Das schwedische Möbelhaus geniesst Akzeptanz

Fünf Jahre Ikea Rothenburg: Was wurde aus den Ängsten?

Die Ikea in Rothenburg warf viele Fragen auf.

(Bild: Bildmontage pze)

«Jag älskar sverige – ich liebe Schweden!» rufen Gemeinde, Möbelhaus und Konkurrenz unisono. Ikea betreibt seit fünf Jahren die Filiale in Rothenburg. Wir ziehen Bilanz: was wurde aus den anfänglichen Ängsten und wie zufrieden sind Konkurrenten und Anwohner mit dem blauen Riesen?

 

Gelb-blau leuchtet das kastige Gebäude auf, wenn man mit Auto oder Zug an Rothenburg vorbeifährt. Seit nun fünf Jahren ist Rothenburg ein Ikea-Standort. Viele Ängste waren bei der Bevölkerung da, als der Bau für das Möbelhaus bekannt wurde: Gibt es mehr Verkehr durch das Dorf? Leiden umliegende Konkurrenten wie das Wohncenter Emmen, Möbel Märki in Dierikon oder Möbel Egger in Eschenbach? Und rentiert eine Ikea-Filiale überhaupt in Rothenburg? Diese Ängste haben sich fünf Jahre später scheinbar in Luft aufgelöst – glaubt man den Befragten. Konkrete Zahlen aber will niemand nennen.

Erfolg und Misserfolg beim Ikea Rothenburg

Die Ikea Rothenburg ist zufrieden mit ihrer Zentralschweizer Filiale, denn: Seit Beginn wurde der Umsatz um sechs Prozent gesteigert. Weiter konnte man die Arbeitsstellen gar von 230 auf 242 ausbauen. Aurel Hosennen, Leiter Kommunikation Ikea Schweiz, bestätigt: «Wir sind sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit mit der Gemeinde Rothenburg.» Man habe einen guten Austausch und arbeite auch in gemeinsamen Sozialprojekten eng zusammen, so Hosennen.

Nur etwas hat nicht funktioniert: Der Retail-Park. Das dem Ikea anliegende Shopping-Center mit Fitnesscenter, Elektronikläder oder Sportgeschäfte gibt, soll verkauft werden. Das habe aber nichts mit der Ikea-Filiale selber zu tun, das sind zwei unabhängige Bereiche, so Hosennen. Das Konzept des Shopping-Centers, das dieser Retailpark beinhaltet, ist also nicht aufgegangen – das dürfte am Standort liegen. Dort haben die Filialen gegenüber beispielsweise einem Emmen Center klare Nachteile.

Beim Problemfeld Verkehr ist man sich uneinig

Die Gemeinde Rothenburg ist ebenfalls zufrieden mit der Zusammenarbeit. Philipp Rölli, Geschäftsführer der Gemeinde, sagt: «Wir stehen in regelmässigem Austausch, die Kommunikation läuft sehr gut.» Aus der Bevölkerung seien die kritischen Stimmen in den letzten Jahren verstummt, so Rölli. «Der Ikea gehört inzwischen zu Rothenburg.»

«Der Ikea-Standort ist verkehrstechnisch gut gelöst.»

Philipp Rölli, Geschäftsführer Gemeinde Rothenburg

Die Befürchtungen bezüglich Verkehr hätten sich laut Rölli demnach nicht bewahrheitet: «Die Wahligenstrasse, die zur Ikea führt, ist eine sehr lange Strasse. Das verhindert einen Rückstau bis zur Hauptstrasse.» Durch die Autobahneinfahrt werde auch der Mehrverkehr durch das Dorf verringert. Der Geschäftsführer ist sich sicher: «Der Ikea-Standort ist verkehrstechnisch gut gelöst.»

Auf diesem Plan sieht man die Wahligenstrasse, auf der Rückstau bis zur Stationsstrasse befürchtet wurde.

Auf diesem Plan sieht man die Wahligenstrasse, auf der Rückstau bis zur Stationsstrasse befürchtet wurde.

(Bild: pze)

 

Anders sieht dies Wendelin Koch, Präsident der SP Rothenburg: «Die Verkehrsbefürchtungen haben sich am ehesten bewahrheitet.» Bei der Stationsstrasse spreche man schon jetzt, fünf Jahre nach dem Ausbau, von einer Belastungsgrenze, so Koch. Es sei schwer zu sagen, wie gross der Einfluss der Ikea tatsächlich ist, aber die Rush-Hour beispielsweise zu Ladenschluss spürt man schon.»

Die Konkurrenz erfreut über Extra-Publicity

Bei der Konkurrenz scheint man die Präsenz des Möbelhauses zu schätzen. Möbel Egger in Eschenbach spürt keinen Effekt, weder in der Boutique noch bei den Möbeln. «Ikea ist ein Einrichtungshaus im unteren Preissegment und spricht somit tendenziell eher Ersteinrichter und ein jüngeres Publikum an. Wir konkurrieren da nicht wirklich mit ihnen», sagt Astrid Elmiger, Marketingverantwortliche von Möbel Egger.

Sie habe eher das Gefühl, die Ikea «kannibalisiert seine eigenen Verkaufshäuser.» Die Kundschaft sei früher einfach nach Spreitenbach oder Pratteln gefahren – diese Kunden haben nun einen kürzeren Weg, fehlen aber vor allem den anderen Ikea-Häusern. Zahlen zum eigenen Umsatz gibt Möbel Egger nicht bekannt. 

«Ich glaube, die Ikea-Präsenz ist für einfache Schreiner direkt spürbar.

Wendelin Koch, Präsident SP Rothenburg

Auch bei Möbel Pfister im Wohncenter Emmen sieht man kaum Grund zur Besorgnis. Man habe sich nicht auf die Konkurrenz in Rothenburg eingestellt, sagt Alfredo Schilirò, Leiter Kommunikation bei Möbel Pfister. Er gewinnt der Konkurrenz aber Positives ab, denn: «Aus unserer Sicht erhöht die Anzahl der Anbieter auch allgemein die Kundenfrequenz.» Dazu komme, dass allgemein mehr eingekauft werde, die Wohnbedürfnisse sich verändert hätten und einfach mehr Leute in der Schweiz leben würden. All das führe zu höheren Absätzen. Konkrete Zahlen zum Umsatz gibt es auch bei Pfister keine.

Rückläufige Zahlen für Wohnmöbel bei Schreinern

SP-Präsident Koch, selber Schreiner, teilt auch hier den Enthusiasmus nicht ganz: «Ich glaube, die Ikea-Präsenz ist für einfache Schreiner direkt spürbar. Als Schreiner muss man sich eher Richtung Bauschreinerei orientieren.» Denn: Bauarbeiten könne man nicht einfach im Möbelhaus kaufen, so Koch. Der Absatz von selbstgeschreinerten Möbel für den Haushalt sei hingegen schon lange rückläufig. Dafür bekomme er immer mehr Aufträge, bei denen zum Zusammensetzen der Ikea-Möbel gerufen wird.

«Ikea ist ein spannender Mitbewerber, aber für uns keine Konkurrenz.»

Christian Meier, Geschäftsführer Conforama

Grosse Händler bringen zusätzliche Frequenz

Sogar beim Discounter Conforama nimmt man die Präsenz von Ikea in Rothenburg gelassen. Christian Meier, Geschäftsführer Conforama im Wohncenter Emmen, sagt: «Ikea ist ein spannender Mitbewerber, aber für uns keine Konkurrenz.» Das sehe man sowohl im Umsatz wie in der Kundenfrequenz: Beides sei in den letzten Jahren nicht zurückgegangen, so Meier. Aber: Auch Conforama liefert keine konkreten Zahlen.

Laut Fabian Diethelm, Direktor Marketing bei Diga Möbel, bringen mehr Möbelgeschäfter auch mehr Kundschaft: «In den letzten Jahren haben sich in der Schweiz verschiedene ‹Möbel-Cluster› gebildet.» Diese Ansammlung von Möbelanbietern biete dem Kunden die Möglichkeit zum hin- und herpendeln und zum direkten Vergleich – die Frequenz in jedem einzelnen Laden steigt. Zwar sei laut Diethelm der Möbelmarkt seit der Euro-Mindestkurs-Aufhebung schwierig geworden, doch habe Diga 2016 sowohl Umsatz wie Marktanteile steigern können.

Mehr Arbeitsplätze als zu Beginn

Die Ikea in Rothenburg ist also nach fünf Jahren grossmehrheitlich akzeptiert. Die Probleme des Verkehrs und des Gewerbes sind nicht direkt mit dem Einrichtungshaus in Verbindung zu bringen. Die Erhöhung der Arbeitsplätze und die allgemeinen Reaktionen von Konkurrenz und Bevölkerung sind aber ein Anzeichen dafür, dass der Standort sich für den schwedischen Riesen auszahlt – trotz anfänglichem Gegenwind.

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