bedingungen erfüllen. Jährlich würden 2300 Personen dazu kommen. Es ist aber jetzt schon klar, dass nicht alle davon Gebrauch machen werden.

Wir entscheiden nun, ob wir den Kindeskindern der einstmals eingewanderten Arbeiter jenen Platz in unserer Gesellschaft geben, der ihnen zusteht. Es ist höchste Zeit, denn ihr Platz ist bereits mitten unter uns! Daher sage ich mit Überzeugung Ja.

Die Schweiz bürgert bereits grosszügig ein

Die Idee der erleichterten Einbürgerung erscheint nachvollziehbar. Die Vorlage dazu ist dies aber nicht, schiesst über das Ziel hinaus und muss abgelehnt werden. Es besteht kein Handlungsbedarf! Die Schweiz bürgert bereits grosszügig ein. Egal, welche Generation, der Prozess ist bereits einfach genug: Wer sich einbürgern lassen will und die Bedingungen erfüllt, erhält den Schweizer Pass heute schon.

Bei der 3. Generation handle es sich vor allem um italienisch- und spanischstämmige Menschen, wird argumentiert. Doch die Statistik von 2006 bis 2015  – mit 38 Prozent der Eingebürgerten aus der Türkei und dem Balkan sowie 6 Prozent aus Afrika, aber nur 12 Prozent aus Italien, 8 Prozent aus Portugal und 6 Prozent aus Spanien – lässt dies als Augenwischerei erscheinen.

Menschen aus entfernten Gebieten oder mit muslimischem Hintergrund tun sich mit Integration und der Vereinbarkeit mit unseren Regeln, Religionen, Kulturen, Werten und Sitten oft schwer, wie Beispiele zeigen. Auch dazu sind heute Antragsteller und Behörden in regem Dialog. Gespräche und gegenseitige Auseinandersetzung entsprechen dem aktuellen, richtigen Zustand und gehören zum Prozess. Eine Bundesbehörde kann die Erfüllung von Integrationskriterien gar nicht beurteilen. Zukünftig soll aber kein Integrationsnachweis mehr zu erbringen sein, sondern er wird «vermutet»?

«Für den direkten Kontakt zum Bürger sind die Gemeinden und deren Kommissionen zuständig.»

Die Direktbetroffenen, Einwohner, Gemeinden und Kommissionen werden bei einem Ja «entmündigt» und haben zu ihren neuen «Doppelbürgern» nichts mehr zu sagen. Im Sinne des Föderalismus ist das ein Unding. Weshalb soll, was gut funktioniert, von den Gemeinden neu über drei Ebenen (Bund, Kantone und Gemeinden) wegdelegiert werden? Die Verlagerung zum Bund wird die Aufwände für Rückfragen und Abwicklungen massiv erhöhen, der administrative Aufwand steigt und bedeutet Mehrkosten. Der Bund hat andere Aufgaben und für den direkten Kontakt zum Bürger sind die Gemeinden und deren Kommissionen zuständig.

Die Erlangung der Staatsbürgerschaft soll massiv günstiger werden, obwohl die Kosten der Verfahren steigen und bei einem Ja nicht mehr gedeckt sind? Soll Schweizerwerden keinen Wert mehr haben? Neben all diesen Fragen ist die Unverbindlichkeit einer doppelten Staatsbürgerschaft ein selbst von Doppelbürgern oft genannter weiterer Kritikpunkt.

Jeder Antrag muss genau und gründlich geprüft werden. Bei der dritten Generation gibt es keinen Grund, darauf zu verzichten. Im Gegenteil, es muss genau hingeschaut werden. Die Vorlage der erleichterten Einbürgerung ist klar abzulehnen. Denn wer sich einbürgern will, kann das schon heute einfach genug in unserem föderalistischen System. Deshalb stimme ich Nein.