Woher die Zuger und Luzerner Unternehmen zuziehen

Das Ringen um die Gunst der Firmen kennt einen Sieger

Für fast jede Firma die zurzeit nach Zug zügelt, kommt eine andere nach Luzern zurück.

(Bild: Bildmontage bic)

Die Kantone Zug und Luzern scheinen auf Augenhöhe um die Gunst der Unternehmen zu kämpfen. Für jede Firma, die nach Zug zieht, kommt derzeit eine nach Luzern zurück. Dennoch ist Zug seinem grossen Nachbarn immer noch weit voraus.

Die Kantone Luzern und Zug haben viele Gemeinsamkeiten. Beide liegen in der Innerschweiz, haben einen schönen See und wollen mit Tiefsteuern Reiche und Firmen anlocken. Doch hat sich ein Unternehmen einmal niedergelassen, heisst das längst nicht, dass es für immer bleibt. So findet zwischen Luzern und Zug denn auch ein reger Austausch von Firmen statt.

Das jedenfalls geht aus einer neuen Studie des Immobiliendienstleisters CBRE hervor. Dieser hat die Wanderungsbewegungen von Firmen zwischen allen Kantonen der Schweiz von Januar 2017 bis Juni 2018 untersucht, um den damit verbundenen Bedarf an Gewerbeflächen zu eruieren.

Ausgeglichener Saldo zwischen den Kantonen

Ein interessanter Befund: Während des betrachteten Zeitraumes sind fast gleich viele Firmen von Zug nach Luzern gezogen wie umgekehrt. 78 Unternehmen haben Luzern Richtung Zug verlassen, deren 75 sind den entgegengesetzten Weg gegangen. Einzelfirmen wurden nicht berücksichtigt, da sie nur wenig Fläche benötigen und deshalb für CBRE kaum relevant sind.

Dabei handelt es sich um Unternehmen, die in der überwiegenden Mehrheit nur eine Person beschäftigen, also kaum Arbeitsplätze generieren. «Dazu gehören sicher auch Briefkastenfirmen, aber wohl nicht nur», sagt David Schoch, der die Studie verfasst hat.

Gleich tönt es beim Handelsregisteramt des Kantons Luzern: «Das Phänomen der Briefkastenfirma tritt sicher auch in Luzern auf», sagt Leiter Fabian Murer. Es gebe Adressen, an denen man davon ausgehen könne, dass dort viele solcher Unternehmen angesiedelt sind (zentralplus berichtete). «Um wie viele Firmen es sich dabei handelt, können wir nicht sagen», so Murer. Es sei somit auch nicht klar, ob und wieviele Leute an den gemeldeten Adressen arbeiten.

«Zug ist nach wie vor beliebter bei Zuzügern aus anderen Kantonen als Luzern.»

David Schoch, Studienautor

Die Publikation der Studie kommt genau zum richtigen Zeitpunkt. Denn im Kanton Luzern wird zurzeit heiss über eine Erhöhung der Firmensteuer diskutiert, die seit 2012 landesweit am tiefsten sind (zentralplus berichtete). Nach einer Erhöhung würde Luzern jedoch auf den achten Platz zurückfallen. Ein Rückschritt im engen Ringen mit dem fiskalpolitisch potenten Nachbarn?

Der Widerstand gegen den moderaten Anstieg liess jedenfalls nicht lange auf sich warten. Der kantonale Gewerbeverband hat vorsorglich schon mal das Referendum angekündigt. Unterstützung wird er von der SVP erhalten. Und auch die FDP kann sich vorstellen, aktiv zu werden (zentralplus berichtete).

Die Pläne der Regierung seien nicht nachvollziehbar und würden die erfolgreiche Entwicklung der Luzerner Wirtschaft gefährden, warnte der Verband diese Woche in einer Mitteilung. Denn es wäre ein «verheerendes Signal», da die Steuerstrategie ein zentrales Element der Ansiedlungspolitik darstelle.

Ausgeglichen dank tiefer Steuern?

Damit spielt der Verband auf das wegen der tiefen Gewinnsteuern für Unternehmen attraktive Umfeld im Kanton Luzern an. Die Gewerbler befürchten, dass insbesondere grosse Firmen den Kanton wieder verlassen würden, müssten sie mehr an den Fiskus abliefern. Die Steuereinnahmen würden massiv sinken. Der Kantonsrat verlangte im Hinblick auf die Jahre 2020–2022 indes eine leichte Korrektur der Firmensteuern nach oben (zentralplus berichtete).

Ganz unbegründet ist diese Befürchtung gerade im Hinblick auf die enge Konkurrenzsituation mit Zug wohl nicht: «Dass der Saldo zwischen den beiden Kantonen fast ausgeglichen ist, kann wohl mit den ähnlichen Steuersätzen erklärt werden», sagt David Schoch, Verfasser der CBRE-Studie. Ähnlich sieht es auch Ivan Buck, Leiter der Luzerner Wirtschaftsförderung. «Beides sind attraktive Firmenstandorte mit ihren jeweils eigenen Standortvorteilen.»  

Ob der Kampf um die Unternehmen aber tatsächlich so eng ist, lässt sich nach einem zweiten Blick auf die Zahlen zumindest bezweifeln. Denn so oder so schien Zug Luzern seit 2017 im Regen stehen zu lassen.

 Zug schwingt nach wie vor obenaus

Gemäss der CBRE-Studie lautet der Vergleich zwischen Luzern und Zug wie folgt: Nach Zug sind in den eineinhalb Jahren 1147 Firmen aus anderen Kantonen gezogen. Nach Luzern jedoch «nur» 547. Zug konnte also mehr als doppelt so viele Unternehmen ansiedeln wie sein grosser Nachbar.

Wanderungssaldo der Schweizer Firmen 2017 bis Mitte 2018. Hier hat Zug einen positiven Wanderungssaldo von 123 und Luzern einen von 74.

Wanderungssaldo der Schweizer Firmen 2017 bis Mitte 2018. Hier hat Zug einen positiven Wanderungssaldo von 123 und Luzern einen von 74.

(Bild: zvg)

Zieht man die Firmen, die in der gleichen Zeit aus einem der beiden Kantone weggezogen sind, von diesen Zahlen ab, konnte Zug in der betrachteten Zeitspanne um insgesamt 123 Firmen zulegen, während Luzern lediglich auf 74 kommt. Die Diskrepanz des Wanderungssaldos zu Gunsten von Zug ist also offensichtlich. Studienautor Schoch: «Zug ist nach wie vor beliebter bei Zuzügern aus anderen Kantonen als Luzern, was sicherlich mit der Nähe zu Zürich zu tun hat.»

Erstellt man folglich eine Rangliste aller Kantone nach Wanderungssaldo, landet Zug auf dem zweiten und Luzern auf dem fünften Rang. Damit liegt Luzern im Untersuchungszeitraum hinter Thurgau, Basel-Landschaft und Waadt.

Wirtschaftsförderer ist zufrieden

Obwohl Luzern nur bedingt mit Zug Schritt halten kann, zeigt sich Wirtschaftsförderer Ivan Buck mit der Situation zufrieden: «Wir sind unter den Top 5 der Schweiz, sind damit besser als die anderen Innerschweizer Kantone und liegen noch vor Zürich.»

«Die Zentralschweiz ist generell attraktiv. Die Kantone können davon gegenseitig profitieren.»

Ivan Buck, Chef Wirtschaftsförderung Luzern

Und weiter: «Seit Luzern 2012 die Steuern gesenkt hat, konnten wir insgesamt 257 Unternehmen von Zug nach Luzern holen.» Dazu zählen auch alle Einzelunternehmen, die in der CBRE-Studie nicht berücksichtigt wurden.

Zudem habe es im ersten Halbjahr 2018 im Kanton Luzern am meisten Firmengründungen aller Kantone gegeben, ergänzt Buck. 956 Unternehmen waren es allein 2017. Die Zahlen von 2018 zeigten in die gleiche Richtung, sagt Buck.

Von Nidwalden nach Luzern und weiter nach Zug

«Die gute Verkehrsanbindung, die attraktiven Unternehmenssteuern und die verfügbaren, gut ausgebildeten Arbeitskräfte gehören zu den wichtigsten Standortvorteilen Luzerns», erklärt der Wirtschaftsförderer. So hätten seit 2010 rund 10’000 Arbeitsplätze geschaffen werden können.

Dies sieht auch David Schoch von CBRE so: «Luzern profitiert vor allem von Zuzügen aus den Kantonen Nid- und Obwalden, für welche Luzern eine geografisch naheliegende Lösung ist.» Dies bestätigen sowohl Schochs wie auch die Zahlen des Luzerner Handelsregisteramtes. 765 Unternehmen sind seit 2012 aus den angrenzenden Kantonen sowie aus Zürich nach Luzern gekommen.

Alleine 216 Firmen zügelten von den beiden Urkantonen nach Luzern. «Für Unternehmen aus Nidwalden ist Luzern momentan denn auch das Hauptziel», sagt Schoch. Zug profitiert in erster Linie von Zuzügen aus Zürich, gefolgt von Luzern, das laut CBRE-Studie zurzeit die meisten Firmen an Zug verliert.

Entwicklung ist positiv

Wirtschaftsförderer Buck geht davon aus, dass sich Zug und Luzern erfolgreich weiterentwickeln werden. «Die Zentralschweiz ist generell attraktiv. Die Kantone können davon gegenseitig profitieren», sagt Buck. Es gehe folglich auch nicht darum, sich in jeder Hinsicht mit Zug zu messen und einander auf Teufel komm raus gegenseitig die Firmen abzujagen.  

«Die Politik ist gefordert, die hart erarbeiteten Standortvorteile zu bewahren und weiter auszubauen», sagt er. So gebe es in Luzern auch künftig attraktive Arbeitsplätze. «Wichtig ist, dass der Kanton Luzern den Weg zum attraktiven Wirtschaftskanton konsequent weitergeht, damit er auch ausserhalb als solcher erkannt wird.» Das sei politische Knochenarbeit, die sich aber lohne.

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