Generalversammlung in der Waldmannshalle in Baar

Firmenchefs werden von Sika-Erben «ausgehungert»

Der Saal reagiert mit Buhrufen und Applaus auf die Redner.

(Bild: lih)

Die Familie Burkard und der Verwaltungsrat der Sika appelieren an der Generalversammlung des Baukonzerns gegenseitig an ihre Vernunft. Der Saal hat derweil seine Sympathien schon verteilt – und sich gegen eine Neubesetzung des Verwaltungsrats ausgesprochen.

Der Verwaltungsratsvorsitzende der Sika Paul Hälg wählt klare Worte: Was die Sika-Erben mit dem Verkauf der Stimmenmehrheit an den französischen Konkurrenten St. Gobain versuchen, sei nichts anderes als eine «feindliche Übernahme.» Der Begriff führt direkt zum Kern der Debatte, welche die Generalversammlung der Sika in der Waldmannshalle in Baar dominierte. Gehört die Firma nun denjenigen, die sie führen, oder denjenigen, welche die Stimmenmehrheit geerbt haben?

Die Krux liegt in den Statuten der Firma. Paul Hälg fasst es so zusammen: «Die Vinkulierung sagt, dass über fünf Prozent der Namenaktien nur mit Zustimmung des Verwaltungsrates verkauft werden können.» Diese Auslegung wurde im Oktober 2016 durch das Kantonsgericht Zug bestätigt. (zentralplus berichtete)

Was ist eine Vinkulierung?

Eine vinkulierte Namensaktie bedarf zu ihrer Übertragung der Zustimmung der ausgebenden Aktiengesellschaft. Im Fall der Sika ist diese Instanz der Verwaltungsrat. Damit wird die ohnehin geringe Verkehrsfähigkeit von Namensaktien weiter eingeschränkt. Die Vinkulierung der Namensaktien ist in den Statuten der Sika festgehalten. Namensaktien werden vinkuliert, damit das Unternehmen nicht gegen seinen Willen aufgekauft werden kann.

Die Vinkulierung wird im Fall der Sika so ausgelegt, dass in gewissen Entscheiden nicht mehr alle Stimmen der Inhaber geltendgemacht werden können, um eben die Übernahme gegen den Willen des Verwaltungsrates zu verhindern.

Doch genau diese Auslegung entspricht nicht der Sicht der Familie Burkard. Denn dadurch wird ein Verkauf ihrer Aktien unter dem aktuellen Verwaltungsrat unmöglich. Urs Burkard als Vertreter der Familie findet dafür ebenso drastische Worte wie sein Vorredner: «Das Urteil des Zuger Kantonsgerichtes stützt sich auf deutsches und österreichisches Recht. Es ist klar, dass wir in Berufung gehen.» Urs Burkard geht weiter und meint: «Der Verwaltungsrat führt die Firma gegen den Willen der Aktionäre. Sie brechen mit dem Schweizer Aktienrecht.» Das Urteil des Obergerichts in dieser Sache wird in der zweiten Jahreshälfte erwartet.

Klare Fronten

Die Fronten sind also gefestigt, die Tendenz im Saal ist hörbar. Als Paul Hälg am Ende seiner Rede seinen Dank an Mitarbeiter und Management ausdrückt, wird er ungeplant von Applaus unterbrochen. Der Vertreter der Mitarbeiter von Sika, der langjährige technische Berater Roland Abgottspon, erntet mit einem feurigen Statement ebenfalls tosenden Applaus. Er ruft die Familie Burkard an: «Wacht auf Familie Burkard, die ganze Schweiz ist wütend auf euch!» Seine Rede endet nicht minder kämpferisch. «Wir Sikaianer wollen keine Franzosen werden. Am Ende werden wir gewinnen.»

Die Redner der Generalversammlung werden per Video dem ganzen Saal gezeigt.

Die Redner der Generalversammlung werden per Video dem ganzen Saal gezeigt.

(Bild: lih)

Doch die Brandreden bleiben nicht unbeantwortet. Der Zürcher SVP-Nationalrat Hans-Ueli Vogt meldet sich ebenfalls zu Wort. Seiner Meinung nach habe das Zuger Kantonsgericht bei seinem Urteil das grosse Ganze aus den Augen verloren. «Durch diese Auslegung der Vinkulierung, wird der Verwaltungsrat zur Burg.» Damit spielt er auf den Umstand an, dass das Stimmrecht der Familie Burkard während der Wahl des Verwaltungsrates beschränkt wird. Doch noch ein anderer Umstand stört den SVP-Rechtsprofessor: «Die Vinkulierung wurde eins vertrauensvoll von den Erben in die Hände von unabhängigen Verwaltungsräten gelegt. Nun wird sie als Waffe gegen sie selbst verwendet.» Leises Buhen im Saal begleitet Hans-Ueli Vogt vom Rednerpult.

Die Ergebnisse der GV

Die Ergebnisse der Generalversammlung sind nicht weiter überraschend. Werden die Rechte der Namensaktien der Geschwister Burkard nicht beschränkt, haben die übrigen Aktionäre keine Chance: Der Verwaltungsrat muss auf seine Entschädigung ein weiteres Mal verzichten, dies trotzdem eine Mehrheit der Aktionäre der Entschädigung zugestimmt hätte. Verwaltungsratspräsident Paul Hälg kommentiert: «Damit verfolgt die Schenker-Winkler Holding eine Aushungerungs-Strategie.» Hier bestimmen die Geschwister Burkard, da ihre Aktien bei den finanziellen Fragen nicht beschränkt wurden.

Der somit indirekt kritisierte Verwaltungsrat kann aber auf die Unterstützung der Versammlung setzen, sobald die Geschwister Burkard ihre Stimmenmehrheit durch die Vinkulierung verliert. Alle Verwaltungsräte wurden wiedergewählt. Die Entlastung, mit der die Generalversammlung die Tätigkeiten der Verantwortlichen billigt und somit auf rechtliche Schritte verzichtet, wurde den unabhängigen Verwaltungsräten jedoch nicht genehmigt. Der Konzernleitung genehmigte hingegen die die Generalversammlung sowohl Lohn als auch Entlastung.

 

Das Gerangel um die Kontrolle über die Sika

Dank Namensaktien verfügt die Familie Burkard als Erben des Sika-Gründers über eine Mehrheit der Stimmen an der Generalversammlung der Baarer Firma. Das juristische Vehikel, über das die Erben diese Aktien halten, ist die Schenker-Winkler-Holding. Die Familie Burkard ist jedoch nicht mehr im operativen Geschäft tätig und möchte gerne ihren Anteil an der Firma und damit die Mehrheit der Stimmen verkaufen. Als Käufer steht der französische Industriekonzern und Sika-Konkurrent St.Gobain bereit. Die Erben und die Konzernleitung von St. Gobain einigten sich auf eine Verkaufssumme von 2.75 Milliarden Franken. 

Der Verwaltungsrat und die Mitarbeiter von Sika sind derweil gegen eine Übernahme, da sie zentrale Stärken der Sika gefährdet sehen. Als Beweis führen sie die guten Resultate der Firma an.

Erben gegen den Rest

Bei der diesjährigen GV der Sika geht es konkret vor allem um finanzielle Fragen wie die Höhe der Dividende und die Entlöhnung des Verwaltungsrates sowie um personelle Fragen. Die Ansichten laufen hier verständlicherweise ebenfalls entlang dem Graben Verwaltungsrat/Mitarbeiter und der Familie Burkard. Da die Stimmrechte der Familie aufgrund der Vinkulierung in personellen Fragen beschnitten wurden, wird die Familie Burkhard in finanziellen Fragen bestimmend sein. In personellen Fragen hingegen bestimmen die übrigen Aktionäre.

In seiner Eröffnungsrede sprach Verwaltungsratsvorsitzender Paul Hälg von Eigeninteressen, welche die Burkarderben mit der Kürzung der Dividenden verfolgen. Denn laut Vertrag, den die Erben mit St. Gobain geschlossen haben, stehe die Dividende bereits St. Gobain zu. Die Dividende wird vom Verkaufspreis abgezogen.

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