Warum Zug als Unternehmensstandort schnell wächst

«Der Zuger Boom liegt an den neuen Blockchain-Firmen»

Bundesrat Johann Schneider-Ammann am Blockchain-Event in Zug.

(Bild: zvg)

Die Zahl der Unternehmen ist im Kanton Zug jüngst so schnell gewachsen wie kaum je zuvor. zentralplus fragte bei Experten nach, wie nachhaltig der Blockchain-Boom für den Wirtschaftsstandort ist. Und welche Rolle das milde Steuerklima in diesem Fall für die Anziehungskraft von Zug spielt.

Sind sie leere Versprechungen oder die Basis für ein neues Wirtschaftswunder? Die Meinungen über die Anwendungen der Blockchain-Technologie gehen diametral auseinander – auch im Kanton Zug, dem Zentrum des sogenannten Crypto Valleys.

Doch aktuelle Zahlen des Zuger Handelsregisteramts machen die Bedeutung des Technologiehypes für den Kanton Zug fassbar. Denn das Amt hat so gut wie noch nie so viel neue Arbeit erledigt wie in den letzten Jahren (zentralplus berichtete).

Wachstum angekurbelt

Nur in den Jahren 2009 und 2010 verarbeitete das Handelsregisteramt Zug noch mehr Eintragungen. Das lag daran, dass damals die Vorschriften änderten und mehr Sachverhalte eintragungspflichtig wurden, wie Gianni Bomio, Generalsekretär der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zug, sagt.

Nun aber liegt ein veritabler Boom vor. «Wir sind sicher, dass dies an den neuen Blockchain-Firmen liegt», sagt Bomio. In der Tat ist der Zuwachs an Firmen abgeflacht – bevor er 2017 und 2018 einen veritablen Sprung unternommen hatte.

 

 

Das grosse Geld lagert in Stiftungen

Die Blockchain-Projekte sind – wo viel Geld durch ICOs geäufnet wurde – als Stiftungen organisiert. Davon gibt es mittlerweile mehrere Dutzend im Kanton. Der überwiegende Teil der Unternehmungen im Umfeld des Crypto Valleys aber sind «ganz normale KMU», wie Bomio sagt.

Also Kleinfirmen, als Aktiengesellschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) eingetragen, was weniger Kapital erfordert. Und die mit wenigen Angestellten agieren – von Zug oder Zürich aus oder per elektronischen Device von unterwegs auf Reisen.

Über 700 Firmen tummeln sich im Crypto Valley

Dies bestätigt auch Mathias Ruch, einer der besten Kenner der Blockchain-Szene in der Schweiz und Gründer sowie CEO bei VC CV (vormals Lakeside Partners) in Zug. «Es sind zusehends normale Kapitalgesellschaften, die sich mit der Thematik beschäftigen», sagt er.

Auf einem Blockchain-Atlas verzeichnet seine Unternehmung all die Firmen, die zum Crypto Valley gehören. Es sind derzeit über 700. «Wenn wir vom Crypto Valley sprechen, dann meinen wir die ganze Schweiz und Liechtenstein», sagt Ruch.

Kritik an Blockchain-Enthusiasmus

Natürlich hätten sich um Zug, wo die Bewegung ihren Anfang nahm, besonders viele Firmen angesiedelt. Doch es gäbe auch Cluster in Zürich, in Liechtenstein – «aber auch in der Romandie oder im Tessin».

Die Frage bleibt indes, wie nachhaltig die Entwicklung ist. Kritiker verweisen genüsslich darauf, dass es seit vergangenem Sommer keine grossen ICOs mehr gegeben habe. Dass abenteuerliche Vorhaben Schiffbruch erleiden und gierige Investoren Geld verlieren. So hat in Zug etwa das Gezerre um Envion und Tezos für Aufsehen gesorgt.

Korrektur nach dem Hype

«Die Situation ist vielleicht mit jener nach dem Platzen der Dotcom-Blase vergleichbar», sagt Mathias Ruch. Natürlich gäbe es «bedeutend weniger ICO» und weniger utopische Projekte. Start-ups müssten Ziele und Inhalte ihrer Geschäftsidee genauer offenlegen und mit bescheideneren Grundlagen auskommen. «Aber das ist eine normale Korrektur nach einer Hype-Phase.»

Dass der Boom der Blockchain-Firmen in Zug ein nachhaltiges Wachstum auslöse, glaubt René Hüsler, der Direktor des Departements Informatik der Hochschule Luzern. «Die Entwicklung ist mehrheitlich technologiegetrieben», sagt er.

Junge Technologie

«Viele Unternehmen, die im Blockchain-Umfeld aktiv sind und sich ansiedeln, entwickeln Anwendungen ausserhalb des Finanzbereichs.» Sicherlich dauere es, wie so oft mit Neuem, einige Zeit bis marktreife Produkte lanciert werden könnten, sagt Hüsler.

Er reagiert so auf eine weitere Kritik der Blockchain-Skeptiker: dass aus der Blockchain-Technologie bisher noch keine Anwendung entstanden sei, die wirklich weltbewegend wäre. «Es ist immer noch eine junge Technologie», gibt Mathias Ruch zu bedenken.

«Für gute Projekte ist immer Geld vorhanden»

Doch was sind die grössten Sorgen der Branche? Dass Crypto-Unternehmen kein Geschäftskonto bei einer Schweizer Bank eröffnen können? «Das stimmt so nicht», sagt Ruch. Erstens sei «für gute Projekte immer Geld vorhanden». Zweitens stelle das grosse Sicherheitsbedürfnis der Banken andere Standorte, die sich ebenfalls als Blockchain-Hub empfehlen, vor dieselben Probleme: «Zum Beispiel Singapur.»

Was das Handelsregister an Cryptowährungen einnimmt

Wie auch bei der Stadt Zug, können beim Handelsregisteramt des Kanton Zug Gebühren in Cryptowährungen beglichen werden. Das kommt häufiger vor als bei der Stadt, auch wenn das Angebot noch nicht der Renner ist. Wie Andreas Hess, der Leiter des Handelsregister- und Konkursamts Zug sagt, sind seit Einführung der Zahlungsmöglichkeit am 1.11.2017 bisher 21 Rechnungen  im Gesamtbetrag von 12'390.75 Franken in Bitcoin und Ethereum bezahlt worden

Für Ruch ist die Schweiz auf einem guten Weg, ihre Zentrumsfunktion für die Blockchain-Wirtschaft zu etablieren. Es herrsche eine Offenheit gegenüber den Möglichkeiten, welche die Technologie biete. Und die Entschlossenheit, regulatorische Unklarheiten zu beseitigen. «Das zeigt auch der Einsatz von alt Bundesrat Johann Schneider-Ammann für diese Sache», sagt Ruch.

Wie wichtig ist das Steuerklima?

zentralplus wollte wissen, ob auch die Zuger Steuerprivilegien einen Einfluss auf den Wirtschaftsboom haben. Doch die Statistik über Statusgesellschaften widerlegt eine solche Annahme. Unter den steuerlich begünstigten Firmen ist lediglich die Zahl der Holding-Firmen am Wachsen. Jene der gemischten Gesellschaften, unter welche einige Blockchain-Firmen fallen dürften, ist weitgehend stabil geblieben.

 

 

Bleibt die Frage, ob die niedrigen Gewinnsteuern und die in der Steuervorlage 17 angekündigten Patentboxen und Steuerabzüge für Forschungsausgaben ein Anreiz für die Ansiedlung von Firmen bieten. 

Nerds finden hier andere Nerds

Doch Blockchain-Experte Mathias Ruch relativiert. Die Firmen würden sich nicht in erster Linie aus steuerlichen Gründen in Zug ansiedeln, meint er. «Es liegt am Ökosystem, das sie antreffen.»

Also die Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit, Gleichgesinnte zu treffen, Partner für Projekte zu finden und auf Dienstleister zu treffen, welche die Verwirklichung von Geschäftsideen leicht machen.

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