Zusammenarbeit steht auf wackligen Beinen

Trotz möglicher Schliessung: Zuger Kantonsspital rückt näher an Affoltern

Im Zuger Kantonsspital könnten bald vermehrt Hüft- und Knieprothesen implantiert werden.

(Bild: zvg)

Das Zuger Kantonsspital und das Spital Affoltern wollen enger zusammenarbeiten. Unter anderem sollen Säuliämtler in Zukunft für Kaiserschnitte und Hüftprothesen nach Baar kommen. Aus Sicht der Zuger gibt es jedoch einen Haken: Die Zukunft des Krankenhauses in Affoltern ist mehr als ungewiss.

Der 19. Mai wird für das Spital Affoltern zum Schicksalstag. Unter anderem können die Stimmberechtigten an diesem Tag darüber entscheiden, ob das öffentliche Säuliämtler Spital in eine gemeinnützige AG umgewandelt und der Zweckverband aufgelöst werden soll (zentralplus berichtete).

Das Spital befindet sich in den Händen von 14 Gemeinden. Diese dürfen sich an der Abstimmung beteiligen. Pikant: Jeweils sieben Gemeindeexekutiven empfehlen ihren Stimmbürgern ein Ja, respektive ein Nein in die Urne zu legen.

«Unser Spital benötigt neben den eigenen Leistungen die Unterstützung von starken Partnern.»

Michael Buik, Direktor Spital Affoltern

Diejenigen Gemeinden, welche Ja stimmen, müssen zusammen mindestens 75 Prozent des Spitals besitzen. Denn nicht jede Gemeinde hat einen gleich grossen Anteil am Spital. Werden die 75 Prozent nicht erreicht, könnte die Abstimmung das Ende des Spitals in Affoltern bedeuten.

Die Anspannung bei den Beteiligten ist gross. Vertreter der Betriebskommission des Spitals und Politiker der betroffenen Gemeinden deckten sich in einer Schlammschlacht in den letzten Wochen gegenseitig mit Vorwürfen ein.

Spital Affoltern ist auf Unterstützung angewiesen

Just in diesen unruhigen Zeiten kündigte das Spital Affoltern nun an, die Zusammenarbeit mit dem Zuger Kantonsspital intensivieren zu wollen. Die beiden Spitaldirektoren Michael Buik (Spital Affoltern) und Matthias Winistörfer (Zuger Kantonsspital) haben zu diesem Zweck eine Absichtserklärung unterzeichnet.

Buik begründet die Gedanken hinter dieser verstärkten Zusammenarbeit folgendermassen: «Unser Spital bekennt sich zu einer wohnortnahen Grundversorgung im Bezirk Affoltern und benötigt neben den eigenen Leistungen die Unterstützung von starken Partnern, die spezialisierte Medizin betreiben.»

Affoltemer Ärzte arbeiten in Baar

Das Zusammenrücken kommt nicht von ungefähr. Die beiden Spitäler arbeiten seit 2012 zusammen. Der Kanton Zug hat damals dem Spital Affoltern einen Leistungsauftrag in der Palliativ Care erteilt.

Zudem besteht seit Anfang dieses Jahres eine Zusammenarbeit des Zuger Kantonsspitals mit der Akutgeriatrie, also der Altersmedizin des Spitals Affoltern. Konkret bedeutet dies, dass Affoltemer Fachärzte seit diesem Jahr an mehreren Tagen pro Woche in Baar tätig sind.

Matthias Winistörfer ist seit 2010 Spitaldirektor in Baar.

Matthias Winistörfer ist seit 2010 Spitaldirektor in Baar.

(Bild: zvg)

Nun soll also die Zusammenarbeit ausgeweitet werden. «Welche weiteren Bereiche wie und wann dazukommen, werden wir gemeinsam mit den Spitälern Affoltern sowie Triemli und Waid in Zürich erarbeiten», sagt Matthias Winistörfer.

Frühestens Ende Sommer geht es los

Bis wann das fixe Konzept stehen wird, ist noch unklar. «Die Umsetzung des ersten Teilschritts ist für Mitte Jahr geplant. Die weiteren Schritte hängen von den allgemeinen Rahmenbedingungen ab», sagt Buik. Die Umsetzung soll laut Winistörfer dann schrittweise erfolgen. «Erste konkrete Angebote werden frühestens Ende Sommer umgesetzt», so der Spitaldirektor, welcher sein Amt seit 2010 innehat.

Laut Winistörfer ist angedacht, dass der Austausch gegenseitig sein wird, sprich, auch Zuger Ärzte in Affoltern präsent sein werden. Auswirkungen auf den Personalbestand des Zuger Kantonsspitals werde die vertiefte Zusammenarbeit nicht haben, so der gebürtige Solothurner. Genauso wenig müsse das Personal zusätzlich geschult werden.

Das Bezirksspital in Affoltern am Albis ist das kleinste öffentliche Krankenhaus im Kanton Zürich.

Das Bezirksspital in Affoltern am Albis ist das kleinste öffentliche Krankenhaus im Kanton Zürich.

(Bild: zvg)

Für die Patienten im Zuger Kantonsspital wird sich vorerst nicht viel ändern, wie Matthias Winistörfer erläutert. «Das bisherige Leistungsangebot hier in Baar wird unverändert weitergeführt.» Nur eben, dass bei geriatrischen Fragen bei Bedarf nun die vor Ort tätigen Fachärzte des Spitals Affoltern für eine Beurteilung zugezogen werden können.

Bald für den Kaiserschnitt nach Baar?

Auf das Zuger Kantonsspital selbst könnten allerdings schon bald weitere Änderungen zukommen, wie Winistörfer verrät. Denn das Spital Affoltern rechne aktuell damit, dass dort ab Anfang 2020 keine Hüft- und Knieprothesen mehr implantiert werden können.

Zudem beabsichtige das kleinste öffentliche Spital im Kanton Zürich, ab 2022 neu ein Geburtshaus zu betreiben und auf den bisherigen Leistungsauftrag für Geburtshilfe zu verzichten. Buik ergänzt, dass voraussichtliche Risikogeburten künftig nicht mehr in Affoltern stattfinden. Gleiches gelte für den geplanten Kaiserschnitt zum Geburtstermin.

Das Zuger Kantonsspital – weit vernetzt

Das Zuger Kantonsspital arbeitet nicht bloss mit dem Spital Affoltern zusammen, sondern unter anderem auch mit dem Stadtspital Triemli und dem Universitätsspital in Zürich, dem Kantonsspital Aarau und dem Luzerner Kantonsspital, was die Radio-Onkologie anbelangt.

«Der Kanton Zug hat mit der aktuellen Spitalliste Leistungsaufträge an mehrere ausserkantonale Spitäler vergeben. Eine Zusammenarbeit mit diesen Spitälern ist für uns im Interesse der bestmöglichen Patientenversorgung unabdingbar», erklärt Matthias Winistörfer die Hintergedanken, weshalb man gleich mit mehreren Spitälern zusammenarbeitet.

«Wir gehen davon aus, dass als direkte Folge davon zukünftig Hüft- und Knieprothesen sowie Geburten im Stadtspital Triemli und Waid Zürich, beziehungsweise im Zuger Kantonsspital betreut werden», sagt Winistörfer.

Affoltern steht nicht alleine da

Dass die Säuliämtler künftig vermehrt nach Baar oder Zürich müssen, reiht sich in die aktuelle Spitaldiskussion ein, ob komplexere Eingriffe für kleinere Einrichtungen überhaupt noch rentabel sind. Gerade auch das Spital in Affoltern hat mit hohen Kosten und überholter Infrastruktur zu kämpfen.

Damit steht es nicht alleine da. Auch in Basel lief eine hitzige Debatte um eine Fusion zwischen dem Unispital Basel und dem Kantonsspital Baselland. Unter anderem ging es um abnehmende Fallzahlen in Baselland und die Kostenfrage. Die Bevölkerung aus dem städtischen Halbkanton schickte die Pläne im Februar an der Urne jedoch bachab.

Was passiert bei einer Niederlage?

Bis dahin gilt es für das Spital Affoltern mit seinen rund 700 Mitarbeitern erst einmal die Abstimmung am 19. Mai zu überstehen. Ist die vertiefte Zusammenarbeit in Anbetracht der unsicheren Zukunft des Affoltemer Spitals für das Zuger Kantonsspital also nicht auch mit einem gewissen Risiko verbunden?

Winistörfer sagt: «Unabhängig vom Ausgang der Abstimmung besteht seitens der Spitäler Triemli, Waid und Zuger Kantonsspital das gemeinsame Interesse, die Gesundheitsversorgung der Region Affoltern zu unterstützen.»

Michael Buik auf der anderen Seite gibt sich kämpferisch. Sollte die Abstimmung nicht das gewünschte Ergebnis bringen, müssten eben andere Lösungskonzepte erarbeitet werden. «Unsere Partner in Zürich und Zug – so haben ich beide bis heute verstanden – hätten auch dann grosses Interesse, uns weiterhin zu unterstützen.»

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