Elektromobilität in der Zentralschweiz

Neue Stromtankstellen gegen die Unsicherheit

Da sich die Autohersteller mit der Normierung der Ladeinfrastruktur schwer tun, gibt es bei öffentlichen Schnellladestationen drei unterschiedliche Steckertypen. (Bild: Medienakademie)

Der Markt der elektrischen Motorfahrzeuge ist klein, die Nachfrage gering. In den Kantonen Luzern und Zug sind nur etwas mehr als 500 Fahrzeuge unterwegs. Besonders an der Reichweite der mit Batterien funktionierenden Elektroautos bestehen Zweifel. Mit neuen Ladestationen wollen lokale Anbieter diese bekämpfen. Verdienen können sie daran nichts.

«Die Elektromobilität entwickelte sich in den letzten Jahren positiv», lautet die Bilanz von Philipp Walser, Leiter Fachstelle Elektrofahrzeuge beim Verband e’mobile. Diese Aussage täuscht, denn Elektroautos sind nicht weit verbreitet. Auch auf den Zentralschweizer Strassen gibt es erst wenige Autos, Busse und Lastwagen mit elektrischem Antrieb. Im Kanton Luzern sind es rund 370, im Kanton Zug ungefähr 170. Tatsächlich hat die Zahl der Motorfahrzeuge in den beiden Kantonen seit 2010 aber zugenommen – in Luzern und Zug zusammen um durchschnittlich 70 Fahrzeuge pro Jahr (siehe Box).

Viel schneller verbreiteten sich E-Bikes und E-Scooter. Besonders die Verkaufszahlen der E-Bikes sind gemäss dem VCS seit 2005 regelrecht explodiert. Der Grund: E-Bikes schliessen eine Angebotslücke. Weiter entfernte Ziele sind in kürzerer Zeit zu erreichen als mit herkömmlichen Velos. E-Bikes stellen deshalb eine Alternative für Strecken dar, die sonst etwas zu lang oder mit dem ÖV beschwerlich wären.

34 Ladestationen in den Kantonen Luzern und Zug

«Aufgetankt» wird beispielsweise an öffentlichen Ladestationen. «LEMnet», ein Verein zur Information über die Infrastruktur für Elektrofahrzeuge, bietet dazu einen europaweiten Überblick. Bereits auf den ersten Blick zeigt sich: Das Netz öffentlicher Ladestationen in der Zentralschweiz ist löchrig. Auf die Kantone Luzern und Zug verteilen sich 34 Standorte. Alleine in den Stadtregionen Bern und Zürich gibt es ähnlich viele Standorte.

Eine Promille aller Motorfahrzeuge

In der Zentralschweiz sind rund 573'000 Motorfahrzeuge unterwegs. Auf den Kanton Luzern entfällt gut die Hälfte (272'000 Motorfahrzeuge). Im Kanton Zug sind rund 91'000 Motorfahrzeuge zugelassen. Der Gesamtbestand der Strassenfahrzeuge ist im letzten Jahr einmal mehr gestiegen, jedoch nicht so stark wie im Rekordjahr 2012.

Einerseits besteht ein Trend hin zu Dieselmotoren. Andererseits kaufen Lenker immer häufiger Hybrid- und Elektroautos. Allerdings sind diese Zahlen sehr klein.

2013 wurden in Luzern und Zug etwa 80 elektrisch betriebene Motorfahrzeuge mehr registriert als im Vorjahr. Lediglich eine Promille aller Motorfahrzeuge werden in den Kantonen Luzern und Zug also elektrisch angetrieben. Das Bundesamt für Statistik zählte per Ende September 2013 in Luzern 374 und in Zug 169 entsprechende Fahrzeuge.

Besonders seit 2010 nimmt die Zahl der mit Strom angetriebenen Motorfahrzeuge in den beiden Zentralschweizer Kantonen stärker zu. Am verbreitetsten sind Personenwagen und Motorräder. Die Elektrovelos sind in dieser Statistik nicht aufgeführt. Gemäss Velosuisse, dem Verband der Schweizer Fahrradlieferanten, wurden alleine im Jahr 2012 jedoch schweizweit über 50'000 E-Bikes verkauft.

(Quelle: Bundesamt für Statistik)

Die Netzdichte kritisiert auch Manfred Josef Pauli von der Mobilitätsakademie, einer Denkfabrik und Tochtergesellschaft des Touring Clubs Schweiz (TCS): «Das Netz öffentlicher Ladestationen ist derzeit noch gering und besteht vor allem aus Insellösungen.» Zusammenhängende Angebote befinden sich erst im Aufbau. Angestrebt wird zum Beispiel ein flächendeckendes Netz mit Schnellladestationen. 12 wurden national bisher gebaut – keine in der Zentralschweiz.

Geringer Bedarf an öffentlichen Ladestationen

«Die Anzahl der öffentlich vorhandenen Ladestationen steht im Verhältnis zur Anzahl elektrisch angetriebener Motorfahrzeuge», entgegnet Philipp Walser von e’mobile. 80 Prozent würden ihr Fahrzeug sowieso zu Hause oder am Arbeitsplatz aufladen, ergänzt er. Manfred Josef Pauli spricht sogar von 90 Prozent. Braucht es also gar kein dichtes Netz öffentlicher Ladestationen?

Verschiedene Akteure, darunter besonders Energieversorger, installieren dennoch öffentliche Ladestationen – im Kanton Luzern beispielsweise die Centralschweizerische Kraftwerke AG (CKW). Die Betreiber der Stromtankstellen, zu denen neben Energieversorgern auch Restaurants und Private zählen, berufen sich darauf, dass Autofahrer zuerst die Sicherheit brauchten, ohne Zwischenfälle von A nach B zu kommen. Simona Gambini von der CKW sagt diesbezüglich: «Wir können bestätigen, dass Anfragen zu Standorten regelmässig bei uns eintreffen und die CKW deshalb bestrebt ist, entsprechend Lademöglichkeiten anzubieten.» Jetzt sei deshalb der richtige Zeitpunkt für Vorinvestitionen, sagt sie.

Neben Testfahrten mit Elektroautos an Messen dienen auch die Ladestationen dazu, die Bevölkerung mit der Elektromobilität zu konfrontieren und Aufklärungsarbeit zu leisten. Aus diesem Grund realisiert die CKW ihre Stromtankstellen an stark frequentierten Standorten wie dem «Pilatusmarkt» in Kriens oder dem «Emmen Center». 

«Es ist uns noch nicht gelungen, die Kaufbereitschaft bei elektrischen Motorfahrzeugen deutlich zu erhöhen.»

Manfred Josef Pauli, Mobilitätsakademie

Manfred Josef Pauli bestätigt den Nachholbedarf bei der Vermarktung der Elektromobilität: «Es ist uns noch nicht gelungen, die Kaufbereitschaft bei elektrischen Motorfahrzeugen deutlich zu erhöhen.» Das hat verschiedene Gründe. Erstens sind Elektroautos noch immer teurer. Zweitens scheint der Umstieg aufgrund mangelnder Reichweite der Batterien von Elektroautos vielen Lenkern zu riskant. Elektroautos seien für Kurzstrecken, besonders für den Stadtverkehr, und für Pendler geeignet, sagt Philipp Walser ergänzend.

Hype bisher ausgeblieben

Geld lässt sich mit den Stromtankstellen noch nicht verdienen. «Der Betrieb einer öffentlichen Ladestation lohnt sich finanziell oft nicht. Die Anfangsinvestitionen sind sehr hoch», sagt Philipp Walser. Dazu komme die «teure» Anschaffung des Abrechnungssystems. «Für die meisten Betreiber ist es kein Business, sondern ein Service», so Walser.

Dies bestätigt Simona Gambini von der CKW: «Der Betrieb von öffentlichen Ladestationen ist bei weitem kein lohnendes Geschäft. Die Nachfrage steigt auf tiefem Niveau.» Dennoch investiert die CKW in die Infrastruktur für umweltfreundlich angetriebene Motorfahrzeuge.

Die CKW hat erst kürzlich im «Emmen Center» eine neue Ladestation installiert. Auch bei den Stromtankstellen beim «Pilatusmarkt» in Kriens sowie beim Paraplegiker-Zentrum in Nottwil und an der Autobahnraststätte Neuenkirch ist sie aber auf interessierte Partner angewiesen. Die CKW stellt lediglich die Ladestationen zur Verfügung. Bezahlt wird an den Stromtankstellen per SMS. Diese Form der Abrechnung hat bei der CKW zu vielen Anfragen interessierter Partner geführt. Gerade die Abrechnungssysteme trieben die Investitionen in Ladestationen früher in die Höhe.

Die CKW verfügt an sieben Standorten im Kanton Luzern über Stromtankstellen. ( 2013 CKW)

Die CKW verfügt an sieben Standorten im Kanton Luzern über Stromtankstellen. ( 2013 CKW)

(Bild: ckw)

Trotz Hindernissen wie hohe Anschaffungskosten, zu geringe Reichweite und wenig öffentliche Ladestationen, glaubt die CKW an die Elektromobilität. Obwohl der Hype bisher ausgeblieben ist, verspricht sich die CKW vom Angebot der Stromtankstellen ein zukünftiges Geschäftsfeld, so Simona Gambini. Ob sich die Elektromobilität durchsetze, hänge von vielen Faktoren ab. Als Stromversorger leiste die CKW einen Beitrag zur nachhaltigen Mobilität in Form von Investitionen in Infrastruktur und erneuerbare Energien, meint Gambini. Denn: Auch der für den elektrischen Antrieb benötigte Strom müsse aus erneuerbaren Quellen wie Wasser, Wind oder Sonne gewonnen werden, damit Elektrofahrzeuge wirklich umweltfreundlich seien.

Zurückhaltung bei ewl und WWZ

Im Gegensatz zur CKW ist bei «ewl energie wasser luzern» die Elektromobilität «bis jetzt noch kein grosses Thema», wie Sprecherin Florine Schmidt sagt. ewl sei jedoch im Begriff, eine Strategie zur Elektromobilität zu erarbeiten. Lediglich eine öffentliche Ladestation beim Verkehrshaus der Schweiz wird von ewl betrieben.

Die Wasserwerke Zug (WWZ) betreiben gar keine öffentliche Ladestation. Für die Mitarbeiter stehen allerdings E-Bikes und Elektroautos für dienstliche Zwecke bereit. Robert Watts, Leiter Kommunikation, sagt: «Im Alltagseinsatz bestätigt sich die beschränkte Reichweite von Elektrofahrzeugen.» Die WWZ setzt deshalb stärker auf Erdgas- und Biogasfahrzeuge.

Vermehrt bieten auch Private öffentliche Ladestationen an. Das Restaurant Chlöpfen in Eschenbach verfügt zum Beispiel über acht Anschlüsse für Elektroautos, Elektroscooter und Elektrovelos. «Das ist ein Service für die Gäste und wird von diesen geschätzt», sagt Vital Burger vom «Chlöpfen». Finanziell springe dabei aber auch für ihn nichts heraus.

Stromtankstellen zur «psychologischen Beruhigung»

Bis zur flächendeckenden Nutzung, dem grossen Ziel am Ende des Tunnels, ist es noch ein weiter Weg. Philipp Walser vom Verband e’mobile sagt: «Die Verkaufspreise der Elektrofahrzeuge sind in den letzten zwei Jahren gefallen und es gibt neue Verkaufskonzepte wie beispielsweise das Batterie-Leasing.» Damit würden die Anschaffungskosten vergleichbarer mit denen von herkömmlichen Fahrzeugen.

Die Leute seien oft nicht bereit, für ein Elektrofahrzeug viel mehr zu bezahlen als für ihr bisheriges Verkehrsmittel. Walser weist allerdings darauf hin, dass ein Elektroauto heute bereits ab 10’000 gefahrenen Kilometern pro Jahr günstiger sei als ein Auto mit herkömmlichem Antrieb. Diese Angabe sei verlässlich, da aktuell zwischen 50 und 80 Prozent der Elektrofahrzeuge von Firmen benutzt würden, die ihre Fahrzeugkosten genau unter die Lupe nehmen würden.

Gemäss Manfred Josef Pauli von der Mobilitätsakademie braucht es einen Ausbau von Ladestationen an Arbeitsplätzen, um der flächendeckenden Nutzung ein Stück näher zu kommen. Daneben bedürfe es aber auch einer stärkeren Präsenz von Elektroautos in der Öffentlichkeit und des Aufbaus eines Schellladenetzes zur «psychologischen Beruhigung bestimmter Kundensegmente».

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1 Kommentar
  • Profilfoto von AQQU
    AQQU, 20.02.2014, 09:05 Uhr

    ° Die WWZ setzt deshalb stärker auf Erdgas- und Biogasfahrzeuge

    –> Die WWZ setzt deshalb stärker auf gasbetriebene Fahrzeuge da sie für einen nicht geringen sechstelligen Betrag eine Gastankstelle in Zug errichtet haben. Beim Kauf von erdgasbetriebenen Fahrzeugen bekommen Kunden einen moderaten Zustopf von der WWZ, während Elektrofahrzeugkäufer leer ausgehen – obwohl diese ebenfalls auf WWZ-«Most» angewiesen sind.

    Das die Reichweite für elektrisch betriebene (Flotten-)Fahrzeuge reicht, zeigen mehrere Studien. Insbesondere, wenn die Fahrzeuge in kurzer Zeit wieder auf 80% aufgeladen werden können. Die gefühlte Dichte von gewerblichen Elektrofahrzeugen in Zug ist meines Erachtens sogar ziemlich gross. Ich kenne allerdings keinen Versorger der eine ähnliche Ignoranz gegenüber Elektromobilität aufweist, wie die lokale WWZ. Nur gut das meine elektrischen Fahrten von Zug ausgehen, so dass ich das Ladeangebot von anderen Energie-Versorgern/Dienstleistern am Zielort nutzen kann.

    ° 80-90 Prozent würden ihr Fahrzeug sowieso zu Hause oder am Arbeitsplatz aufladen

    –> Es bleibt einen ja auch nichts anderes übrig. «Zu Hause» ist allerdings so einfach nicht. Es gibt kein Recht auf Steckdose. Wohl dem der im eigenen Haus wohnt. Viel Spass und Glück eine Drehstromdose in der Autoeinstellanlage einer Überbauung genehmigt und installiert zu bekommen.

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