Umweltschützer fürchten Gülleflut in Hünenberg

Halle für über 1’000 Kühe provoziert Kritik

Familie Schuler plant einen neuen Stall.

(Bild: chueweid-huenenberg.ch)

In Hünenberg plant ein Bauer eine riesige Halle, in der 1’000 Tiere gemeinsam untergebracht werden sollen. Die Umweltverbände laufen Sturm gegen das Projekt: Es gefährde die Biodiversität im Reusstal massiv und der Bauer sei schlecht beraten. Auch der Bauernverband beäugt die Projektgrösse kritisch.

Die Pläne des Zuger Bauern Martin Schuler, 1’040 Kühe in einer einzigen grossen Halle zu halten, stossen beim Umweltschutz auf massiven Widerstand (zentralplus berichtete). «Die Fläche von 32 Hektaren reicht bei Weitem nicht für diese grosse Anzahl Tiere», sagt Raimund Rodewald von der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz.

Bisher hielt der Bauer rund 500 Milchkühe und Jungtiere – neu sollen mehr als die doppelte Menge in der rund 11’000 Quadratmeter grossen Halle untergebracht werden. Das entspricht einer Fläche von rund 1,6 Fussballfeldern. Informiert wurden die Stiftung Landschaftsschutz und andere Umweltverbände vor rund einem Monat im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung, welche der Kanton in Auftrag gab. «Wir haben Bauer Schuler bereits unsere erheblichen Bedenken mitgeteilt», so Rodewald.

 

Der Grundriss des geplanten Grossbetriebs in Hünenberg.

Der Grundriss des geplanten Grossbetriebs in Hünenberg.

(Bild: Screenshot Projektwebseite)

 

Der Bauer müsse seinen angestammten Hof verlassen, weil er derzeit in einem Wasserschutzgebiet wirtschaftet. Die immer komplexeren Vorgaben der Behörden machen den bisherigen Betrieb nicht mehr rentabel. Er brauche dieses Projekt für die Existenzsicherung seines Betriebs, sagte Bauer Schuler gegenüber Rodewald. Zwar hat er Verständnis für die Not des Familienbetriebs. Doch für den Umweltschützer ist klar: Zu viele Rahmenbedingungen stimmen im gegenwärtigen Vorschlag überhaupt nicht.

Mehr Tiere bedeutet auch mehr Gülle. Aufgrund der vielen zusätzlichen Gülle, die an andere Betriebe in der Region zurückverteilt werden müsste, seien die Wiesenflächen im Reusstal einer massiv erhöhten Ammoniak- und Stickstoffbelastung ausgesetzt. «Die Biodiversität würde stark in Mitleidenschaft gezogen werden», sagt Rodewald. Ausserdem sei auch der Erhalt der Tierhygiene auf der relativ kleinen Fläche schwierig, das Tierwohl gefährdet. Im Kanton Luzern habe man inzwischen reagiert und Grenzen für die Stickstoffbelastung gesetzt – nun würde mit dem Grossprojekt in Zug die Situation wieder verschärft.

Das Erklärvideo, das Bauer Martin Schuler über sein Projekt in Auftrag gegeben hat:

Einzigartiges Projekt der Schweizer Landwirtschaft

Rodewald vermutet, dass der Landwirt falsch beraten wird. Mit seiner Idee stehe Schuler quer in der Landschaft und im Widerspruch zu einer nachhaltigen Schweizer Landwirtschaft. Die «Tierfabrik» würde ausserdem auf einem Landschaftsschongebiet entstehen, die erst in eine Speziallandwirtschaftszone umgewandelt werden muss. Deshalb braucht es eine Abstimmung. Derzeit läuft noch die Umweltverträglichkeitsprüfung – das Projekt ist also noch nicht auflagefähig.

Rodewald sagt, ein solcher Betrieb müsste wenn schon in einer bestehenden Industriezone entstehen. Ausserdem sei ein Architekturwettbewerb notwendig – der vorgesehene, gigantische Bau sei in mehrere Hallen aufzuteilen.

Bauernverband sieht Projektgrösse kritisch

Beim Zuger Bauernverband äussert man sich zurückhaltend. «Noch ist es lediglich eine Vision», sagt Geschäftsführer Ueli Staub. Man sei beim Bauernverband nicht direkt involviert in das Projekt. «Es handelt sich um ein einzigartiges Projekt, das es so nicht gibt in der Schweizer Landwirtschaft», sagt Staub.

Er sagt, bei einem solch exponierten Vorhaben werde sehr genau hingeschaut von den Behörden, ob die Pläne des Bauern plausibel sind. Da jedoch verschiedene andere Landwirte involviert und als Abnehmer von Mist und Gülle vorgesehen sind, sieht Staub grundsätzlich keinen grösseren Schaden für die Umwelt. «Es kann funktionieren.» Eine Prise Kritik schwingt jedoch mit: «Die Dimension des Projekts ist doch sehr gewöhnungsbedürftig.» 

Idee bereits 1997 lanciert

Auf der Projektwebseite schreibt Schuler, das Projekt «Chueweid» sichere den Fortbestand eines Hünenberger Traditionsbetriebs in optimaler Weise. Stolz auf die Schweizer Werte werde trotz modernstem Bau weiterhin Handarbeit betrieben, zum Beispiel beim Melken ohne Roboter. Die Hallenkonstruktion und das Volumen seien optimal abgestimmt auf Wirtschaftlichkeit, Tierwohl und Natur.

Die Halle werde aus langlebigen, hochwertigen Baustoffen bestehen und könne innerhalb eines Monats errichtet werden. Es sei eine Stallung voller Vorteile. Höhe und Form des Daches sorgten für optimale Thermik. Die durchdachte Blachenabdeckung lasse das gesundheitsfördernde Sonnenlicht durch. Es sei eine Wohlfühloase für die Tiere.

Gemeinderat hat Vorbehalte

Bereits 1997 wurden erste Überlegungen zur Stallungsart gemacht – 2013 wurde das Projekt beim Gemeinderat präsentiert. Ursprünglich war eine Abstimmung für die Umzonung noch in diesem Jahr vorgesehen, nun verzögert sich diese um mindestens ein Jahr. Martin Schuler selbst verzichtet gegenüber zentralplus auf eine Stellungnahme. Der Bauer möchte zu einem späteren Zeitpunkt auf die Öffentlichkeit zugehen.

Der zuständige Hünenberger Gemeinderat Thomas Anderegg sagt, der Fahrplan sei abhängig von Bauer Schuler. Man warte auf das Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung und weitere Unterlagen. Am Schluss muss der Souverän der Umzonung zustimmen – eine Umzonung in eine landwirtschaftliche Sonderzone sei für den Kanton Zug neu. Obwohl es im Gemeinderat gewisse Vorbehalte gebe, wolle man das Projekt nicht schon zu Beginn abklemmen. «Wir wollen dem Landwirt eine Chance geben», sagt Anderegg.

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