Schär Sport schliesst nach 40 Jahren

Zeichen der Zeit verpasst – nun geht ein Stück Sursee verloren

Werni Schär mit seinem Sohn Nicky, der zwar im Laden mitarbeitete, aber das Geschäft seines Vaters nicht weiterführen wird.

(Bild: esa)

Mit Werni Schär verabschiedet sich ein Urgestein des lokalen Sporthandels in den Ruhestand. Auch wenn der grosse Förderer des Luzerner Breitensports nun loslassen kann: Der Abschied von Schär Sport macht dem Surseer zu schaffen – auch weil er Fehler gemacht habe.

Werni Schärs Sportgeschäft lag jahrzehntelang im Herzen der Stadt Sursee. Es war nicht nur ein Laden, sondern eine sportliche Ader der Region. Als Sponsor von Ballspielvereinen und Grossanlässen, als Gönner von sozialen Einrichtungen und Veranstalter von Schneesport-Kursen, war Schär Sport weitherum bekannt – von Willisau bis Luzern, von Hochdorf bis nach Zell. Im Frühling letzten Jahres lief der Mietvertrag für den Laden aus.

Provisorium als Anfang vom Ende

Bis April letzten Jahres war Schär Sport zur Miete an bester Lage. Als keine finanzierbare Alternative im Städtli gefunden werden konnte, zog das Geschäft in den Süden Sursees. Es sollte nur temporär sein, doch es war der Anfang vom Ende. «Ich habe es verpasst, der nächsten Generation einen Einstieg zu ermöglichen», bedauert Schär. Gerne hätte er seine Söhne mit einem bedeutenden Startkapital unterstützt.

Doch die Aussichten wurden immer düsterer und mittlerweile hat sich die Entscheidung durchgesetzt, das Mischwarengeschäft nach 40 Jahren endgültig zu schliessen. «Mit Schär Sport geht ein Stück Sursee verloren», sagt Werni Schär, der mit dem Abschied mittlerweile im Reinen ist. Doch dafür brauchte er Zeit – und einen Schock.

Stress und Abschiedsschmerz

Die Einsicht, dass es im angestammten Ladenlokal nicht mehr weitergeht, bescherte Werni Schär Druck in der Brust. Er war überlastet, hatte zu viel Betrieb im Kopf und zu wenig Schlaf in den Beinen. «Der Gedanke, die wunderbaren Kundenbegegnungen nicht mehr zu erleben, hat weh getan.» Der Stress und der Abschiedsschmerz wurden zu viel – Herzinfarkt, Operation.

Der joviale Werni Schär ist für seine frechen Sprüche bekannt. «Wenn ich einmal nichts sagte, fragten mich die Leute: ‹Werni, bist du krank?›»

Der joviale Werni Schär ist für seine frechen Sprüche bekannt. «Wenn ich einmal nichts sagte, fragten mich die Leute: ‹Werni, bist du krank?›»

(Bild: esa)

Mittlerweile sieht er es als positives Zeichen. «Ich bin mit jedem Tag wieder glücklicher.» Vor allem seine Frau und Kinder sind froh, dass er den Schnitt wagt. Lange hielt er ein Ende für unmöglich, doch letztendlich öffnete ihm die finanzielle Realität die Augen. «Meine Söhne sollen wirtschaftlich arbeiten können und mit dieser Warengruppe war das nicht mehr möglich.»

Wandel im Handel

Als Werni Schär vor rund 50 Jahren Verkäufer wurde, gab es in der Gegend kein Sportfachgeschäft – nur Abteilungen im Eisenwaren- oder Lederladen. Seit der Gründung vor 40 Jahren ist Schär Sport auf Fussball und Ski spezialisiert – und es kamen immer mehr Sparten dazu. «Wir waren ein Mischwarengeschäft, wie es im Buche steht», erzählt er mit leuchtenden Augen.

«Wir verdienten Geld wie Heu!»

In den besten Jahren arbeiteten 16 Angestellte für ihn. Doch obwohl Werni Schär selbst von einer Spezialisierungswelle profitierte, traf ihn die nächste unvorbereitet. Vor der grossen Marktöffnung, und bevor Internet und Outlets mit tiefen Preisen die Branche durcheinanderwirbelten, lief sein Geschäft am besten Platz von Sursee blendend. «Wir verdienten Geld wie Heu!»

Abschied mit leichtem Herzen

Werni Schär wurde am 4. Januar 1950 als Bauernsohn geboren und wuchs im Willihof in Dubenmoos und später in Triengen auf. Durch seine Sporttotto spielende Grossmutter entdeckte er seine Faszination für Sport. In den 1970er-Jahren lernte er Verkäufer und gründete 1979 Schär Sport mitten im Surseer Städtli. Werni Schär ist verheiratet, sechsfacher Vater von je drei Söhnen und Töchtern und Grossvater von acht Enkelkindern. Nach 40 Jahren, und just einen Monat nach dem Geschäftsende seiner Tochter Corinne (zentralplus berichtete), liquidiert Werni Schär Ende Mai mit leichtem Herzen den lange lukrativen Mischwarenladen. Den Geschäftsstress könne er gut hinter sich lassen, «aber eine Tonne zu verkaufen, werde ich vermissen». Er freue sich nun darauf, seinen Hobbys wie Klettern, Tennisspielen und Velofahren dann zu fröhnen, wann er möchte.

Dennoch seien die Zeichen des Wandels im Detailhandel spürbar gewesen, «aber ich habe sie verpasst». Das Argument, wonach der Druck auf seine Branche an einem Überangebot liege, lässt er nicht gelten. «Früher gab es ein Paar Turnschuhe für fünf Kinder. Heute hat ein Haushalt 20 Paare.» Gleichwohl räumt Schär ein, «zu lange auf dem hohen Ross geritten» zu sein. Unachtsamer Einkauf führte zu überdimensionierten Warenlagern. Und, dass ihm ein Otto’s Outlet mal eine halbe Million Franken Umsatz wegnehmen könnte, «wollte ich nicht wahrhaben».

Wehmut und Stolz

Werni Schärs Stolz machte es ihm schwer, langjährige Angestellte zu entlassen. «2011/12 spürten wir die ersten Verluste. Danach ging es rasant.» Der Mietzins im Städtli stieg in der ganzen Zeit nie an – doch der Umsatz und die Margen brachen ein. Einem Vertreiber von Turnschuhen – «heute das Zugpferd jedes Sportgeschäftes» – habe er abgesagt, weil ihm der Schuh keinen Eindruck machte und orthopädisch problematisch gewesen sei. «Was mir nicht in den Kopf wollte, habe ich abgelehnt.»

39 Jahre lang lag «Schär Sport» an der Suhre mitten im Surseer Städtli. Sein letztes Jahr verbrachte der Laden an der Merkurstrasse 13 im südlichen Industrie-und Wohnquartier.

39 Jahre lang lag «Schär Sport» an der Suhre mitten im Surseer Städtli. Sein letztes Jahr verbrachte der Laden an der Merkurstrasse 13 im südlichen Industrie-und Wohnquartier.

(Bild: esa)

Auch den Rat seiner Frau, für das Sportgeschäft in Eigentum zu investieren, hat er nicht befolgt. Mittlerweile aber hat Werni Schär mit all diesen Ereignissen abgeschlossen. «Ich kann mit Wehmut und Stolz zurückblicken.» Es gebe Stammkunden, «die noch ein letztes Mal kommen, um die Ambiance zu spüren». Viele fänden es schade und seien enttäuscht. In einem Brief schrieb ihm einer: «Schär Sport ist ein Teil Sursees und wird der Stadt fehlen.»

Institution einer Region

Durch seine Verankerung in der Region war Schär Sport eine Institution. «Wir hatten eine eigene Snowboard- und Ski-Schule, waren von 1993 bis 1995 Hauptsponsor des FCL-Hallenturniers», erzählt Werni Schär von den guten Zeiten. Insgesamt sponserte er rund 80 Vereine, und half finanziell Schwächeren, an Skilagern teilzunehmen. Einmal spielte er sogar mit dem Gedanken, sein Geschäft nach Geuensee zu verlegen. Aber die Stadt hielt ihn an zu bleiben. «Du gehörst hierhin nach Sursee», habe man ihm gesagt.

«Am liebsten bin ich zwischen Dubenmoss, Triengen und Sursee.» 

Seine neue Freizeit will Werni Schär vor allem seiner Familie widmen. Mit seinen Enkelkindern will er Bäche stauen, Zelte bauen und ihnen umgedichtete Geschichten erzählen. Und seine Frau will mit ihm mehrere Monate verreisen. Jedoch sei das Meer für ihn überall gleich. «Am liebsten bin ich zwischen Dubenmoss, Triengen und Sursee», grinst Werni Schär.

Und wenn man ihn so erzählen hört, kann man gut verstehen, dass Leute sagen, ohne Schär Sport werde etwas fehlen.

Werni Schär bedient eine Kundin, die in der Regel seine lockere Art schätzen.

Werni Schär bedient eine Kundin, die in der Regel seine lockere Art schätzen.

(Bild: esa)

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