Büros mit Kunst statt öden Billig-Bildern

Luzerner Start-up verkuppelt Künstler und KMUs

NoA Mitgründer Florian König, Ruth Rieder und die Künstlerin Selina Bächli packen die Bilder für die aktuelle Ausstellung aus.

(Bild: jav)

Viele Firmen wissen nach Monaten noch immer nicht, was sie sich an die Wände hängen sollen. Ein Ikea-Bild macht keinen guten Eindruck, der Buchhalter schiesst eben nur manchmal gute Bilder und Kunst ist teuer. Ein junges Luzerner Start-up hat die Lösung für alle leeren Firmenwände und für unabhängige Künstler.

Die neuste Ausstellung des Luzerner Start-ups «Network of Arts» (NoA) kann sich sehen lassen. Gleich neben der Sammlung Rosengart, in der Seidengasse 12, auf Fischgrätparkett und umgeben von hohen, weissen Wänden befinden sich die Räume der Sprachschule Smart Talk, in welcher gerade Kunst aufgebaut wird.

NoA wurde von Florian Paul Koenig und Florian Rieder im Sommer 2017 gegründet. Heute arbeiten in ihrem Team Designer, IT-Spezialisten und Anwälte. Ruth Rieder, die Geschäftsführerin der Sprachschule und die Mutter des Mitgründers, macht schon das zweite Mal vom Angebot des Start-ups Gebrauch.

Die immer gleichen Ikea-Bilder

Das Angebot offeriert Firmen Kunst zur Miete und bietet gleichzeitig unabhängigen Künstlern eine Plattform für Ausstellungen.

«Kulturelle Werte sind heute für viele Firmen ein Aushängeschild.»
Florian Koenig, Mitgründer NoA

«Ich bin hellbegeistert und wusste sofort, dass ich selbst Kundin werden würde», betont Ruth Rieder, die gerade die zweite Ausstellung in ihren Kursräumen beherbergt. Bevor sie ihre eigene Firma gründete, habe sie als Angestellte zehn Jahre lang immer dasselbe Ikea-Londonbus-Bild angestarrt. «Es hängen in so vielen Firmenräumen die immer gleichen Bilder aus den billigen Einrichtungsketten», betont sie.

Das Start-up

Network of Arts ist ein Dienstleistungsunternehmen, das die Bereiche Kunst und Unternehmen miteinander verbindet.

NoA bietet Unternehmen einen Service an, mit dem Kunst geliefert und in ihren Räumen eingerichtet wird. Die auf der Plattform von NoA vertretenen Künstlerinnen und Künstler erhalten im Gegenzug die Möglichkeit, ihre Arbeiten zu präsentieren und ihr Einkommen durch Ausstellungshonorare und Aufträge zu verbessern.

Neben der Beratung umfasst der Service von NoA die Vermietung und den Verkauf von Kunst an Private und Unternehmen. Auf Anfrage wird auch eine Vernissage mit Apéro und Künstlergespräch organisiert.

Kunst und Geld, Künstler und Räume

NoA-Mitgründer Florian Koenig klinkt sich ein, nachdem er gerade die Künstlerin Selina Bächli begrüsst hat. Der 27-Jährige, der selbst Kunst und Vermittlung studiert hat, sieht ein Bedürfnis für die Verbindung von Kunst und Büro – bei Firmen und bei den Künstlern.

Die Chance, als junger Künstler in eine Galerie reinzukommen, sei derzeit sehr klein. «Vielen Galerien geht es schlecht und sie brauchen deshalb etabliertere Künstler, damit sich ein Verkauf auch lohnt.» So würden junge und weniger bekannte Künstler kaum gefördert. «Der Humus der Kunstszene, die Jungen, organisiert sich dann selbst, organisiert in Off-Spaces Ausstellungen mit Besuchern aus der immer selben Szene.» Innerhalb dieser «Bubble» verkaufe man jedoch kaum etwas.

«Unsere Idee war deshalb, die Kunst aus dieser Bubble zu holen und dorthin zu bringen, wo andere Besucher sind – und wo auch Geld vorhanden ist», erklärt Koenig. Auch bei Unternehmen sei das Bedürfnis spürbar, öffentliche oder halböffentliche Räume mit Kunst aufzuwerten. «Kulturelle Werte sind heute für viele Firmen ein Aushängeschild.» Und auch für die Angestellten werte es den Arbeitsalltag auf.

Welche Kunst und wie viel?

«Kunst zu kaufen ist jedoch teuer, eine Auswahl zu treffen schwer und was, wenn man in einem Jahr wieder etwas anderes haben will? Dann muss man beinahe eine eigene Sammlung aufbauen», so Koenig. Bei NoA wird eine Ausstellung für sechs Monate gemietet. «Wir bieten Kunst von unabhängigen Künstlern an, eher von jüngeren, aber es sind auch ältere, etabliertere dabei, die in der Schweiz ohne Galerie arbeiten.»

Koenig tritt jeweils als Kurator mit einer Auswahl an die Firma heran, die er empfehlen würde. «Aber es gab es auch schon, dass sie sich für ganz andere Bilder entschieden haben, nachdem die Mitarbeiter sich gemeinsam durch unsere Künstler-Plattform geklickt hatten», erklärt er.

Es laufe gut, sagt Koenig. Mittlerweile sind sechs Ausstellungen abgeschlossen. Weitere sechs sind in Vorbereitung. «Vor allem die Feedbacks aus der Künstlerszene sind extrem positiv. Aber natürlich müssen wir gerade bei den Firmen noch bekannter werden.» Sie seien jedoch nicht gerade Marketingexperten, ergänzt er lachend.

Online klickt man sich bei NoA durch eine wachsende Zahl von Künstlern, die ihre Werke vermieten.

Online klickt man sich bei NoA durch eine wachsende Zahl von Künstlern, die ihre Werke vermieten.

Die Ausstellung macht den Künstler

Die Berner Künstlerin Selina Bächli ist gerade dabei, in den Räumlichkeiten von Smart Talk ihre Bilder auszupacken, welche die nächsten sechs Monate gemeinsam mit den Werken von Dominik Baumgartner und Stefanie Daumülle hier an den Wänden hängen werden. Es ist bereits ihre zweite Ausstellung mit NoA. Einige Künstler aus ihrem Umfeld und ehemalige Mitstudenten von der Kunsthochschule Luzern haben sich mittlerweile ebenfalls auf der Plattform registriert.

«Ausgewählt und ausgestellt zu werden, gibt der eigenen Arbeit einen Wert.»
Selina Bächli, Künstlerin

Für die Illustratorin, die in Zürich in einem 100-Prozent-Pensum arbeitet, hat sich ein anderes Selbstverständnis durch diese Ausstellungen gebildet. «Ausgewählt und ausgestellt zu werden, gibt der eigenen Arbeit einen Wert. Ich habe mich vorher nicht als Künstlerin wahrgenommen, sondern als Illustratorin. Doch das Vertrauen und die Wertschätzung pushen einen sehr.» Wenn man als Künstlerin nicht besonders aktiv in der Kunstszene sei, dann habe man es schwerer, in Ausstellungen reinzukommen. «Vitamin B ist da ein grosses Thema», so Bächli.

Es lohne sich, um Erfahrungen zu sammeln und in die Ausstellungsarbeit reinzukommen. «Zudem erhält man bei Galerien nur einen Anteil, wenn auch verkauft wird. Hier gibt es schon ein Honorar für die Ausstellung selbst», betont die Künstlerin und Florian Koenig erklärt: «Die Künstler erhalten einen Drittel des Ausstellungspreises und bei einem Verkauf 60 Prozent.»

Mieten, gern bekommen, kaufen

Ein Bild zu kaufen sei halt ein grosser Entscheid, betont Ruth Rieder. «Hätte ich das, was jetzt in den Räumen hängt, gekauft, wären das rund 30’000 Franken. So zahle ich einen Zehntel davon und wenn ich dann eines nicht mehr hergeben möchte, kaufe ich es.»

«Es weckt schon immer mehr die Lust an Kunst», so Rieder. Das habe sie auch bei ihren Kunden während der ersten Ausstellung schnell bemerkt. «Es wurde diskutiert, Leute kamen extra wegen der Bilder vorbei und schliesslich sind auch einige verkauft worden.» Das sei natürlich auch das Ziel, gibt Florian Koenig lachend zu.

Und das nicht nur bei den Firmen. Das nächste, geplante Angebot von NoA wird ein Kunst-Abo für Private. «Wir möchten Leuten auch die Möglichkeit geben, Kunstwerke zu Hause zu haben.» Alle vier Monate wird dem Abonnenten, für 30 Franken pro Monat, ein neues Werk zugeschickt. Dank der Online-Plattform und einem einfachen Quiz stellt NoA eine individuelle Auswahl zusammen. «So bieten wir unseren Kunden Empfehlungen an, nach dem Motto – das könnte Ihnen auch noch gefallen», erklärt Florian Koenig und zeigt begeistert das erste Bild, welches bereits in einem privaten Haushalt hängt. In seinem.

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