Gipfel der Blockchain-Branche im Casino Zug

Plötzlich kümmern sich Bundesräte um die Nöte des Crypto-Valleys

Bundesrat Johann Schneider-Ammann am Blockchain-Event in Zug.

(Bild: zvg)

Hunderte von Firmen haben sich in jüngster Vergangenheit im Crypto-Valley Zug niedergelassen. Doch haben sie Mühe, ein Bankkonto zu eröffnen, da Regulierungsfragen ungeklärt sind. Dass die Nöte gehört werden und die Branche den Kinderschuhen entwächst, zeigt eine Taskforce mit Zuger Regierungsräten, der auch zwei Bundesräte Pate stehen.

«Die Schweiz ist eine Blockchain-Nation», sagte Bundesrat Johann Schneider am Donnerstagmorgen zur Eröffnung des zweiten Blockchain-Gipfels des Crypto-Valleys Zug. Etwa 800 Vertreter der Branche trafen sich im Theater Casino Zug und lauschten einer wohlwollenden, in Englisch gehaltenen Rede des FDP-Wirtschaftsministers.

Allerdings haben die Mitglieder der Schweizer Blockchain-Nation ein Problem, wenn sie für ihre Firma ein Konto bei einer Schweizer Bank einrichten wollen. Denn die Banken verweigern dies aus regulatorischen Gründen, sobald ihnen der Firmenzweck ins Auge fällt. In die Bresche gesprungen sind bisher Nischenplayer, wie etwa die Liechtensteiner Bank Klimt, die denn auch als Partner am Zuger Blockchain-Gipfel auftrat.

Matthias Michel übergibt die Vorschläge

Damit sich dies ändert, aber auch damit die Unklarheiten beim Fundraising mittels Initial Coin Offering beseitigt werden können, wurde eine Arbeitsgruppe namens Blockchain-Taskforce gegründet. Sie steht unter dem Patronat der Bundesräte Johann Schneider-Ammannn und Ueli Maurer und wird aus 50 Leuten aus Wirtschaft und Forschung sowie den beiden Zuger Regierungsräten Heinz Tännler (SVP) und Matthias Michel (FDP) gebildet.

Der Zuger Volkswirtschaftsdirektor Michel übergab Schneider-Ammann denn auch die «White Papers» der Arbeitsgruppe, die konkret vorschlagen, wie die Crypto-Branche reguliert werden könnte – und zwar innerhalb des geltenden Rechtsrahmens. Dazu sollen einige Absätze im Obligationenrecht ergänzt werden und der Zwang zur schriftlichen Dokumentation in einigen Fällen gelockert werden. Der Zugang zum Schweizer Finanzmarkt nimmt dabei weniger Platz ein, als die komplizierte Regelung der ICO, wo man sich mit dem neuartigen Begriff des Tokens (deutsch: Wertmarke) herumschlagen muss.

Raum für Experimente gefordert

Die Taskforce warnt indes davor, das geltende Aufsichtsrecht unverändert auf die Blockchain-Branche anzuwenden. Und empfiehlt stattdessen, die Einrichtung einer sogenannten Sandbox: Ein Experimentierraum mit flexibleren Regeln, wie ihn die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma bereits für andere Startups geschaffen hat. Allerdings sollen die Bestimmungen des Geldwäschereigesetzes auch für die Sandbox gelten.

 

Der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler (SVP) machte am Nachmittag nochmals klar, was die Arbeitsgruppe will: eine pragmatische Lösung mit wenig Regulierungen, die vor allem schnell eingeführt werde, damit für die Branche Rechtssicherheit bestehe und sie weiter gedeihen könne. «Was tun wir, wenn die USA plötzlich schneller ist?» fragte er und setzte hinzu: «Warum also für einmal nicht kühn vorangehen?»

Slowenien macht der Schweiz etwas vor

Der Schweizer Widerspruch zwischen technologiefreundlichen Magistraten einerseits und der behäbigen politischen Realität, die Neuerungen entgegensteht, andererseits, wurde beim anschliessenden Podium über e-Governance deutlich.

 

Zuerst gabs Lob von Luis Cuende, einem spanischen Starprogrammierer. Der arbeitet seit einem Monat von Zug aus mit dem Start-up Aragon an einer E-Governance-Plattform, die auf dem Ethereum-Blockchain beruht und fand: «Ich habe überhaupt noch nie eine so cryptofreundliche Regierung gesehen wie hier. Zur Diskussion von staatlicher Seite kam dann aber kein Schweizer Behördenvertreter, sondern der slowenische Staatssekretär Tadej Slapnik. Denn Slowenien begreift die Blockchain-Technologie als strategisches Mittel, die ihr bei der Entwicklung der Wirtschaft helfen soll.

Hier summte es wie in einem Bienenstock: zur Founders Hall umfunktionierter Theatersaal des Casino Zug.

Hier summte es wie in einem Bienenstock: zur Founders Hall umfunktionierter Theatersaal des Casino Zug.

(Bild: mam)

«Wir werden aufholen müssen»

Neue Technologien würden oft in ärmeren und kleineren Ländern schneller eingeführt als in saturierten Volkswirtschaften, meinte Daniel Gasteiger. Der ehemalige Banker und Crypto-Unternehmer erinnerte an Estland, das vor 20 Jahren nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion bei der Einführung einer digitalen Identität voranging. «Entweder haben sie keine andere Wahl oder eine extrem junge Regierung, die technologieaffin ist. Und manchmal wissen sie auch gar nicht, was sie damit auslösen», meinte er.

Dies sei ein grosser Unterschied zur Schweiz, wo Politiker bei der blossen Erwähnung des Wortes e-Voting schon in lautes Geschrei ausbrechen würden, sagte Gasteiger. «Aber sicher ist: In Sachen Blockchain werden wir aufholen müssen.»

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