Teure Bahnfahrt auf das Luxus-Resort eckt an

Ein Berg nur für Reiche? Saftiger Wegzoll auf den Bürgenstock

50 Franken wert? Die neue Bürgenstockbahn fährt ab Ende August.

(Bild: zvg)

50 Franken kostet die Bahnfahrt auf den Bürgenstock – eine glatte Verdoppelung gegenüber dem Preis aus dem Jahre 2011. Bei Experten eckt die Preispolitik an. Will das Resort nur die Gutbetuchten auf dem Stadtberg?

Der Nachbau der historischen Bürgenstockbahn wird die ersten Gäste ab 28. August die saftig grünen Wiesen von der Talstation Kehrsiten hinauf zum Luxus-Resort schweben lassen. Saftig sind auch die Preise. Ein Retourbillett schlägt ohne Halbtax oder Generalabonnement mit 50 Franken zu Buche, eine glatte Verdoppelung im Vergleich zum ursprünglichen Preis aus dem letzten Betriebsjahr 2011 (zentralplus berichtete). Ausgenommen sind Übernachtungsgäste, sie können die Bahn kostenlos nutzen.

Tagestouristen ohne Konsumation nicht erwünscht?

Besonders trifft es GA-Besitzer, sie bezahlen neu wie Halbtaxabonnementen 25 Franken, früher war die Fahrt kostenlos: «Ich weiss nicht, woran die Integration in den ÖV-Verbund gescheitert ist. Aber ich weiss, dass 25 Franken für Halbtax- oder GA-Benutzende viel zu hoch ist, von den 50 Franken Normaltarif ganz zu schweigen», enerviert sich Martin Stuber von Pro Bahn Zentralschweiz. «Offenbar sind Tagestouristen wenig erwünscht. Der Bürgenstock soll wohl vor allem exklusiv denjenigen vorbehalten sein, welche sich die Preise auf dem Bürgenstock leisten können.»

«Der Preis von 50 Franken wirkt auf den ersten Blick sehr hoch.»

Urs Wagenseil, Tourismusexperte

Die neue Preispolitik dürfte auch die Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees (SGV) interessieren. Sie baut für rund fünf Millionen Franken ein Shuttleschiff, das ab 2018 im Stundentakt zwischen Kehrsiten und Luzern verkehren wird. «Es ist schade, dass es nicht gelungen ist, die Bahn in den GA-Verteilschlüssel zu integrieren», so SGV-Direktor Schulthess. «Wir haben mit den Resort-Verantwortlichen lange diskutiert, diese sind jedoch zu einem anderen Schluss gekommen.»

So sieht das zukünftige Bürgenstock-Shuttleschiff der SGV aus.

So sieht das zukünftige Bürgenstock-Shuttleschiff der SGV aus.

(Bild: zvg)

Der SGV-Direktor kann sich aber nicht vorstellen, dass das Resort Besucher vergraulen will: «Bei den zahlreichen Restaurants auf dem Bürgenstock besteht ein grosses Interesse, dass Tagesgäste erscheinen.»

Wirkt tatsächlich sehr hoch

«Der Preis von 50 Franken wirkt auf den ersten Blick sehr hoch», hält Tourismusexperte Urs Wagenseil fest. «Ausserdem haftet der Verdopplung des Preises der spontane Eindruck an, dass auf dem Bürgenstock eher die ‹Mehr-Besseren› willkommen sind.»

Die Bergbahn-Preise im Vergleich:

*Die Zugerberg-Bahn ist Teil des Zuger Tarifverbundes

Wagenseil, der an der Hochschule für Wirtschaft doziert, relativiert jedoch: «Viele Schweizer besitzen in der Regel ein Halbtax. Wir müssen also von einem Preis von 25 Franken ausgehen.» Ausserdem sei nicht nur der Einzelpreis für die Fahrt entscheidend, sondern das Gesamtpaket: «Der Kunde sieht die Bahnfahrt als Erlebnis, inklusive Schiffsausflug sowie der Besuch im Bürgenstock-Resort.» Wer einzig auf den Preis schauen wolle, könne auch den Bürgenstock gut per Postauto erreichen.

Ist die Preiserhöhung kontraproduktiv?

Rund 150’000 Tagestouristen will das Resort anlocken, neben der gleichen Zahl Übernachtungen im Jahr. Dass die Tagesgäste wichtig sind, bestätigt Tourismusexperte Urs Wagenseil: «Der Bürgenstock ist auf eine gewisse Frequenz angewiesen», hält Wagenseil fest. Nicht nur aus betriebswirtschaftlichen Gründen – auch aufgrund der Stimmung: «Denn ohne Gäste, welche die zahlreichen Gastronomieangebote und die Resort-Infrastruktur benützen, würde sich der Ort zwar ruhig, aber auch etwas leb- und stimmungslos anfühlen.»

Ist diese Preiserhöhung da nicht kontraproduktiv? Für Wagenseil ist es eine Managementaufgabe, das richtige Pricing zu finden. Jeder Franken mehr Fahrtkosten reduziere die Nachfrage leicht. «Am Schluss muss das Gesamtpaket erschwinglich und in einem vertretbaren Verhältnis zur Gesamtleistung stehen.»

Vorläufig keine Gefahr fürs Geschäft

Sehr preisorientierte Touristen würden wahrscheinlich tatsächlich den subventionierten ÖV, also die Zentralbahn und das Postauto für einen oder beide Wege wählen zwischen Luzern und dem Bürgenstock, bestätigt SGV-Direktor Schulthess. Für Halbtax-Kunden kostet das Retourbillett 8.60 respektive 15.60 Franken ohne Ermässigung – Kunden mit GA fahren gratis. Schulthess geht davon aus, dass die Schiffskunden eine Gesamtbeurteilung von Fahrplanangebot, Attraktivität der Verkehrserschliessung, Möglichkeiten im Resort und dem Preis vornehmen und nicht nur den neuen Preis mit dem alten Bahnpreis aus dem Jahre 2011 vergleichen.

«Es gibt überhaupt keine Absichten, Gäste vom Bürgenstock fernzuhalten.»

Ronald Joho, Sprecher Bürgenstock Resort Luzern

Die Schifffahrtsgesellschaft sieht vorläufig keine Gefahr für das eigene Geschäft. Sollte sich mittelfristig herausstellen, dass infolge der Bahnpreise die geplanten Frequenzen auf dem Shuttleschiff ausbleiben, würde man mit den Bürgenstock-Verantwortlichen diskutieren, erklärt SGV-Direktor Schulthess. Dies, um eine betriebswirtschaftlich erfolgreiche Verkehrserschliessung mit Schiff und Bahn sicherzustellen.

Übersicht über das Bürgenstock-Resort, Stand März 2017.

Übersicht über das Bürgenstock-Resort, Stand März 2017.

(Bild: zvg)

SGV erhält Geld von Resort-Gästen

Ein gewisser Umsatz ist der SGV indes garantiert. Wer auf dem Bürgenstock übernachtet, kann die Bahn kostenlos nutzen. Seitens der Bürgenstock Hotels AG wird die SGV pro gebuchte Übernachtung entschädigt, unabhängig davon ob, und wie oft der Hotelgast das Shuttelschiff der SGV während des Aufenthalts benützt. «Die Höhe der Entschädigung wurde in einer Verhandlung festgelegt und ist tiefer als der Normaltarif», so Schulthess.

Ronald Joho, Sprecher des Resorts, winkt ab: «Es gibt überhaupt keine Absichten, Gäste vom Bürgenstock fernzuhalten. Damit würden wir uns selbst schaden.» Die Preise basierten auf rein betriebswirtschaftlichen Überlegungen und reihten sich in diejenigen Bergbahnen der Region ein. Ausserdem biete man attraktive Packages für Resort-Gäste, welche die Fahrt mit der Bahn sehr günstig machen würden. Wie diese Angebote genau aussehen werden, kommuniziere man zu einem späteren Zeitpunkt.

Aus welchem Grund wird die Bürgenstockbahn nicht Teil des GA-Verteilschlüssels? «Das ist übliche Praxis bei nahezu allen Bergbahnen.» Man wolle abwarten, wie es nun läuft: «Die wichtigste Aufgabe des Bürgenstocks ist es vorerst, dass die Bahn fährt», so Joho.

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