Baarer Ferienanbieter: Aufstand der Aktionäre

Jetzt muss ein Richter über die Finanzen von Hapimag entscheiden

VR-Präsident Fontana vor dem Plenum.

(Bild: zvg)

Eigentlich möchte die neue, Internet-affine Führungsriege von Hapimag den Zuger Touristik-Konzern in eine Zukunft führen, die so hell strahlt wie die Fassade des neuen Hauptsitzes in Steinhausen. Doch die Mitglieder der Feriengesellschaft verfügen eine Sonderprüfung der Finanzen. Sie wollen wissen, ob bei Hapimag alles mit rechten Dingen zugeht und korrekt abgerechnet wird.

Es war wieder Zeit für gelebte Aktionärsdemokratie im Kanton Zug: Hapimag bat am Mittwoch zur Generalversammlung in die grösste verfügbare Halle von Baar. Über 400 Teilhaber und Gäste bevölkerten die Waldmannhalle – eine Kamera übertrug die Geschehnisse per Live-Streaming im Netz. Übersetzer sassen in einer langen Reihe. In einem separaten Catering-Bereich verpflegten sich die debattierfreudigen Mitglieder des Anbieters von Wohnrechten in Ferienparadiesen.

Normalerweise dauert dies bei Hapimag den ganzen Tag, am Mittwoch aber noch ein wenig länger als gewöhnlich. Grund: Eine Gruppe kritischer Aktionäre wollte die von ihnen als intransparent empfundene Rechnungslegung beim Tourismusunternehmen durchleuchten.

Ihnen stiess der Verkauf von zweier Ferienanlagen in Frankreich und Österreich auf. Dieser war noch unter der früheren Unternehmensführung geschehen. Die Käufer der Hapimag-Resorts hatten diese später mit Gewinn weiterverkauft. Die kritischen Aktionäre wollen insgesamt bei zehn Resortkäufen oder -verkäufen «Merkwürdigkeiten» festgestellt haben. 

Angst vor Verlusten

Die kritischen Aktionäre, die sich zum Verein «Hapimag Ferienclub für Aktionäre» zusammengeschlossen haben, schickten ausserdem den bekannten Aktionärsvertreter Hans-Jacob Heitz vor. Der beanstandete, dass die Eigenkapitalquote bei Hapimag markant gesunken sei. Aus Angst davor, dass die Unternehmungsführung Verluste verschleiere, verlangte er eine Sonderprüfung der Finanzen.

Hochwertig: Hapimag-Resort in einem französichen Schloss.

Hochwertig: Hapimag-Resort in einem französichen Schloss.

(Bild: zvg)

Insgesamt reichten die kritischen Aktionäre Dutzende konkrete Fragen ein. Stefan Schalch, Rechtsanwalt aus Zürich und Vizepräsident des Verwaltungsrats liess es sich nicht nehmen, die Fragen ausführlich vor dem Plenum zu beantworten. So rühre etwa das gesunkene Eigenkapital von Wechselkursschwankungen her, sagte er.

Schalch hatte die Leitung der Versammlung von Giatgen Peder Fontana übernommen. Der Verwaltungsratspräsident hatte nach über fünf Stunden Diskussion über niedrige Blutzuckerwerte und nachlassendes Sehvermögen geklagt.

Mehrheit der Aktionäre gegen Verwaltungsrat

Der Verwaltungsrat fand, eine Sonderprüfung werde nichts ergeben, sondern nur Kosten mit sich bringen. Er unterlag in der Abstimmung aber deutlich – 53,7 Prozent der anwesenden Stimmen gaben den Ausschlag gegen ihn. Insgesamt war 65 Prozent des Kapitals an der Generalversammlung vertreten.

Immerhin einen kleinen Erfolg konnte der Verwaltungsrat für sich verbuchen, weil die Versammlung einige spät eingereichte Kritikpunkte von der Sonderprüfung ausnahm. Zum Beispiel den Vorwurf der intransparenten Rechnungslegung.

Hunderte Aktionäre des Wohnrechtsanbieters Hapimag verbrachten den gesamten Mittwoch in der Baarer Waldmannhalle.

Hunderte Aktionäre des Wohnrechtsanbieters Hapimag verbrachten den gesamten Mittwoch in der Baarer Waldmannhalle.

(Bild: mam)

Richter sagt, welche Punkte wirklich prüfenswert sind

Nun also muss ein Richter eingeschaltet werden, der sich die strittigen Punkte ansieht und verfügt, welche von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nochmals unter die Lupe genommen werden. Ihr Bericht könnte dann allenfalls zur Grundlage für die Gesellschaft oder die kritischen Aktionäre werden, um gegen Verantwortliche Klage einzureichen.

Die Vergangenheit holte die Hapimag-Führung auch in anderer Beziehung ein. Das Aktionariat ist durchschnittlich 67 Jahre alt. Deswegen beschäftigen sich viele Teilhaber seit Jahren schon mit der Frage, wie sie ihre Aktie, die sie zum Bezug von Ferien in Hapimag-Anlagen berechtigt, weitergeben oder verkaufen können. Das Unternehmen kauft aber nur relativ wenige zurück – und diese bisher zu einem niedrigen Preis.

Neun Stunden dauerte die Generalversammlung für Hapimag-CEO Hassan Kadbi und Verwaltungsratspräsident Giatgen Peder Fontana.

Neun Stunden dauerte die Generalversammlung für Hapimag-CEO Hassan Kadbi und Verwaltungsratspräsident Giatgen Peder Fontana.

(Bild: zvg)

Bessere Bedingungen bei Aktienrückkauf

Sie wird nun gezwungen sein, Aktien zu den Bedingungen zurückzuerwerben, unter denen sie erworben worden waren. Dies beschloss die Generalversammlung ebenfalls.

Hapimag: Sharing-Industrie aus der Wirtschaftswunderzeit

Die Hapimag AG wurde in 1963 in Zug von zwei Leuten gegründet. Die Grundidee: Man kauft und nutzt gemeinsam Ferienwohnungen. Mitterweile betreibt Hapimag in verschiedenen Ländern rund 60 Ferienanlagen mit 5’000 Wohneinheiten, beschäftigt 1’300 Leute – 220 davon im Kanton Zug – und setzte 2017 rund 160 Millionen Euro um. Kunden sind rund 100’000 Aktionäre und rund 30’000 Mitglieder, die Guthaben zum Bezug von Wohnrechten haben. Hapimag ist ein Vorläufer der heutigen Sharing-Economy – mit dem Unterschied, dass man etwa bei AirBnB die geteilten Objekte nicht mehr mitbesitzen muss.

CEO Hassan Kabli, der 2016 angetreten war, den Touristikkonzern in die Zukunft zu führen und der den Nimbus des Turnaround-Managers hat, weil er die kriselnde Hapimag-Anlage in der Türkei zum Erfolg geführt hat, muss sich also weiter mit Altlasten herumschlagen.

Technologische Entwicklungshilfe

Dabei möchte er eigentlich das Traditionsunternehmen, das anerkanntermassen über schöne und hochwertige Ferienanlagen verfügt, auf die Höhe der Zeit bringen. Einige Probleme und viele Strukturen bei Hapimag liessen sich mit neuer Technologie verbessern. Erstaunlich deshalb, dass Hapimag für seine 130’000 Aktionäre und Mitglieder noch nicht mal über ein Buchungsportal verfügt, das als App auf dem Handy funktioniert.

Andreas Winiarski soll helfen, Hapimag auf die Höhe der Zeit zu bringen.

Andreas Winiarski soll helfen, Hapimag auf die Höhe der Zeit zu bringen.

(Bild: mam)

Im vergangenen Jahr hatte Hapimag deshalb schon einen Google-Manager in den Verwaltungsrat geholt – dieses Jahr nun folgte mit Andreas Winiarski ein Internet-Unternehmer. Der Deutsche betreibt einen Wagniskapitalfonds und führte früher Rocket International – eine Firma, die Start-ups am Fliessband produziert. 

Weisser Sitz im Sumpf

Vorwärts gehts auch für die 220 Mitarbeiter am Hauptsitz in Baar. Sie ziehen ab nächster Woche in einen funkelnagelneuen Firmensitz um, den Hapimag im Steinhauser Gewerbegebiet Sumpf errichten liess. Die Sitzverlegung von Baar nach Steinhausen war einer der wenigen Traktanden an der Generalversammlung, die in der Waldmannhalle nicht auf Fundamentalopposition stiess.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon