Der Chef des Kantonsspitals Luzern im Interview

Benno Fuchs: «Beim Lohn werde ich keinen Franken weichen»

Benno Fuchs, der Direktor des Luzerner Kantonsspital, stellt sich den zehn brennendsten Fragen.

(Bild: ida)

Das Gesundheitswesen führt in der Öffentlichkeit regelmässig zu Empörung: Steigende Kosten, zurückgeforderte Prämienverbilligungen und offengelegte Löhne von Chefärzten erzürnten in den letzten Monaten die Luzerner Bevölkerung. Der Direktor des Kantonsspitals Luzern, Benno Fuchs, zeigt sich gelassen.

Das Gesundheitswesen ist im Umbruch – was Dauerthema in der Bevölkerung und den Medien ist. Aktuell widmet sich die mediale Berichterstattung den Löhnen von Chefärzten (zentralplus berichtete).

Aber auch auf höheren Ebenen ist vieles im Wandel. Der Regierungsrat will das Luzerner Kantonsspital (LUKS) und die Luzerner Psychiatrie in zwei Aktiengesellschaften umstrukturieren. Dagegen erhebt sich Widerstand und die Angst vor einem «Ausverkauf des Gesundheitswesen» ist entstanden (zentralplus berichtete). Die SP Luzern zieht einen Lohndeckel für Chefärzte in Betracht – überhöhte Entlöhnungen würden zu Lasten des Prämienzahlers gehen, was gedämpft werden müsse (zentralplus berichtete).

Aber auch die technische Entwicklung schreitet rasant voran. Diesen Donnerstag stellte das LUKS den neuen Hybrid-Operationssaal vor, ein sieben Millionen schweres Projekt (zentralplus berichtete).

Die Schlagzeilen scheinen Benno Fuchs, den Chef des Luzerner Kantonsspitals, nicht aus der Ruhe zu bringen. Er macht einen zufriedenen Eindruck und stellt sich gelassen den zehn Fragen, mit denen zentralplus ihn konfrontiert.

zentralplus: Sie sprachen an der Medienkonferenz zur Eröffnung des neuen Hybrid-OP von einem «grossartigen Moment». Weshalb ist dies ein entscheidender Schritt für das Luzerner Kantonsspital?

Zur Person

Der 55-jährige Benno Fuchs ist seit 2003 Direktor des Luzerner Kantonsspitals und somit Chef von rund 7’000 Angestellten. Fuchs ist Vater von vier Kindern und lebt mit seiner Familie in Luzern.

Benno Fuchs: Wir sind das Zentrumsspital der Zentralschweiz mit umfassenden medizinischen Angeboten in Diagnose und Therapie bis hin zur hochspezialisierten Medizin – und damit vergleichbar mit einem Universitätsspital. Wenn wir auf diesem Level sein wollen – und dazu haben wir auch den Leistungsauftrag – dann müssen wir auch die Schritte machen, die es dazu benötigt.

Es gibt viele medizinische Vorteile durch den Hybrid-OP, die den Patienten unmittelbar zu Gute kommen. So ist der Patient zum Beispiel einer deutlich geringeren Strahlenbelastung ausgesetzt, und komplexe Operationen können minimalinvasiv, das heisst mit kleinsten Schnitten in Haut oder Gewebe, durchgeführt werden. Dadurch werden die Grösse des Eingriffs und damit verbundene Belastungen und Risiken für die Patienten massgeblich reduziert, wie beispielsweise beim Ersetzen von Herzklappen. Zudem steht unseren Arbeitskräften nun modernste Technologie zur Verfügung.

zentralplus: In den letzten Jahren hat das Luzerner Kantonsspital enorm viel gebaut. 2016 wurde eine neue Augenklinik eröffnet, 2017 ein neues Notfallzentrum. Ab September 2018 sollen Räume in der Seidenhofstrasse als Brustzentrum und kardiologische Praxis genutzt werden (zentralplus berichtete). Ende 2018 soll das Parkhaus mit rund 600 Parkplätzen fertig sein (zentralplus berichtete). Nun der neue Hybrid-OP: Hat man die letzten Jahre etwas verschlafen?

Fuchs: Nein, im Gegenteil, wir haben gar nichts verschlafen. In Schweizer Spitälern führen steigende Patienten- und in der Folge Mitarbeiterzahlen, der medizinische Fortschritt, die heutigen Komfortbedürfnisse der Patienten, neue Prozesse und Strukturen und auch die steigenden Qualitätsvorschriften, zu veränderten Ansprüchen an die Spitalimmobilien. Wir haben vom Kanton Immobilien übernommen, die nun langsam am Ende ihres Lebenszyklus stehen. Wir erneuern diese sukzessive. Denn die besondere Herausforderung ist, dass die Immobilien unter laufendem Betrieb saniert oder neu gebaut werden müssen.

«Die Löhne sind mehr als gerechtfertigt. Dazu stehe ich als Spitaldirektor und hier werde ich keinen Franken weichen.»

zentralplus: Das Luzerner Kantonsspital legte letzte Woche die Löhne der Kaderärzte offen, nachdem diese in den Medien heiss diskutiert wurden (zentralplus berichtete). Es heisst, es sind Chefarztlöhne «mit Augenmass» in Höhe von rund 230’000 und 550’000 Franken. Sie selbst haben im Jahr 2016 rund 379’000 Franken verdient (zentralplus berichtete).

Fuchs: Die Löhne sind mehr als gerechtfertigt. Dazu stehe ich als Spitaldirektor und hier werde ich keinen Franken weichen. Eigentlich sind wir das Vorbild in der Schweiz schlechthin, was Löhne mit Augenmass und Lohnsystematik betreffen. Unsere Mitarbeitenden haben eine enorme Arbeitsbelastung, sie haben einen enormen Bildungsweg hinter sich und sie tragen eine enorme Verantwortung. Die Löhne sind angemessen und verdient.

zentralplus: Das Luzerner Kantonsspital will eine Aktiengesellschaft werden. Weshalb?

Fuchs: Es geht darum, Partnerschaften auf eine langfristig tragfähige und rechtlich solide Basis zu stellen. Eine qualitativ hochstehende, wirtschaftliche und wohnortsnahe medizinische Versorgung lässt sich künftig nur in enger Zusammenarbeit mit anderen Anbietern optimal gewährleisten. Wir sind mit dem Kantonsspital Nidwalden bereits eine Kooperation eingegangen. Geplant ist auf weitere Sicht eine Verbundlösung. Die Umwandlung zu einer Aktiengesellschaft würde es ermöglichen, die einzelnen Unternehmensbereiche und Beteiligungen zweckmässig und überschaubar in einer Holding-Struktur zu organisieren.

zentralplus: Die Partnerschaft zwischen dem Luzerner Kantonsspital und dem Spital Nidwalden wurde von den Medien als eine «Ehe zwischen Ungleichen» betitelt. Schluckt das Luzerner Kantonsspital einfach die Kleinen?

Fuchs: Es ist keine Ehe zwischen zwei Ungleichen. Beide brauchen einander für eine gute Ehe. Der Kleinere braucht den Grösseren, um die medizinische Versorgung wohnortsnah sicherstellen zu können. Der Grössere braucht den Kleineren, um die Zuweisung der komplexen Fälle zu erhalten und in der Grundversorgung entlastet zu werden. Aber eigentlich ist die Heirat erst geplant, aktuell sind wir noch im Stadium der Verlobung.

«Man muss auch über den Nutzen der Medizin sprechen.»

zentralplus: Privatisierungen lösen Ängste aus – vom «Ausverkauf des Gesundheitswesen» ist die Rede. Der Kanton soll der alleinige Aktionär sein – kann das auch für das Jahr 2050 garantiert werden?

Fuchs: Das Parlament und die Bevölkerung haben das letzte Wort. Es ist so im Gesetz verankert, dass Aktien nicht an Dritte übertragen werden dürfen. Der Kanton und somit das Volk bleibt alleiniger Eigner der geplanten Aktiengesellschaft. Das Luzerner Kantonsspital bleibt zudem unabhängig von der Rechtsform ein verlässlicher Partner. Dies belegen wir seit Jahren.

zentralplus: Die steigenden Kosten im Gesundheitswesen sind Dauergesprächsthema und erregen viele Gemüter. Welche Massnahmen ergreift das Luzerner Kantonsspital, um die Bevölkerung besänftigen und die Kosten senken zu können?

Fuchs: Wissen Sie, man spricht bei der Debatte im Gesundheitswesen immer nur von Kosten. Aber man muss auch über den Nutzen der Medizin sprechen. Und der Nutzen bei den betroffenen Menschen, die auf medizinische Versorgung angewiesen sind, ist enorm gross. Ja, die medizinische Versorgung ist im Einzelfall eine Leistung mit Kostenfolge, aber eine, die sich lohnt. Beispielsweise bei einer schnelleren Wiedereingliederung in die Arbeitswelt oder durch das Senken von Beschwerden im Alter. Und das vergisst man gerne.

«Wir werden als innovatives Spitalzentrum wahrgenommen. Und darauf sind wir auch stolz.»

zentralplus: Und wie lässt sich das Aussenbild des Luzerner Kantonsspitals stärken?

Fuchs: Wir müssen unser Aussenbild nicht stärken. Nach unabhängigen Umfragen bei Patienten haben wir ein sehr gutes Image. Wir werden als innovatives Spitalzentrum wahrgenommen. Und darauf sind wir auch stolz.

zentralplus: Wie funktioniert das System «ambulant vor stationär»?

Fuchs: Schon vor Jahren haben wir, wo möglich und auch sinnvoll, Verlagerungen vom stationären in den ambulanten Bereich vorgenommen. Als Beispiel sei die Implantation von Herzschrittmachern genannt, die wir seit Jahren schon ambulant durchführen. Bei uns ist die Neuerung durch die Umstellung aufgrund der verordneten Liste mit ambulant durchzuführenden Eingriffen daher nicht so gross wie in anderen Spitälern. Die Erfahrungen zeigen, dass wir mit der Liste zurechtkommen.

zentralplus: Kann man sagen, dass Benno Fuchs der mächtigste Mann des Zentralschweizer Gesundheitswesens ist?

Fuchs: Nein. Vielleicht der zufriedenste (lacht). Dies hat aber nichts mit Macht zu tun. Ich muss mit sehr viel Druck umgehen können. Die Frage ist, ob man den Beruf lebt und die Profession liebt und für das auch einsteht – und das tue ich. 

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Roland Grueter
    Roland Grueter, 03.03.2018, 17:48 Uhr

    Empörung, wenn ein Chefarzt gegen eine Million verdient. Hingegen kassieren die «Superleute» von Staatsbetrieben auch in dieser Grössenordung, dass scheint aber wenige zu kümmern.
    Uebrigens: Falls es noch immer nicht bekannt ist: Die Gesundheitskosten dürften 2017 um 2% gesunken sein. Das ist schon ein schöner Anfang.

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    • Profilfoto von Christian Hug
      Christian Hug, 04.03.2018, 21:38 Uhr

      Sehr geehrter Herr Grüter, nein, diese Zahlen sind uns tatsächlich nicht bekannt. Gemäss der Konjunkturforschungsstelle Kof der ETH Zürich betrug das Wachstum der Gesundheitskosten im Jahr 2017 4,1 Prozent.. 2018 sollen es 3,9 Prozent. sein. Das Kostenwachstum für das Jahr 2019 schätzt die Kof auf 4 Prozent. Der Krankenkassenverband Santésuisse rechnete für 2017 mit einem Kostenschub von 5,1 Prozent für den gesamten Gesundheitsbereich, auf die einzelne grundversicherte Person umgerechnet sollen es 4,1 Prozent sein. 2016 betrug der Kostenanstieg laut Santesuisse 4,9 Prozent.
      Aus welcher Quelle stammen denn ihre -2 Prozent für das vergangene Jahr?

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