Der Zuger Jan Egli arbeitet als Industriekletterer

Von Berufs wegen in den Seilen hängen

Auch die Fassaden- und Fensterreinigung gehört zum Job des Industriekletterers.

(Bild: Jan Egli)

Jan Egli hat als Automechaniker begonnen, bevor es ihn auf der Suche nach einer neuen Herausforderung in die Höhe gezogen hat. Denn Egli arbeitet als Industriekletterer. In einem Gebiet zwischen dem Bündnerland und Bern nimmt er jegliche Aufträge an, wo Arbeiten an hohen Wänden – oder auch Tiefen – zu erledigen sind.

Hoch oben in den Seilen hängen – das ist Alltag für Jan Egli. Denn er ist Industriekletterer und so für Arbeiten zuständig, die meist hoch über dem Erdboden zu erledigen sind. Eglis Tätigkeitsgebiete sind äusserst vielfältig.

So ist er für den Rückbau eines Hochregallagers genauso zuständig wie für Fassadenreinigungen oder Felsräumungen. Doch es muss nicht immer hoch hinausgehen. Auch Holzschlag-Aufträge nimmt er an. 2014 hat er einen Holzerkurs absolviert.

Bis zum Beruf des Industriekletterers war es ein langer Ausbildungsweg. Insgesamt drei Ausbildungsstufen zum Höhenarbeiter hat er absolviert.

Begonnen als Automechaniker

«Mit Level 1 darf man Arbeiten am hängenden Seil ausführen. Kommt Stufe 2 hinzu, kann man Baustellen leiten», erklärt Egli. Mit dem dritten Grad sei man verantwortlich für die Sicherheit auf der Baustelle, mache Gefährdungsermittlungen und plane die Baustelle. «Die verschiedenen Levels müssen alle zwei Jahre in einem Wiederholungskurs erneuert werden», ergänzt er.

«Jedes Gebäude und jede Halle hat wieder andere Voraussetzungen.»

Jan Egli, Industriekletterer aus Zug

Egli war allerdings nicht immer der Mann zwischen Seil und Karabinerhaken. Er machte eine Lehre als Automechaniker. Nach neun Jahren habe er etwas Neues lernen wollen.

«Ich habe dann als Beleuchtungstechniker angefangen. Da ich immer die Person war, welche eingeleuchtet, Steckverbindungen in der Höhe gemacht und die Traversen [Aluminium- oder Stahlträger, Red.] gesichert hat, bin ich einer Firma für Höhenarbeiten aufgefallen. Diese hat mich gefragt, ob ich Lust hätte, bei ihnen zu arbeiten», erklärt Egli seinen Weg in die Sparte hinein, in der er bis heute arbeitet.

Ein Ein-Mann-Unternehmen

Im August 2007 schliesslich gründete Egli die Firma Seil-Zug GmbH mit Sitz in Zug. Es ist ein Ein-Mann-Betrieb. «Wenn ich Aufträge habe, nehme ich von meinen Partnern jemanden dazu. Sonst gehe ich oft meinen Geschäftskollegen aushelfen», sagt Egli.

Jan Egli ersetzt in luftiger Höhe einen Brandmelder.

Jan Egli ersetzt in luftiger Höhe einen Brandmelder.

(Bild: Jan Egli)

Mit Partnern meint er auch andere Industriekletterer, mit denen er zusammenarbeitet. Vor Ort arbeitet er mit einer sehr breiten Palette von Leuten zusammen: Architekten, Zimmermänner, Sanitäre, Elektriker, Geologen, Förster, Ton- und Lichtfirmen oder Bahnfirmen, um nur einige zu nennen.

Stärkere Auslastung dank der Suva

Er beteuert, dass es ihm beim Industrieklettern nicht um den Nervenkitzel gehe. Vielmehr mache die Abwechslung den Reiz seines Berufs aus. «Es geht um die immer wieder neue Beurteilung von Situationen, um das Finden von Lösungen. Jedes Gebäude und jede Halle hat wieder andere Voraussetzungen», so Egli, der seit 1987 in Zug lebt. Zudem komme man mit vielen verschiedenen Berufen und Personen in Berührung.

«Fühlt man sich nicht gut, muss man die Grösse haben, seinem Kollegen den Vorrang zu geben.»

Er nimmt Aufträge vom Bündnerland bis Bern an, ist durch die Auflagen der Suva betreffend Arbeiten am Seil immer stärker ausgelastet. Dabei gibt es für Egli keine Arbeiten, die er partout nicht erledigen würde.

Jan Egli – ein Pragmatiker

Ein Fehler als Industriekletterer kann gravierende Folgen haben. Doch Egli betrachtet die Sache nüchtern. «Letztendlich ist jeder Job gefährlich. Egal wo, wenn man nicht aufpasst, kann etwas passieren.»

Damit es nicht so weit kommt, beachtet Egli verschiedene Dinge, bevor er sich in die Höhe wagt. «Eine korrekte Situationsbeurteilung, die Definition von Fix- respektive Anschlagpunkten und das Erstellen eines Rettungskonzepts sind wichtig, falls es zu einem Unfall kommen sollte.» Zudem gehe es um einen gegenseitigen Partnercheck und das Einhalten der Regeln als Industriekletterer.

So sieht ein WK à la Höhenarbeiter aus.

So sieht ein «WK à la Höhenarbeiter» aus.

(Bild: Jan Egli)

«Arbeiten in der Höhe verlangt sehr viel Respekt sowie ein gute eigene Einschätzung und das Hören auf den Körper. Es gibt Tage, an denen man fitter ist als an anderen. Fühlt man sich nicht gut, muss man die Grösse haben, seinem Kollegen den Vorrang zu geben», erklärt Egli. 

Bislang noch nie ernsthaft verletzt

Egli habe sich in seiner Laufbahn als Industriekletterer bislang noch nie in einer brenzligen Situation wiedergefunden. Auch habe er sich noch nie ernsthaft verletzt. «Durch die richtige Beurteilung und Einschätzung kommt es gar nicht zu solchen Situationen.»

«Manchmal bin ich froh, wenn ich mal keinen Klettergurt anhabe.»

Sollte doch einmal etwas passieren, ist das Erste-Hilfe-Einmaleins Pflicht. «Dadurch, dass ich in der Stützpunktfeuerwehr Zug bin und auch in den Bereichen Extremrettungen und Strassenrettungen tätig bin, habe ich diesbezüglich sehr gute Ausbildungsstandards», so Egli, der im Einsatz neben Klettergurt, Helm und Funk stets ein Erste-Hilfe-Set mit sich trägt.

400 Meter in die Tiefe

Eglis Job ist anstrengend. Allerdings steht für ihn abseits der Arbeit nicht körperliches Training im Vordergrund, sondern ein Ausgleich, den er mit Sport schafft. Das Klettern in der Halle sei jedoch selten geworden. «Manchmal bin ich froh, wenn ich mal keinen Klettergurt anhabe», sagt er lachend.

Jan Egli beim Montieren von Werbung.

Jan Egli beim Montieren von Werbung.

(Bild: Jan Egli)

Seit inzwischen über einem Jahrzehnt im Geschäft, haben sich bei Jan Egli gewisse Erlebnisse besonders eingebrannt. «Die Schweizer Fahnen am Säntis 2009 und 2015 waren sehr eindrücklich. Auch Festivals wie Frauenfeld, Sankt Gallen, Heitere und Arbon sind immer wieder einzigartig.»

Doch es muss nicht immer in die Höhe gehen: «Im San Bernardino mussten wir mal den Zu- und Abluftkanal des Tunnels auf Schäden kontrollieren und dokumentieren. Zu zweit haben wir uns 400 Meter in die dunklen Schächte abgeseilt – nur mit Stirnlampen.»

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon