Der Mann, der die Crypto-Branche beherbergt

«In Zug gibt es heute sicher über 100 Crypto-Firmen»

«Wir machen das, weil wir an die Blockchain-Technologie glauben», sagt Mathias Ruch von Lakeside Partners.

(Bild: wia)

Aus aller Welt strömen Blockchain-Firmen nach Zug. Daran, dass Zug plötzlich als Crypto Valley betitelt wird, ist die Firma Lakeside Partners nicht unschuldig: Mitbegründer Mathias Ruch lockt aktiv neue Firmen an. Obwohl auch er sicher ist, dass man sich derzeit in einer Blase befindet.

Es ist ein Bürogebäude wie jedes andere, könnte man beim Eintritt ins Lakeside Business Center meinen. Ausser, dass an den Büroräumen Namen einschlägiger Cryptofirmen wie etwa «Bitmain Switzerland AG» stehen. 70 solcher Firmen sind es mittlerweile allein in diesem Haus. Im ersten Stock treffen wir Mathias Ruch, Mitbegründer von Lakeside Partners. Einer AG, die es Firmen im Blockchain-Bereich vereinfacht, in Zug Fuss zu fassen.

Ruch hat das Unternehmen Lakeside Partners gemeinsam mit dem Zuger Marco Bumbacher und Ralf Glabischnig im Jahr 2016 gegründet. Seit zwanzig Jahren investiert der Berner in der digitalen Start-up-Szene. Während der 90er-Jahre in Internet-Firmen, heute mit Fokus auf Blockchain.

zentralplus: Mathias Ruch, wenn man so will, dient Ihre Firma als Ermöglicher, ja fast als Köder für Blockchain-Firmen. Sehen Sie sich auch so?

Mathias Ruch: Wenn man uns damit als Firma sieht, die bewusst Cryptounternehmen nach Zug holen und diese hier halten will, dann sehen wir uns gern als Köder. Vor zwei Jahren haben wir angefangen, uns aktiv im Bereich Blockchain zu engagieren. So haben wir zum einen begonnen, Blockchain Summits und Start-up-Wettbewerbe durchzuführen, um die Szene kennen zu lernen. Zum anderen haben wir angefangen, uns in Sachen Co-Working Spaces zu engagieren. Damit soll die Szene lokal gebündelt werden. Der Grund, warum wir so stark in diesen Bereich investieren, ist einfach: Wir glauben an die Blockchain-Technologie.

«Ende 2016 waren etwa zehn Cryptofirmen hier im Haus tätig. Heute sind es 70.»

Mathias Ruch, Mitbegründer von Lakeside Partners

zentralplus: Es gibt kein anderes Unternehmen in Zug, ja vielleicht gar in der Schweiz, das eine ähnliche Rolle wie Sie einnimmt. Und Sie erhalten mittlerweile bis zu hundert Anfragen pro Woche von Cryptofirmen. Hatten Sie zur richtigen Zeit den richtigen Riecher?

Ruch: Man kann schon sagen, dass wir die Gunst der Stunde genutzt haben. Insbesondere im letzten Jahr ist sehr viel passiert. Ende 2016 waren noch etwa zehn Cryptofirmen hier im Haus tätig. Heute sind es 70. Seit Anfang Jahr hat sich die Situation wieder etwas normalisiert.

zentralplus: Wieso denn das?

Ruch: Ich würde sagen, der gesunde Menschenverstand ist zurück im System. Von Crypto-Start-ups wird mittlerweile etwas mehr Substanz verlangt, sie werden besser geprüft, die Anforderungen steigen.

zentralplus: Wie genau muss man sich das vorstellen, wenn Sie sagen, man überprüft diese Firmen?

Ruch: In verschiedenen Ländern sind die Regulationen strenger geworden. China und Korea etwa haben Initial Coin Offerings (ICOs) verboten, also nicht-regulierte Methoden zur Kapitalaufnahme via Blockchain-Technologie, und Kryptowährungen untersagt. Die USA haben ebenfalls regulatorische Stolpersteine. In der Schweiz muss man sich an geltende Gesetze halten, so kommuniziert es die Finma. So ist es heute angezeigt, dass man die Investoren identifiziert und muss diese hinsichtlich Geldwäschereigesetz prüfen. Das ist mittlerweile üblich. Und diese Art Kontrolle passt natürlich nicht allen Crypto-Enthusiasten. Die bleiben dann vielleicht eher fern.

«Wir haben in den letzten Monaten etwa 12 Mitarbeiter eingestellt, um die Menge an Anfragen bewältigen zu können.»

zentralplus: Haben Sie überhaupt Kapazität, diese Interessenten ernsthaft zu prüfen?

Ruch: Wir haben in den letzten Monaten etwa 12 Mitarbeiter eingestellt, um das bewältigen zu können.

zentralplus: Und wie wird da ausgewählt, mit welchen Firmen man arbeiten möchte und mit welchen nicht?

Ruch: Wir investieren nicht bloss in Tokens oder Kryptowährungen, sondern schauen uns jedes Unternehmen genau an. Wir wollen etwa immer das ganze Team sehen. Wenn die Firmen das nicht wollen, werden sie bereits aus dem Verfahren ausgeschlossen. Wir nehmen uns viel Zeit für diese Firmen, reden mit ihnen. Zudem müssen sie uns einen Business- und Finanzplan liefern – was viele nicht haben.

«Mittlerweile sind es aber weniger die Weltverbesser, die uns anfragen.»

zentralplus: Weil es sich in der Cryptobranche oft um Träumer handelt?

Ruch: Das auch. Idealisten, die ein romantisches Verständnis haben vom Unternehmertum. Mittlerweile sind es aber weniger die Weltverbesser, die uns anfragen. Für viele jetzige Interessenten ist die Blockchain-Technologie zentral.

zentralplus: Es besteht die Gefahr, dass sich unter all den Unternehmen, mit denen Sie zusammenarbeiten und welche Sie fördern, das eine oder andere schwarze Schaf versteckt. Haben Sie Angst davor, dass Sie eines Tages als Sprungbrett für illegal arbeitende Firmen wahrgenommen werden?

Ruch: Ja, das wäre tatsächlich der Worst Case und ist für uns natürlich ein Thema. Darum müssen wir sehr vorsichtig sein, und trotz vieler Anfragen die Messlatte stets hoch halten. Unser wichtigstes Credo ist es, dass wir die weisseste Weste haben wollen, die möglich ist. Wir verfahren nach Best-Practice-Grundsätzen für Unternehmensführung und sind an vorderster Front mit dabei, wenn es etwa um die Einhaltung von Regulierungen geht.

Im November 2017 fand der erste Blockchain-Gipfel in Zug statt – auch Ruch trat als Sprecher auf.


zentralplus: Doch auch abgesehen von den schwarzen Schafen gibt es Firmen, die nicht überall nur anerkennendes Kopfnicken ernten. Bitcoin etwa geniesst nicht nur einen guten Ruf. Die Währung wird als Blase betitelt und ist enorm volatil. Und weil die ganze Blockchain-Technologie sehr komplex ist, fürchten sich viele Menschen vor ihr. Bekommen auch Sie diese Skepsis zu spüren?

Ruch: Nun, man kann schon sagen, dass wir in einer Bubble drin sind. Und ich habe selber Mühe, meiner Frau zu erklären, was hier in Zug genau passiert. Denn etwas Vergleichbares habe ich noch nie erlebt. Trotzdem spüre ich sehr viel Wohlwollen von verschiedenen Seiten. Vom Kanton, von der Stadt, der Zuger Wirtschaftsförderung, aber auch vom Bundesrat, der letzthin seinen Segen für unsere Blockchain Task Force gegeben hat. Wir bekommen wenig mit vom Imageproblem, das etwa Bitcoin hat. Aber wir sind im Thema Kryptowährungen auch nicht aktiv involviert.

«Die ersten beiden Stockwerke des Crypto-Hubs waren innert zwei Wochen vermietet. Das ist eine tolle Sache.»

zentralplus: Ihrem Unternehmen ist viel an der Förderung von Co-Working Spaces und Hubs – also geteilten Geschäftsräumen – gelegen. Warum?

Ruch: Es macht wenig Sinn, dass Cryptofirmen hier nur ihre Briefkästen haben. Die Unternehmen brauchen und wollen Substanz. Und hier können wir in die Bresche springen. Anfangs Februar eröffnen wir unseren ersten Hub im alten Landis&Gyr-Gebäude. Die ersten beiden Stockwerke waren innert zwei Wochen vermietet. Das ist eine tolle Sache. Ein zweiter Hub ist geplant. Zu den Details kann ich jedoch noch nichts sagen.

zentralplus: Offiziell gibt es noch keine Zahlen. Doch was schätzen Sie, wie viele Kryptofirmen sind mittlerweile in Zug angesiedelt?

Ruch: Ich schätze, dass es in Zug sicher über 100 Firmen gibt, für dieses Jahr erwarten wir das Doppelte an Zuwachs. Das sind selten grössere Firmen mit zwanzig, dreissig Mitarbeitern. Viel häufiger sind sie zu zweit oder dritt. Aber wir rechnen sehr damit, dass wir mittelfristig einige Arbeitspätze generieren. Letzte Woche kam eine japanische Delegation vorbei, bei der sogar der Schweizer Botschafter dabei war. Das beweist einmal mehr, wie gross das internationale Interesse an Zug als Crypto Valley ist.

«Igendwann kommt dann das Steuersubstrat dazu. Und das nicht zu knapp.»

zentralplus: Wo liegt denn genau die Wertschöpfung bei den hiesigen Blockchain-Unternehmen?

Ruch: Die Branche ist jung und generiert daher noch wenig Wertschöpfung. Was wir jedoch bereits haben, ist das Kapital, das die Firmen mitbringen, das Wissen, die Infrastruktur sowie die regulatorischen Rahmenbedingungen. Weiter leben die Crypto-Unternehmer hier, essen hier, und irgendwann kommt dann das Steuersubstrat dazu. Und das nicht zu knapp.

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