Reinigungspersonal bei Auslagerung unter Druck

Billiger putzen – aber nicht auf dem Buckel der Luzerner Angestellten?

Putzfrau bei der Arbeit. (Bild: Symbolbild zvg)

Der Kanton will die Reinigungsarbeit von Kantonsschulen und Regierungsgebäuden auslagern, um Kosten zu sparen. Anfänglich heisst es: Dasselbe Personal, dieselben Konditionen – doch nach drei Jahren ist Schluss.

 

Ein Angestellter fährt auf seinem Reinigungsfahrzeug stehend durch die leeren Gänge der Kanti Alpenquai. Es ist still – mit Ausnahme des Brummens des Geräts.

Es ist eine Szene der Luzerner Tiefsteuer-Doku, in der Aldo Magno, Dienststellenleiter Gymnasialbildung des Kantons Luzern, starke Zweifel hegt (zentralplus berichtete). Die kantonalen Sparmassnahmen machen auch vor den Reinigungsarbeiten in Kantonsschulen, Berufsbildungszentren und Regierungsgebäuden keinen Halt. Die Tage, an denen der Reinigungsangestellte der Kanti Alpenquai noch vom Kanton angestellt ist und bessere Arbeitsbedingungen kennt, dürften bald gezählt sein.

Der Kanton hat die Auslagerung der Hausreinigung überprüft und beschlossen. Im aktuellen Kantonsblatt findet sich die entsprechende Ausschreibung der Dienststelle Immobilien. Und diese macht stutzig.

Dasselbe Personal, dieselben Konditionen – nur günstiger

In der Ausschreibung des Kantons heisst es: «[…] unter der Voraussetzung, dass die Leistungserbringung wirtschaftlich günstiger erbracht wird. […] Da diese Objekte bisher durch kantonseigenes Reinigungspersonal gereinigt werden, besteht für den neuen Dienstleister die Pflicht, das bestehende Reinigungspersonal zu übernehmen und zu den aktuellen Konditionen weiterzubeschäftigen.»

Die Luzerner Kantonsschulen sollen demnach günstiger geputzt werden – aber nicht auf dem Buckel des Personals. Wie soll das gehen?

Alles eine Ausrede?

«Damit will sich die Regierung bloss reinwaschen», sagt Urban Sager, Präsident des Verbands des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) Luzern und SP-Kantonsrat. «Gerade in personalaufwendigen Bereichen wie in der Reinigung, in denen man wenig automatisieren kann, werden Spareffekte fast ausschliesslich durch schlechtere Anstellungsbedingungen erwirkt», fährt Sager fort.

«Ich gehe davon aus, dass der Kanton schon so vernünftig war und das Putzmittel mit der besten Preis-Leistung angeschafft hat.»

Urban Sager, Präsident VPOD Luzern

Für ihn liegt es auf der Hand, dass der Kanton kaum lange zwei Klassen von Beschäftigten anstellen wird. Weil der Kanton als öffentlicher Arbeitgeber eine soziale Verantwortung habe und nicht einfach nach Marktlogik funktionieren sollte, hätten Angestellte des Kantons oftmals bessere Arbeitsbedingungen als jene von externen Reinigungsfirmen.

Dennoch hält Sager fest: «Dank des vom VPOD erkämpften Gesamtarbeitvertrags für die Reinigungsbranche konnten die wildesten Auswüchse von Lohndumping verhindert werden.» Der Kanton werde wohl eher beim Entlöhnen des Personals als beim Kaufen des Putzmittels den Rotstift ansetzen. «Ich gehe davon aus, dass der Kanton schon so vernünftig war und das Putzmittel mit der besten Preis-Leistung angeschafft hat», so Sager.

Nach drei Jahren wurde der Lohn gekürzt

Während die Auslagerung auf linker Seite kritisiert wird, wird diese auf bürgerlicher Seite gutgeheissen: «Selbstverständlich begrüsse ich die Vergabe von Aufgaben an die Privatwirtschaft, die nichts mit dem Kerngeschäft der öffentlichen Verwaltung zu tun haben», sagt etwa FDP-Kantonsrat Damian Hunkeler.

Die Geschichte erinnert dennoch an diejenige von 2015. Damals hat der Kanton die Mensen der hiesigen Gymnasien an die SV Schweiz AG ausgelagert. Allen betroffenen Mitarbeitern wurde eine Anstellung beim externen Dienstleister angeboten.

Das Ganze wurde jedoch mit einem grossen Aber untermauert. Nach Ablauf einer dreijährigen Übergangsfrist hiess es: Änderungskündigungen und tiefere Löhne. Lehnte ein Mitarbeiter den Vertrag ab, erfolgte die Kündigung (zentralplus berichtete).

Auch hier gilt: Dreijährige Übergangsfrist

Sager befürchtet, dass sich dasselbe nun wiederhole. Auf die Frage, wo der Kanton denn sparen möchte, wenn nicht beim Personal, antwortet dieser: «Die Pflicht zur Weiterbeschäftigung besteht während dreier Jahre ab Mandatsbeginn. In dieser Zeit sind die übernommenen Reinigungsmitarbeiter durch die Reinigungsdienstleister zu den aktuellen Löhnen anzustellen.» Und weiter: «Nach Ablauf der drei Jahre können die Reinigungsdienstleister die Anstellungsbedingungen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten sowie des geltenden Gesamtarbeitsvertrages anpassen.»

«Ob und in welchem Umfang es zu einer Lohnsenkung kommt, kann zum heutigen Zeitpunkt nicht gesagt werden.»

Der Kanton

Der Kanton hält sich mit seinen Aussagen bedeckt. Da die Offerten der Reinigungsdienstleister noch nicht vorliegen, könne er sich weder zum Sparpotenzial noch zu allfällig erfolgenden Veränderungen der Anstellungsbedingungen äussern. Auch, was Lohnkürzungen betrifft: «Ob und in welchem Umfang es zu einer Lohnsenkung kommt, kann zum heutigen Zeitpunkt nicht gesagt werden.» Betroffen seien rund 100 Reinigungsmitarbeiter.

Hüllt sich der Kanton in einen Deckmantel?

«Der Regierungsrat rühmte sich bei den Mensas, dass das Personal zu denselben Anstellungsbedingungen weiterarbeiten konnte», kritisiert Urban Sager. Dass dies nur für drei Jahre galt und es danach zu deutlichen Verschlechterungen gekommen ist, habe er verschwiegen. «Anscheinend tut er das nun wiederum. Das ist vor allem gegenüber den Angestellten nicht ehrlich.»

«Der Kanton stiehlt sich aus seiner sozialen Verantwortung»

Urban Sager befürchtet, dass das Reinigungspersonal von hiesigen Kantonsschulen künftig mit schlechteren Arbeitsbedingungen rechnen muss. «Es ist davon auszugehen, dass das nur noch das gesetzliche Minimum respektive die Vorgaben des Gesamtarbeitvertrages geboten werden.» Sowohl bei Ferien, Arbeitsunfähigkeit infolge von Krankheit und beim Kündigungsschutz könne es zu entsprechenden Verschlechterungen kommen. Der Kanton seinerseits antwortet darauf nur: «Unsererseits sehen wir keinen Anlass, hierzu Stellung zu nehmen.»

Auch FDP-Kantonsrat Hunkeler möchte dies nicht weiter kommentieren, da in der Ausschreibung nichts von einer dreijährigen Begrenzung, nach der die Anstellungsbedingungen angepasst werden dürfen, steht.

Sager stört sich zudem, dass mit der Auslagerung «einmal mehr» tiefqualifizierte Arbeit nicht mehr unters kantonale Personalgesetz gestellt werde. «Der Kanton stiehlt sich damit aus seiner sozialen Verantwortung», so die Worte Sagers. «Wenn das so weitergeht, arbeiten nur noch Hochqualifizierte beim Kanton und alles andere wird billig eingekauft.»

Urban Sager, SP-Kantonsrat und Präsident des VPOD Luzern (links) und Damian Hunkeler, FDP-Kantonsrat (rechts).
Urban Sager, SP-Kantonsrat und Präsident des VPOD Luzern (links) und Damian Hunkeler, FDP-Kantonsrat (rechts).

(Bild: zvg)

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