Co-Leiter des Zuger Instituts IFZ vor Rücktritt

Christoph Lengwiler: «Ich habe jetzt 20 Jahre lang Vollgas gegeben»

Der scheidende Co-IFZ-Institutsleiter Christoph Lengwiler in der Zuger Grafenau.

(Bild: woz)

Das Institut für Finanzdienstleistungen in Zug (IFZ) feiert sein 20-jähriges Bestehen. So lange ist auch Co-Leiter Christoph Lengwiler am Ruder. Wir haben uns mit ihm über seinen bevorstehenden Rücktritt unterhalten. Lengwiler verrät im zentralplus-Interview auch, was er von der Zuger Sparpolitik hält.

zentralplus: Herr Lengwiler, erlauben Sie mir zu Beginn eine nicht ganz ernst gemeinte Frage? Kann man sagen, das Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) ist nach Marxscher Denke so etwas wie der geistige Überbau der Steueroase Zug?

Christoph Lengwiler (lächelt): Nein, das kann man auf keinen Fall sagen. Das IFZ wurde gegründet zur Qualitätssicherung des Handels- und Finanzplatzes Zug und damit zur Standortförderung. Die Hochschule ist neutral und hängt keinen blinden Ideen nach. Das IFZ sorgt für die Weiterbildung und Qualifizierung der Beschäftigten im Handels- und Finanzsektor und stärkt, so wie es anfangs geplant war, auch den Bankenplatz Zug.

zentralplus: Aber Zug ist doch gar kein Bankenplatz mehr?

Lengwiler: Früher war Zug noch ein recht bedeutender Bankenplatz, und die Grossbanken UBS und Credit Suisse haben viele Geschäfte von Zug aus getätigt. Inzwischen sind jedoch im Laufe der Zentralisierungstendenzen viele Bankenarbeitsplätze in Zug verschwunden, hingegen viele Arbeitsplätze in der Vermögensverwaltung entstanden.

zentralplus: Was ist also der grösste Erfolg des IFZ nach 20 Jahren seines Bestehens?

Lengwiler: Der grösste Erfolg ist zweifellos, aus einem Nukleus ein Kompetenzzentrum für die Weiterbildung im Finanz- und Handelssektor geschaffen zu haben, für das inzwischen rund 90 Mitarbeitende tätig sind und das sich weitgehend selbst finanziert. Vor allem ist das IFZ längst eine schweizweite Institution. Rund drei Viertel unserer Weiterbildungskunden kommen von ausserhalb der Zentralschweiz. Wir sind also schweizweit aufgestellt.

zentralplus: Apropos Geld. Wie viel erwirtschaftet denn das IFZ pro Jahr?

Lengwiler: Wir nehmen jährlich gegen zehn Millionen Franken durch Studiengebühren, Beratungshonorare, Forschungsmittel des Bundes sowie durch Gelder von Unternehmen ein. Die Hochschule selbst leistet pro Jahr einen Beitrag von rund einer Million Franken an die Forschung. Zudem werden die Master- und Bachelor-Studiengänge staatlich finanziert.

zentralplus: Das hört sich sehr beachtlich an. Was ist die grösste Bedeutung des IFZ für Zug?

Lengwiler: Die grösste Bedeutung für Zug ist, dass wir neben der Pädagogischen Hochschule die Basis für den Aufbau von Zug als Hochschulstandort verkörpern. Nun ist das Informatikdepartement der Hochschule Luzern noch hinzugekommen, und ab 2019 werden wir ja bekanntlich gemeinsam in unseren Neubau auf den neuen Campus in Rotkreuz ziehen.

«Es laufen nicht speziell viele Projekte für Zuger Firmen.»

zentralplus: Wenn man an den Finanzsektor denkt, fallen einem sofort Begriffe wie äusserste Diskretion und Bankgeheimnis ein. Kommt es nicht mal vor, dass am IFZ über Kunden gesprochen wird?

Lengwiler: Es ist für jeden Bankmitarbeiter klar, dass nie mit Dritten über Kunden gesprochen wird. Denn das wäre ja strafbar im Sinne des Bankkundengeheimnisses. Es kommt natürlich vor, dass sich Leute von konkurrenzierenden Unternehmen über das Geschäft allgemein austauschen. Dieser Austausch zwischen Mitarbeitenden verschiedener Firmen ist für unsere Kursteilnehmer sehr wertvoll und bringt eine Horizonterweiterung.

zentralplus: Das IFZ ist nun schon seit 20 Jahren in Zug. Auf welche Weise befruchten sich Ihr Institut und die Zuger Wirtschaft beziehungsweise die Politik?

Lengwiler: Wir haben mit vielen Firmen Kontakt, allerdings sind wir gesamtschweizerisch ausgerichtet und es laufen nicht speziell viele Projekte für Zuger Firmen. Uns liegen die UBS, die Credit Suisse und die Raiffeisenbanken genauso am Herzen wie die Zuger Kantonalbank. Unser wesentlicher Beitrag für die Zuger Wirtschaft liegt darin, dass wir Arbeitsplätze schaffen und für die Weiterbildung und Qualitätssicherung in der Finanzbranche sorgen. Wir stehen in engem Kontakt mit der Zuger Volkswirtschaftsdirektion und profitieren vom Wohlwollen der Politik.

Die beiden Co-Leiter des IFZ vereint: Linard Nadig (55) und Christoph Lengwiler (58).

Die beiden Co-Leiter des IFZ vereint: Linard Nadig (55) und Christoph Lengwiler (58).

(Bild: woz)

zentralplus: Kommen wir mal konkret zur Zuger Finanzpolitik. Was sagt ein IFZ-Experte wie Sie dazu, dass Zug sparen muss und inzwischen sogar über moderate Steuererhöhungen nachdenkt – was ja bislang ein absolutes Tabu gewesen ist in Zug?

Lengwiler: Ich finde, der Kanton Zug fährt mit der Kombination aus Sparpaketen und eventuellen Steuererhöhungen eine gute Strategie. Denn die Einnahmen kann man ja nicht kontrollieren, sehr wohl aber die Ausgaben. Sprich: Kostensenkungen vorzunehmen.

zentralplus: Aber müsste man nicht einfach die Steuern erhöhen, und die Kassen wären wieder voll? Vor allem müssten dann nicht immer die Kleinen bluten.

Lengwiler: Ich bin mir gar nicht so sicher, ob es überhaupt Steuererhöhungen braucht, denn die Schweizer Wirtschaft funktioniert derzeit gut. Und die Einnahmen der öffentlichen Hand im Kanton Zug haben sich ja positiver als befürchtet entwickelt. Die Wahrscheinlichkeit, dass es wirklich eine Steuererhöhung braucht, schätze ich mit Fifty-Fifty ein. Insgesamt finde ich es gut, dass Zug weiterhin anstrebt, der steuergünstigste Kanton zu bleiben. Dabei wäre allerdings eine moderate Steuererhöhung für die Zuger Wirtschaft verkraftbar.

zentralplus: Gleichzeitig jammert der Kanton Zug alle Jahre wieder gebetsmühlenhaft über die hohen NFA-Ausgaben. Dabei sind diese doch selbst gemacht. Wer eben viele Einnahmen auf seiner Habenseite verzeichnet, muss eben auch viel Ausgleich an ärmere Kantone zahlen.

Lengwiler: Die Klagen über das System des NFA sind verständlich, bedeuten aber auch Jammern auf hohem Niveau. Der Kanton Zug als Geberkanton tut recht daran, dass er auf die Politik Einfluss nimmt und beispielsweise Höchstgrenzen für Transferzahlungen fordert. Ich glaube, da sind auch schon ein paar Fortschritte erreicht worden.

«Fakt ist leider, dass Wirtschaftskriminalität der Reputation eines Finanzstandorts schadet.»

zentralplus: Ein anderes Phänomen und Problem am Wirtschafts- und Finanzstandort Zug ist, dass nicht alles, was hier glänzt, wirklich rechtens glänzt. Stichwort Wirtschaftskriminalität. Einen Fall Romer könnte man sich schliesslich im Jura nicht so vorstellen. Was unternimmt das IFZ in dieser Hinsicht?

Lengwiler: Man darf das Ganze auch nicht so klischeehaft betrachten. Ich sehe keine Hinweise darauf, dass Zug speziell durch Wirtschaftskriminalität betroffen ist. Gleichwohl ist festzustellen, dass dort, wo mehr Geld fliesst und wo man leicht an Geld kommt, ein grösseres Potenzial von Wirtschaftskriminalität besteht. Fakt ist leider auch, dass Wirtschaftskriminalität der Reputation eines Finanzstandorts schadet. Unser Institut leistet einen Beitrag zur gesamtschweizerischen Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität, indem wir entsprechende Weiterbildungen anbieten.

zentralplus: Bleibt die letzte Frage: Warum treten Sie als erfolgreicher Co-Leiter des IFZ nun nach 20 Jahren zurück?

Lengwiler: Das ist eine gute Frage. Ich will einfach beginnen, schrittweise loszulassen, und mich zu entlasten im Hinblick auf meine Pensionierung in sieben Jahren. Ich habe jetzt 20 Jahre Vollgas für das IFZ gegeben und viel Energie in meinen Job investiert, der mir immer noch grosse Freude bereitet. Ich habe mich entschieden, mich nun von der Verantwortung zu entlasten und meine Arbeitsbelastung zu reduzieren. Das 20-Jahr-Jubiläum ist, glaube ich, nun der optimale Zeitpunkt, kürzerzutreten. Gleichzeitig bleibe ich ja als Dozent noch dem IFZ erhalten.

 

So ist das Institut für Finanzdienstleistungen in Zug entstanden

Die Gründung des IFZ geht auf eine Initiative des damaligen Handels- und Dienstleistungsverbandes Zug (HDV) und der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zug zurück. Diese lassen 1994 zusammen mit der Schweizerischen Bankgesellschaft eine Grundlagenstudie zum Standortmanagement für den Handels- und Finanzplatz Zug erstellen. Die Studie schlägt Massnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen vor, unter anderem den Aufbau eines Hochschulinstituts für Finanzen und Handel.

Die Idee wird von der Volkswirtschaftsdirektion zusammen mit der Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschule HWV Luzern in einem Vorprojekt ausgearbeitet. Im Januar 1996 gibt der Regierungsrat des Kantons Zug grünes Licht für ein definitives Projekt und im November 1996 verabschiedet der Kantonsrat ein entsprechendes Dekret.

In der Grafenau 1997 offiziell eröffnet

Im Oktober 1997 wird das Institut in der Grafenau offiziell eröffnet. Gleichzeitig startet der erste Weiterbildungslehrgang, der heutige MAS Bank Management. Bis 2017 werden insgesamt 25 Weiterbildungslehrgänge lanciert.

Die Bilanz 20 Jahre nach der Gründung kann sich sehen lassen: Das IFZ verzeichnet rund 4’500 Absolventen von Lehrgängen und über 20’000 Personen, die an Seminaren, Tagungen und anderen Veranstaltungen des IFZ teilgenommen haben. Auch finanziell verbucht das IFZ Erfolge. So hat es seit 1997 mehr als 100 Millionen Franken externe Einnahmen generiert. Aktuell erwirtschaftet es mit 90 Mitarbeitenden jährlich rund 10 Millionen Franken Einnahmen.

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