Eishockey-Meisterturnier wird aus Zug gesteuert

«Die Fussball-Champions-League ist Fluch und Segen zugleich»

Champions Hockey League AG: Kommunikationschefin Monika Reinhard (links) und CEO Martin Baumann.

(Bild: mam)

Zwar arbeiten für die Champions Hockey League AG im Zuger Parktower erst sechs Personen. Aber die Verantwortlichen des Eishockey-Meisterturniers hegen grosse Pläne. Der Standort Zug könnte dereinst von hohen Steuern profitieren.

Nur wenige Sport-Brands sind so zugkräftig wie die «Champions League». Eine Hymne sorgt für Gänsehaut, und die besten Klubs messen sich in einem bekannten Modus. Dieses aus dem Fussball bekannte Format mit einer so beliebten Sportart wie dem Eishockey zu kombinieren, muss ein Selbstläufer sein – möchte man annehmen. Und dennoch spricht Martin Baumann, der CEO der Champions Hockey League (CHL), von seiner Firma als «Startup».

Seit einem Jahr in Zug

Er sitzt im lichten Sitzungszimmer der CHL im dritten Stock des Zuger Park Towers. In der Ecke der Büros steht das Original des Gewinnerpokals. Durch die Fenster grüsst von gegenüber das alte Landis&Gyr-Gebäude, wo im kommenden Jahr die Zuger Stadtregierung einzieht.

Auch die CHL ist noch nicht lange vor Ort; sie ist erst im Vorjahr aus Zürich zugezogen. Zuvor war sie beim Internationalen Eishockey-Verband IIHF einquartiert.

Steuerfuss in Zukunft wichtig

Für Zug, sagt Baumann, spräche die unmittelbare Nähe zum Sportvermarkter Infront, der die Rechte für die CHL verkauft und gleich über die Strasse, in der Grafenau, sitzt. Weiter sticht, hinsichtlich der Wachstumspläne, das Argument des niedrigen Steuerfusses.

Der Park Tower in Zug ist der Sitz der Hockey Champions League AG.

Der Park Tower in Zug ist der Sitz der Hockey Champions League AG.

(Bild: mam)

«Ausserdem sind alle wichtigen Sportverbände in der Schweiz ansässig», sagt Baumann, «so kann man Synergien nutzen.» Mit dieser Sichtweise musste er sich im Verwaltungsrat der CHL allerdings erst durchsetzen. Die Konzentration auf die Schweiz wird bei den Eishockeygrossmächten Schweden, Finnland oder Tschechien, die mit ihren Ligen und Clubs an der CHL beteiligt sind, mit gemischten Gefühlen betrachtet.

Sechs Leute am Hauptquartier

Deshalb ist die CHL auch dezentral und international aufgestellt. Ein Sportdirektor arbeitet von Schweden aus. Die Medieninhalte kommen aus Tschechien, die Filmsequenzen aus Wien und das Disziplinarwesen ist in Salzburg ansässig. Das Kernteam in Zug ist klein und besteht nur aus sechs Personen. Deswegen passt es auch in die ehemalige Wohnung im bahnhofsnahen Hochhaus, welche die CHL nach ihren Bedürfnissen einrichten liess.

«Wir möchten, dass eine europäische Hockeyfamilie entsteht.»

Monika Reinhard, Kommunikationschefin CHL

«Das Team in Prag treffe ich drei- bis viermal pro Jahr», sagt Kommunikationschefin Monika Reinhard, «unsere Webentwickler in den USA sehe ich dagegen persönlich so gut wie nie.» Dafür gibt’s Videokonferenzen und andere digitale Austauschmöglichkeiten. «Aber sicher: Wir reisen viel», sagt Reinhard.

An jedem Spieltag unterwegs

«Wir sind an jedem Spieltag unterwegs», sagt die Kommunikationschefin. Die Zuger CHL-Leute besuchen die beteiligten Clubs, sprechen mit den Verantwortlichen, knüpfen Kontakte oder vermitteln sie. «Wir möchten, dass eine europäische Hockeyfamilie entsteht», sagt sie.

Auch der Untereis-Bereich wird für alle Spiele umgestaltet. Aufnahme vom Endspiel der CHL im vergangenen Winter.

Auch der Untereis-Bereich wird für alle Spiele umgestaltet. Aufnahme vom Endspiel der CHL im vergangenen Winter.

(Bild: HENRY BROWNE)

Natürlich geht’s dabei auch ums Geschäft. Die ganze Spielumgebung – nicht nur die Bandenwerbung, auch der ganze Untereis-Bereich – wird nach den Vorgaben der CHL umgestaltet. Die akustische Begleitung muss einheitlich sein – und alles wird kontrolliert. «Wir gestalten im Wesentlichen ein TV-Produkt», ergänzt CEO Baumann.

Der zweite Anlauf

«Die Bekanntheit des Formats Champions League durch den Fussball ist Fluch und Segen zugleich», sagt Reinhard. So würden beim Publikum hohe Erwartungen geweckt. «Diese zu erfüllen ist enorm aufwendig und anspruchsvoll», ergänzt Baumann.

Die Uefa hat die Marke Champions League über mehr als 20 Jahre hinweg aufgebaut. Die CHL hingegen wurde erst 2014 gegründet, nachdem in den Nullerjahren eine Vorgängerversion des europäischen Eishockey-Meisterturniers in einer Pleite geendet hatte.

Mit der KHL im Gespräch

Ausserdem hat die CHL ein Problem mit Russland. Die dortige Kontinental Hockey League (KHL) ist die zweitwichtigste Meisterschaft der Welt und unternimmt selber Bestrebungen, in Richtung Westen zu expandieren.

Anfänglich seien die Positionen verhärtet gewesen und in Verhandlungen hätten beide Seiten wenig Kompromissbereitschaft gezeigt, sagt Baumann. Mittlerweile sei man besser ins Gespräch gekommen. «Wir versuchen nun einfach unseren Job so gut wie möglich zu machen und so die russischen Clubs zum Mitmachen bei uns zu überzeugen», sagt Baumann.

Der CHL-Pokal wartet am Firmensitz in Zug auf den Gewinner.

Der CHL-Pokal wartet am Firmensitz in Zug auf den Gewinner.

(Bild: mam)

Aktionäre müssen draussen bleiben

Eine andere Herausforderung war die Organisationsform der CHL als schweizerische Aktiengesellschaft. Zwei Drittel des Kapitals gehören Clubs aus sechs europäischen Ligen – die aber sportlich nicht immer genügen, um bei der CHL mitzumachen. Diese hatten aber in den ersten drei Jahren ein garantiertes Startrecht – was die sportliche Qualität des Wettbewerbs trübte und die Glaubwürdigkeit beeinträchtigte.

CHL – wem die Meisterliga gehört

Die Champions Hockey League AG ist eine Aktiengesellschaft nach schweizerischem Recht mit Sitz in Zug. Ihr Kapital ist in eine Million Aktien zu einem Franken Nennwert aufgeteilt. 63 Prozent davon werden von 26 Gründerclubs gehalten. Aus der Schweiz sind Fribourg-Gottéron, Bern, ZSC Lions und der EV Zug unter den Teilhabern. Sechs europäische Ligen halten überdies 25 Prozent der Aktien und die Internationale Eishockey Föderation IIHF 12 Prozent. Präsidiert wird der neunköpfige Verwaltungsrat seit Sommer 2018 von Peter Zahner, dem CEO der ZSC Lions.

Den sportlichen Erfolg als Qualifikationskriterium gegenüber den Erwartungen des Aktionariats durchzusetzen, war ein hartes Stück Arbeit für die CHL-Führung. Doch der Name verpflichtet. «Wegen der Fussball-Champions-League ist dies nicht anders denkbar. Es wird vom Publikum einfach erwartet», sagt Martin Baumann. Und so ist heute etwa der HC Fribourg-Gottéron Teilhaber der CHL, aber aufgrund seiner letztjährigen Leistung in der Schweizer Liga dieses Jahr auf der europäischen Bühne nicht spielberechtigt.

Siegesprämie fast verdoppelt

Der Liga-Chef wirkt nun wie ein Überzeugungstäter. Immer wieder muss Baumann sich anhören, dass Champions-League-Spiele im Eishockey weniger Publikum anziehen als Spiele der nationalen Meisterschaften. Dass die Ausschüttungen im Vergleich zu den Summen im Fussball vernachlässigbar seien. Und er muss sich von Journalisten fragen lassen, ob Jyväskylä – der finnische Ort, aus dem der letztjährige Champions-League-Gewinner kommt – eigentlich für skandinavisches Knäckebrot steht.

«Ich will in der Champions League keine Spieler, deren Trikots über und über mit Werbung vollgekleistert sind.»

Martin Baumann, CEO CHL

Die Siegesprämie solle in vier Jahren von derzeit 365’000 Euro auf 720’000 Euro ansteigen, sagt Baumann. Und das Bekanntmachen der europäischen Spitzenclubs über die eigenen Landesgrenzen hinaus sei eben gerade ein wichtiges Ziel der Liga. Es läge im Interesse der Clubs, zu international bekannten Marken zu werden.

Exklusivität soll Anziehungskraft steigern

Erreicht werden soll dies mit einem von 48 auf mittlerweile 32 Clubs geschrumpften Teilnehmerfeld und einem exklusiven Branding, das auf eine begrenzte Zahl von Sponsoring-Partnern setzt. «Ich will in der Champions League keine Spieler, deren Trikots über und über mit Werbung vollgekleistert sind», sagt Baumann.

Champions Hockey League AG: CEO Martin Baumann (links) und Kommunikationschefin Monika Reinhard.

Champions Hockey League AG: CEO Martin Baumann (links) und Kommunikationschefin Monika Reinhard.

(Bild: mam)

Als wichtigsten Fortschritt nennt Martin Baumann indes, dass man mittlerweile die Coaches und Manager der grossen Clubs vom Nutzen des Wettbewerbs, der mit vielen Reisen verbunden ist, überzeugen konnte. «Sie haben erkannt: Ohne europäisch zu spielen, können wir unser Eishockey nicht weiterentwickeln.»

Damit werde sich auch über kurz oder lang der Erfolg der Champions Hockey League bei den Fans einstellen, glaubt Baumann. «Denn wir bieten Eishockey auf Weltklasseniveau – und das jeweils schon ab August.»

Aufnahme vom Endspiel der CHL im vergangenen Winter.

Aufnahme vom Endspiel der CHL im vergangenen Winter.

(Bild: HENRY BROWNE)

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