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Soll Zug die Wirteprüfung wieder einführen?

In jedem Beruf braucht es Qualifikationen. Einzig zur Führung eines Restaurants braucht es keine. Im Zuge der Liberalisierung des Gastgewerbes schaffte der Kanton Zug Ende der 90er-Jahre die obligatorische Wirteprüfung ab. Stattdessen veröffentlicht Zug die Hygiene-Zertifikate der Lebensmittelkontrolleure. Jetzt fordern die Wirte, die Prüfung wieder einzuführen. Barbara Schnider, Präsidentin des Verband Gastro Zug unterstützt das Vorhaben und meint, Quereinsteiger und Neuanfänger würden sich oftmals nicht über die minimalsten Grundkenntnisse im Gastgewerbe ausweisen. Selbstverständliche Kenntnisse zum Schutz der Gäste, aber auch des Personals fehlten völlig. Dem entgegnet Hanspeter Uster, ehemaliger Zuger Regierungsrat: Die öffentlich geltend gemachten Gründe, die Prüfung verbessere die Lebensmittelhygiene und die Arbeitssicherheit, seien schon 1996 nicht stichhaltig gewesen, als der Kanton Zug das Gastgewerbe weitgehend liberalisierte.

Kenntnisse zum Schutz der Gäste fehlen

Das neue Gastgewerbegesetz trat auf den 1.1.1997 in Kraft. Seit diesem Zeitpunkt braucht es im Kanton keinen Fähigkeitsausweis mehr, um einen Gastgewerbebetrieb führen zu können. Die Zahl der Restaurants ist seit daher markant angestiegen, was zu einer erfreulichen Belebung der Gastroszene führte.

Neben den positiven Aspekten der Liberalisierung zeichnen sich aber seit geraumer Zeit auch Negativerscheinungen ab. Quereinsteiger und Neuanfänger weisen sich oftmals nicht über die minimalsten Grundkenntnisse im Gastgewerbe aus. Selbstverständliche Kenntnisse zum Schutz der Gäste, aber auch des Personals fehlen völlig. Damit wird die grosse Mehrzahl der Betriebe immer wieder in der Öffentlichkeit zu Unrecht in Misskredit gebracht. Die damit verursachten Negativauswirkungen für eine volkswirtschaftlich sehr wichtige Branche sind schwer abschätzbar, dürften aber enorm sein.

Lebensmittelrecht, Lebensmittel- und Betriebshygiene, aber auch Arbeitssicherheit und Arbeitsrecht sind Bereiche, in denen der Gesetzgeber in den vergangenen Jahren immer wieder legiferierte. Sinn und Zweck dieser Gebote, Vorschriften und Auflagen ist die Sicherheit für Gäste und Mitarbeiter zu gewährleisten. Natürlich besteht zur Durchsetzung die Möglichkeit, Kontrollen durchzuführen sowie entsprechende Sanktionen zu erlassen. In diesem Falle sind aber die negativen Auswirkungen schon erfolgt. Bis zur Entdeckung von Missständen, welche die Sicherheit von Gästen und Mitarbeitern gefährden, kann wenig Zeit vergehen, aber auch die Gefährdung einer sehr grossen Zahl während längerer Zeit umfassen. Das repressive Element zur Durchsetzung des gesetzgeberischen Willens genügt nicht!

Wie es in der Drogenpolitik des Elements der Prävention bedarf, so braucht es auch im Gast- und Hotelgewerbe die Schulung angehender Wirte zur Verhinderung von Menschengefährdung. In der Überzeugung, dass Vorbeugen besser als Heilen ist, soll sich ein Wirt, um seinen Beruf ausüben zu können, über minimale Kenntnisse, welche der Sicherheit von Gast und Mitarbeiter dienen, ausweisen. Dies bedingt eine Schulung und Prüfung u.a. auf den Gebieten Lebensmittelrecht, Lebensmittelhygiene, Arbeitssicherheit, Arbeitsrecht, Brandverhütung, Alkoholgesetzgebung, kant. Gastgewerberecht und Suchtprävention. Ziel der Einführung eines einfachen Fähigkeitsausweises ist, die Sicherheit von Gästen und Mitarbeitern zu gewährleisten.

Gewerbe fordert staatlichen Zwang

Die Verpflegungsgewohnheiten,  die Arbeitszeiten (ohne lange Mittagspause) und das Freizeitverhalten haben sich geändert. Neben dem klassischen Restaurant und der bisherigen Beiz gibt es vom Take-Away über die Angebote der Grossverteiler bis hin zu Catering-Betrieben und  Nischenanbietern ein wachsendes Angebot. Immer mehr lädt man zu Hause Freunde ein und zaubert raffinierte Menus auf den Tisch, begleitet von feinen Weinen. Jede Zeitung hat Seiten mit Rezepten, im Internet gibt es unzählige Kochtipps, und die Kochsendungen überfluten die TV-Sender.

Das alles beeinflusst das Gästeverhalten: Wer heute auswärts essen geht, erwartet etwas Besonderes. Die Konsumausgaben für Essen und Trinken ausser Haus sind laut GastroSuisse in den vergangenen drei  Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Und das alles soll die Einführung der Wirteprüfung aufhalten? Diese wird bezeichnenderweise nicht von den Gästen gefordert, um deren Schutz es angeblich geht, sondern von GastroZug. Die öffentlich geltend gemachten Gründe, die Prüfung verbessere die Lebensmittelhygiene und die Arbeitssicherheit, waren schon 1996 nicht stichhaltig, als der Kanton Zug das Gastgewerbe weitgehend liberalisierte.

In der Folge waren und sind keine Verschlechterungen bei der  Lebensmittelhygiene auszumachen. Entscheidend dafür ist eine griffige Lebensmittelkontrolle, deren Wirkung noch beträchtlich gesteigert werden kann. Die Ergebnisse der Lebensmittelkontrolle sind für jeden Gast einsehbar; auch hier ist der Kanton Zug Vorreiter. Diese Transparenz schafft Wettbewerb und spornt an, sich selber, ohne staatlichen Zwang, weiterzubilden. Bis jetzt hat niemand geltend gemacht, die Hygiene im Gastgewerbe im Kanton Luzern (mit Wirteprüfung) sei besser als in Zug (ohne Wirteprüfung); in Zug ist die Zahl der  beanstandeten Betriebe seit der Einführung des Zertifikates im Jahr 2009 zurückgegangen.

Dass ausgerechnet Gewerbekreise eine zusätzliche staatliche Regulierung fordern, überrascht mich als überzeugten Liberalen. Denn der Staat soll nur dort eingreifen, wo Ruhe, Ordnung und Sicherheit, Gesundheit, Umweltschutz, die Gleichstellung von Frau und Mann und der Schutz von sozial Schwächeren ohne gesetzliche Regelung nicht gewährleistet werden können.