Reputationsrisiken im Crypto Valley Zug

Diese Gefahren birgt der Zuger Goldrausch

Cryptowährungen: Nicht nur Mikro- auch Makrozahlungen werden getätigt.

(Bild: flickr/scottks)

Mit spektakulären Geldsammelaktionen haben mehrere Blockchain-Unternehmungen im Frühsommer Hunderte von Millionen Franken eingesammelt. Doch wie kann man verhindern, dass durch diese Geldflut Schmutzgeld nach Zug gelangt? Ein Geldwäscherei-Experte und ein Zuger Anwalt haben Vorschläge. 

Goldgräberstimmung im Crypto Valley Zug: Millionen für abenteuerliche Software-Projekte fliessen wie Milch und Honig. In den ersten 13 Tagen des Monats Juli sammelte die in Zug ansässige Tezos-Stiftung umgerechnet 230 Millionen Dollar, die Zuger Stiftung Bprotocol hatte im Juni bei Anlegern umgerechnet 153 Millionen Dollar abgeholt – und zwar innert drei Stunden.

Was für eine Entwicklung: Vor drei Jahren musste die in Baar ansässige Ethereum-Stiftung noch ganz klein anfangen. Gerade mal umgerechnet 12 Millionen Dollar konnte das Start-up um den Programmierer Vitalik Buterin in einem Crowd-Funding einsammeln. Heute ist Ethereum die Plattform für die zweitwichtigste Kryptowährung – über 20 Milliarden Dollar sind derzeit in Ether angelegt. 

Gubelstrasse 11 in Zug: Sitz von Tezos und BProtocol und vielen andern Domizilgesellschaften.

Gubelstrasse 11 in Zug: Sitz von Tezos und BProtocol und vielen andern Domizilgesellschaften.

(Bild: mam)

Bitcoins aus dem Darknet

Beflügelt wird das Investorenvertrauen – oder die Anlegewut – mit einem Höhenflug bei Bitcoin und Ether, welcher die Träume von manchem Glücksritter beflügelt. Die beiden Kryptowährungen haben seit Beginn des Jahres ein Vielfaches an Wert gewonnen.

Doch mit der Geldflut werden künftig auch Mittel aus zweifelhafter Herkunft mit Zug in Verbindung gebracht werden (zentralplus berichtete). Kann also das Crypto Valley, das so grosse wirtschaftliche Chancen bietet, gleichzeitig als Geldwäscher-Eldorado bekannt werden?

Das Risiko ist die Schwester der Chance

Für den Geldwäscherei-Experten Daniel Thelesklaf, der in der Schweiz die Meldestelle für Geldwäscherei aufgebaut hatte und nun in Liechtenstein für die Geldwäscherei-Bekämpfung zuständig ist, besteht durchaus ein Reputationsrisiko. «Kryptowährungen erhöhen das Geldwäscherei-Risiko, weil es fraglich ist, ob die Anbieter solcher Dienstleistungen dem Geldwäschereigesetz ausdrücklich unterstellt sind und ob sie sich unterstellen lassen», meint er. Ferner hätten viele solche Anbieter ihren Sitz nicht in der Schweiz, bieten hier aber ihre Dienstleistungen an.

Bitcoin-Kurs in Franken. Die Schwankungen und die Wertsteigerung locken Spekulanten an.

Bitcoin-Kurs in Franken. Die Schwankungen und die Wertsteigerung locken Spekulanten an.

(Bild: coingecko)

«Grundsätzlich fallen Schweizer Finanzintermediäre unter die Geldwäschereigesetzgebung», führt Vinzenz Mathys von der Finanzmarktaufsicht (Finma) aus, welche diese Frage regeln muss. Aber: «Ob ein Blockchain-Geschäftsmodell als Finanzintermediär gilt und folglich unter dieses Gesetz fällt, muss im Einzelfall geprüft werden.»

Der Teufel sitzt im Detail

Gemäss Thelesklaf sollte die Finma für mehr Rechtssicherheit sorgen: «Die Behörden sollten eine Klarstellung zur Unterstellung und zur Qualifikation von Kryptowährungen machen.»  Es gebe ausführliche Kommentare der Behörden zum Thema Unterstellung. «Dieser setzt sich beispelsweise mit Betriebssparkassen auseinander – aber nicht mit Kryptowährungen.»

Die Finma tastet sich auch in anderen Bereichen bedächtig an die Problematik heran. So brauchen Firmen, die Publikumsgelder zur Aufbewahrung entgegennehmen,  eine Bankenlizenz. Nicht aber die verschiedenen Unternehmen aus dem Crypto Valley, die Bestände von Kryptowährungen aufbewahren und handeln.

Ether-Kurs  in Schweizer Franken.

Ether-Kurs  in Schweizer Franken.

(Bild: Coingecko)

Verbrechen bekämpfen die Strafverfolger – wenn sie davon wissen

Ermutigt in ihrer laxen Haltung wird die Finanzbehörde durch die Landesregierung. Die hat nämlich per 1. August die Bankenverordnung geändert, damit die Fintech-Industrie in der Schweiz schneller auf die Beine kommt. Für Publikumseinlagen bis zu einer Million Franken braucht ein Unternehmen künftig keine Bewilligung mehr. Und Einlagen, die für anstehende Geschäfte gedacht sind, gelten schon gar nicht als Einlagen, wenn das Geschäft innerhalb von zwei Monaten abgewickelt wird.

Die Finanzmarktaufsicht als Aufsichtsbehörde über Finanzdienstleister kann aber ohnehin keine Allzweckwaffe gegen Geldwäsche sein. Denn sie prüft nur, ob die Aufsichtsbestimmungen des Geldwäschereigesetzes eingehalten werden. Für die Verfolgung von kriminellen Handlungen hinter dem Schwarz- und Blutgeld sind hingegen die Strafverfolgungsbehörden zuständig – sofern sie davon erfahren. Sonst gilt: Wo kein Kläger, da kein Richter.

Unbekannt: Der Besitzer des Geldes

Fragt sich also: Wo genau liegt die Problematik und das Risiko bei den Blockchain-Unternehmungen? Antwort: In der Anonymität der Anleger. Man weiss durch die Blockchains, wann eine Währung für was eingesetzt wird, aber nicht, wem sie gehört.

Kommt hinzu, dass die meisten Zuger Blockchain-Unternehmungen als Stiftungen eingetragen werden. Stiftungen erlauben Spendern anonym zu bleiben. Sowohl die eingangs erwähnte Tezos, die Unternehmung des amerikanischen Ehepaar Breitman, wie auch Bprotocol des israelischen Startups Bancor sind Stiftungen und Domizilgesellschaften (Briefkastenfirmen), die bei einem Treuhandbüro  an der Gubelstrasse in Zug eingemietet sind.

Schutz des geistigen Eigentums

«Die Anonymität ist nicht ausschlaggebend» widerspricht Luka Müller von der Anwaltskanzlei MME, die sich auf Blockchain-Projekte spezialisiert hat. Der Standort Schweiz werde wegen dem sehr restriktiven Stiftungsrecht gewählt. Die Spender gälten nicht als Begünstigte. Gelder, die in eine Stiftung fliessen, könnten nur noch gemäss ihrem Zweck verwendet werden. Meist würden sie für Entwicklungen eingesetzt. Die Blockchain-Unternehmer veröffentlichten die Software als Open Source und sähen ihr geistiges Eigentum durch die Schweizer Rechtsform der Stiftung besonders gut geschützt, sagt Müller.

«Die grösste Herausforderungen  liegen weniger in Steuer- und Geldwäschereifragen, Sondern im Datenschutz.» 

Luka Müller, Anwalt

Bleibt das Grundproblem der Kryptowährungen: Bei Transaktionen bleibt der wirtschaftlich Berechtigte unbekannt. Allen sei bewusst, dass die Problematik mit der Identität gelöst werden müsse, sagt Luka Müller. «Und sie wird auch gelöst – viele Projekte sind schon am Laufen». Für ihn lägen bei Blockchain-Projekten die grösste Herausforderungen weniger in den Steuer- und Geldwäschereifragen. «Sondern im Datenschutz – weil durch die digitale Abwicklung immer und jede jede Transaktion transparent wird». Zwar werden Informationen in Blockchains verschlüsselt weitergegeben, ist die Verschlüsselung mal weg, so wird vieles sichtbar.

Ein weiterer Punkt sei der Anlegerschutz – die «Geldsammler» müssen auch halten, was sie versprochen haben.

Blockchains können auch helfen, Verbrechen zu bekämpfen

Doch die Blockchain-Technologie bietet auch Vorteile bei der Verbrechensbekämpfung: «Keine Transaktion kann durchgeführt werden ohne Spuren zu hinterlassen», sagt Geldwäscherei-Experte Daniel Thelesklaf. Sie sei vollständig an einem zentralen Ort dokumentiert und man spare Zeit, insbesondere um grenzüberschreitende Transaktionen aufzuspüren. «Wenn sich Technologien zum bargeldlosen Zahlen  durchsetzen, kann auch damit ein Beitrag zur Geldwäschereibekämpfung gemacht werden», sagt Thelesklaf.

Die Währungen Bitcoins und Ether sind im Hoch.

Die Währungen Bitcoins und Ether sind im Hoch.

(Bild: flickr/ BICKeychain)

Was lst ist zu tun? «Wichtig ist, dass man offen, aber nicht naiv mit diesen neuen technologischen Erscheinungsformen umgeht», sagt Anwalt Luka Müller. Dass man frühzeitig Regelungen einführt, die eine nachhaltige Entwicklung sicherstellen. «Schlaumeierei oder regulatorischer Übereifer hat hier keinen Platz», findet er.

«Wenn sich Technologien zum bargeldlosen Zahlen durchsetzen, kann damit ein Beitrag zur Geldwäschereibekämpfung gemacht werden»

Daniel Thelesklaf, Geldwäscherei-Experte

Wichtig sei aber auch, dass die Regeln effizient seien. Das heisst für ihn: keine Überhäufung mit bürokratischen Pflichten bei kleinen Transaktionen. «Sonst würde man einen grossen Vorteil der Blockchain für rasche, sichere und günstige Transaktionen – besonders für Entwicklungsländer ohne funktionierendes Banksystem –  gefährden». Sein Vorschlag: Klare Schwellenwerte setzen; effiziente Dokumentationspflichten im Konsumbereich bis 25’000 Franken pro Jahr. Danach je nach Transaktionhöhe – mehr Pflichten.

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