Neue Luzerner Siedlung sucht Mieter für Gewerbe

Ein Himmelreich für Kreative und junge Labels

«Junge Labels und kleine Lädeli» lauten die Wünsche für die Siedlung Himmelrich 3 am südlichen Rand der Luzerner Neustadt. (Visualisierung: zvg)

Am Rande der Luzerner Neustadt wird gebaut wie wild. Im Himmelrich 3, der Siedlung der Allgemeinen Baugenossenschaft Luzern, entsteht auch ein neues Gewerbequartier. Gesucht sind innovative, einzigartige Ideen. Ein Hipster-Treffpunkt soll es aber nicht werden – ein Kontrast zur Mall of Switzerland darf es hingegen gerne sein.

«Keine Massenware, lokal und regional, frisch und saisonal, innovativ, modern, freundlich und anziehend, keinesfalls Nullachtfünfzehn.» So soll zusammengefasst die Gastro- und Gewerbemeile in der entstehenden Siedlung Himmelrich 3 am Rande der Luzerner Neustadt aussehen. Auf der grössten Baustelle der Innenstadt erstellt die Allgemeine Baugenossenschaft Luzern (ABL) zurzeit eine neue Siedlung mit 250 Wohnungen (zentralplus berichtete). 

Doch im Himmelrich soll nicht nur gewohnt, sondern auch gelebt werden. Und deshalb ist das Erdgeschoss dem Gewerbe, Detailhandel und der Gastronomie vorbehalten. Bis Ende November können sich Interessierte mit ihrem Konzept bewerben. Die Eröffnung ist dann für den Spätsommer 2019 vorgesehen. 

Tante Emma serviert zur Reparatur einen Kaffee

Insgesamt stehen 24 Lokale zur Verfügung, dazu kommt das mit 355 Quadratmetern grösste Lokal an der Ecke Claridenstrasse/Bleicherstrasse, für das ein Restaurant angedacht ist. Die restlichen Flächen sind bewusst kleiner gehalten – zwischen gut 20 und 120 Quadratmetern.

Denn bereits jetzt ist klar: Internationale Ketten oder Systemgastronomiebetriebe, welche beispielsweise die in drei Wochen aufgehende Mall of Switzerland dominieren (zentralplus berichtete), wird man im Himmelrich 3 nicht finden. Es ist vielmehr ein Kontrastprogramm zu erwarten. Buchhandlung, Tante-Emma-Laden, Modeboutique, Feinkost- oder Hofladen – das sind nur einige der Ideen, die der ABL vorschweben. «Es kann auch eine Kombination sein, beispielsweise ein Kleiderladen, in dem man zugleich Kaffee trinken und seine Nähmaschine reparieren lassen kann», sagt ABL-Mediensprecher Benno Zgraggen.

«Die Mieten werden wohl etwas unter dem marktüblichen Niveau liegen.»

Benno Zgraggen, Mediensprecher ABL

Die Rede ist zudem von «jungen Labels und kleinen Lädelis», denen eine Plattform gegeben werden könnte – die im besten Fall Unikate verkaufen, also Produkte, die es dann nur im Himmelrich gibt. Ein «Hipster-Treffpunkt» also? «Nein, das wird es nicht», sagt Zgraggen und lacht. Man achte zum einen darauf, die Wohnungen an ganz unterschiedliche Leute zu vermieten, insbesondere auch an Familien. Zum anderen könne auch genauso gut ein Optiker oder ein Coiffeur in die Marktgasse einziehen. 

Zahlbare Mieten unter dem Marktniveau

Doch gerade bei kleinen, unabhängigen Anbietern stellt sich die Frage nach der Finanzierung. Die ABL will die Gewerberäume bewusst zahlbar halten. Was das konkret für den Quadratmeterpreis bedeutet, steht aber noch nicht fest. «Wir werden voraussichtlich noch ein Jahr brauchen, bis wir die Mietzinsen verbindlich festlegen.» Die Interessenten müssten in ihren Konzepten angeben, welche Miete sie zahlen können und wollen. Mit Instrumenten wie Staffel- oder Umsatzmiete ist für die ABL eine Art Anschubunterstützung für kleine Betriebe denkbar. «Unser Neubau hat seinen Preis, aber die Mieten werden wohl etwas unter dem marktüblichen Niveau liegen», sagt Zgraggen. 

«Junge Labels und kleine Lädelis» – das ist gewünscht. (Visualisierung: zvg)

«Junge Labels und kleine Lädelis» – das ist gewünscht. (Visualisierung: zvg)

Das Konzept erarbeitet hat die Fischer Immobilienmanagement AG aus Zürich. Denn die ABL hat als Wohnbaugenossenschaft keine Erfahrung in der Vermietung von Gewerberäumen, sagt Mediensprecher Benno Zgraggen. Die Firma, die auch bei der berühmten Zürcher Überbauung Kalkbreite mitwirkte, ist zum Schluss gekommen: In Luzern besteht eine grosse Nachfrage nach kleinen und bezahlbaren Flächen. 

«Das Interesse unsererseits ist vorhanden.»

Coop-Mediensprecher Patrick Häfliger

«Natürlich steht und fällt das Ganze mit den ersten Mietern, die in unser Konzept passen und die dann weitere anziehen werden», sagt Zgraggen. Die ersten Bewerbungen sind bereits eingegangen – doch weder deren Zahl noch potenzielle Namen sind bereits spruchreif. Die ersten Entscheide sollen bis im Frühling 2018 fallen. Zgraggen ist zuversichtlich: «Wir sind überzeugt, dass wir die Lokale füllen können.» 

Obwohl die Claridenstrasse als autofreie Marktgasse angedacht ist: Für die Kunden sollen im öffentlichen Teil der Tiefgarage ein paar bezahlte Parkplätze zur Verfügung stehen. «Wer etwas Schweres abholen oder bringen muss, braucht einen Parkplatz», sagt Zgraggen. «Es ist aber nicht unsere Idee, nur die Autokundschaft anzuziehen.»

Coop zeigt Interesse

Wer im Himmelrich 3 oder in der Nähe wohnt, soll auch in der neuen Siedlung seinen Kühlschrank füllen können. Deshalb ist die ABL mit Detailhändlern im Gespräch. Migros habe auf eine erste Anfrage allerdings ablehnend reagiert, heisst es im Magazin der ABL. Bei der Genossenschaft Migros Luzern verweist man auf die kürzlich umgebaute und vergrösserte Waldstätter-Filiale in der Neustadt (zentralplus berichtete). «Auch für die zukünftigen Bewohner der Siedlung Himmelrich 3 ist die Filiale zu Fuss in zwei Minuten erreichbar», sagt Mediensprecherin Antonia Reinhard.

Anders bei Coop, wo man überrascht reagiert. «Das Interesse unsererseits ist vorhanden», sagt Coop-Mediensprecher Patrick Häfliger. Auch Benno Zgraggen sagt: «Wir führen nach wie vor Gespräche.» Gleichzeitig laufe die Suche nach potenziellen anderen Kandidaten, sagt Zgraggen, ohne Namen zu nennen. Im Idealfall wünscht sich die ABL einen Anbieter, der auch regelmässig einen Wochenmarkt durchführt.

Räume in allen Grössen: In der Nummer 25 ist ein Restaurant geplant. Auch die Lokale 22 und 23 sind für Gastrobetriebe vorgesehen.

Räume in allen Grössen: In der Nummer 25 ist ein Restaurant geplant. Auch die Lokale 22 und 23 sind für Gastrobetriebe vorgesehen.

(Bild: zvg)

Ein zweiter Haken ist der Standort. Zwar wird das Himmelrich 3 von Fischer Immobilienmanagement als gute Verkaufslage beurteilt. Sie sei jedoch nicht «optimal an die umliegenden Verkaufsflächen angeschlossen». Sprich: Wer in der Neustadt einkauft, wird nicht flugs noch an die Claridenstrasse schlendern, weil dazwischen doch etliche Laufmeter zu bewältigen sind. Deshalb will die ABL an der Ecke zur Bundesstrasse hin ein Café oder Bistro. «Das könnte helfen, damit man nicht beim Helvetiagärtchen aufhört zu flanieren, sondern diesen kurzen Weg zur Marktgasse auch noch auf sich nimmt.»

«Wir haben uns bewusst gegen Büros entschieden, obwohl deren Vermietung wohl einfacher wäre.»

Benno Zgraggen, Mediensprecher ABL

Auch deshalb setzt man auf junge und kreative Köpfe. Denn gemäss der Fischer Immobilienmanagement AG führen gerade Inhaber von kleinen Lädelis erfahrungsgemäss oft Events im kleinen Rahmen durch und sind gut in den sozialen Medien vernetzt – was das Himmelrich beleben und attraktiv machen würde.

Leben im Quartier – das ist der Traum der ABL. «Wir haben uns bewusst gegen Büros im Erdgeschoss entschieden, obwohl deren Vermietung wohl einfacher wäre», sagt Zgraggen. Mit dem angestrebten Mix will die ABL einerseits die zukünftigen Bewohner der Siedlung ansprechen. «Andererseits sollen Luzerner aus der ganzen Stadt sagen: Wir gehen im Himmelrich 3 einkaufen – und nehmen danach gleich noch einen Apéro vor Ort.» 

Im Kanton Luzern wurde so viel gebaut wie nie. Unser Bild: die Himmelrich-Baustelle in der Stadt Luzern Ende 2016.

Im Kanton Luzern wurde so viel gebaut wie nie. Unser Bild: die Himmelrich-Baustelle in der Stadt Luzern Ende 2016.

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