3FACH und Radio Industrie müssen sich gedulden

Schräge Antenne verzögert digitales Radio

Die DAB-Anlage beim Stanserhorn läuft derzeit in einem Testbetrieb.

(Bild: zvg)

Die Zukunft des alternativen Radios ist auch in der Zentralschweiz digital. Doch der geplante Start am 1. August muss verschoben werden. Grund ist die neue Antenne für DAB+ auf dem Stanserhorn.

Schon bald können Luzerner, Zuger und Nidwalder zwölf lokale Radiosender via DAB+ empfangen. Möglicht macht es die neue Antenne auf dem Stanserhorn, die am 1. August offiziell den Betrieb aufnehmen sollte. Doch: «Die Antenne ist noch nicht perfekt ausgerichtet», sagt Thomas Gilgen, Geschäftsführer der Betreiberin Digris AG. Das bedeutet: An gewissen Orten, zum Beispiel in der Ufschütti in Luzern, gibt es noch keinen Empfang. Das hat die Testphase gezeigt, die aktuell läuft.

Nächste Woche werden daher noch Tests an diversen Orten durchgeführt. «Dann müssen wir die Antenne – ähnlich wie eine Satellitenschüssel – entsprechend ausrichten», sagt Gilgen. Im Verlauf des Augusts soll dann der offizielle Start erfolgen.

Zweite Antenne im Gigeliwald

Mit der Antenne am Stanserhorn soll DAB+ in den Agglomerationen von Luzern und Zug sowie im nördlichen Teil von Nidwalden zur Verfügung stehen. In Nidwalden kann man damit bereits «indoor», also zuhause, DAB-Radio hören. Anders sieht es in Luzern und Zug aus, wo die Antenne am Stanserhorn vorwiegend das Netz «outdoor» abdeckt. Um den Empfang in Gebäuden zu ermöglichen, plant Digris eine weitere Antenne im Luzerner Gigeliwald, für die bereits ein Baugesuch eingereicht worden ist.

 

Zudem ist eine Antenne auf Zuger Gebiet vorgesehen. Wo genau, steht aber noch nicht fest. Im Gespräch sind Standorte beim Knodenwald (Hünenberg), der Hochwacht (Zugerberg) oder bei Radio Industrie (Zug).

Digital Audio Broadcasting + (DAB+) bezeichnet den neuesten Standard der digitalen Übertragungstechnik, welche die Verbreitung von deutlich mehr Programmen ermöglicht als der Vorgänger DAB.

Mehr als Lokalradios

Mit der Stanserhorn-Antenne werden zwölf nicht kommerzielle Radiosender neu per DAB+ zu hören sein – unter ihnen das Luzerner Jugendkulturradio 3FACH sowie Radio Industrie aus Zug. «Es ist eine Chance für kleine Stationen wie 3FACH, das Sendegebiet massiv zu erweitern», sagt Samuel Konrad, dessen Programmleiter. «Diesen Zug wollen wir nicht verpassen.»

«Bis vor einem Jahr hiess es oft: ‹DAB – was ist denn das?›»

Raphael Häfliger, Geschäftsleiter Radio Industrie

Auch Raphael Häfliger, Geschäftsleiter von Radio Industrie ist begeistert, denn bisher konnte der Sender nur in Baar und Zug über Kabel empfangen werden. «Nun können wir nicht nur in Zug, sondern in der ganzen Zentralschweiz gehört werden.» Er hat DAB+ in Zug bereits getestet. In gewissen Räumen empfange man im Moment kein Radio Industrie, sondern nur die grösseren Sender, weil die Sendeleistung in der Testphase noch nicht auf dem maximalen Level sei.

Programm anpassen?

Die technische Neuerung ist nicht die einzige bei Radio Industrie. Im Oktober steht ein Relaunch an mit neuen Programmen, teils neuen Moderatoren und einer Zusammenarbeit mit dem Musikportal «Reggaenews.ch» und dem Schweizer Urban Blog «aightgenossen.ch» (zentralplus berichtete).

«Uns ist es nach wie vor sehr wichtig, dass junge Zuger Jugendliche Radio machen können, aber es ist für sie auch anders, zu wissen, dass nicht nur Zuger zuhören», sagt Häfliger. Weiterhin wird es am Sonntagnachmittag ein Regionalfenster mit lokalen Inhalten geben.

Da Digris auch in anderen Städten aktiv ist, kann man die Zentralschweizer Sender nun auch anderen Städten, etwa in Zürich oder Basel hören. «Wir werden uns überlegen, wie wir neue Hörer in anderen Gebieten erreichen», sagt Samuel Konrad. Das werde in erster Linie über das Musikprogramm geschehen. «Irgendwann werden wir eventuell das Programm anpassen und zusätzliche Mitarbeiter dafür brauchen. Aber vorerst bleiben wir weiterhin lokal.»

Keine Angst vor Konkurrenz

Umgekehrt bedeutet die digitale Verbreitung der Programme: Zehn andere Radios sind neu auch in der Zentralschweiz zu hören – und zwar ebenfalls nicht kommerzielle wie das Berner Radio Rabe oder das Basler Radio X (siehe Box). Allesamt Stationen, die ein ähnliches Publikum ansprechen.

«Ich sehe in den neuen Sendern keine Konkurrenz für uns in Luzern.»

Samuel Konrad, Programmleiter Radio 3FACH

Besteht nicht die Gefahr, dadurch Hörer zu verlieren? «Ich sehe in den neuen Sendern keine Konkurrenz für uns in Luzern», sagt Konrad. «Einzig in Gebieten, in denen es noch gar kein solches, alternatives Radioprogramm gibt, könnte eine Konkurrenzsituation entstehen.»

Auch Raphael Häfliger sieht für Radio Industrie keine Gefahr. «Wir sind die einzigen mit einem klaren Fokus auf Zug», sagt er. Und auch musikalisch will Radio Industrie «im DAB-Dschungel auffallen».

Digitales Gerät nötig

Eine Hürde gibt es aber noch: Die Hörer müssen ein digitales Radiogerät besitzen, um überhaupt DAB zu empfangen. Häfliger ist aber optimistisch: «Bis vor einem Jahr hiess es oft: ‹DAB – was ist denn das?› Inzwischen haben die meisten Leute eine Vorstellung davon.»

 

Wieso kleine Radios auf DAB+ setzen

Dass nun auch die nicht kommerziellen Radios auf DAB+ umsteigen, hat einen einfachen Grund: Um 2018 eine weitere Konzession zu erhalten, verlangt der Bund den Einstieg auf DAB. Denn bis 2024, das ist beschlossene Sache, wird UKW abgeschaltet. Radio 3FACH wird bis dahin weiterhin via Ultrakurzwelle (UKW) zu empfangen sein und mietet sich dafür bei Radio Pilatus auf dem Sonnenberg ein (zentralplus berichtete).

Lange konnten sich gerade die kleinen Radios DAB nicht leisten. Die Digris AG hat eine Software entwickelt, die ein deutlich günstigeres Angebot ermöglicht als jenes der Konkurrenten, und hat 2013 vom Bundesamt für Kommunikation eine Funkkonzession erhalten. Seither erstellt Digris in mehreren Städten und Agglomerationen sogenannte «digitale Inseln» – wie nun jene in Zug-Luzern-Nidwalden. Bis Ende 2017 sind schweizweit 13 weitere geplant.

Mit der DAB-Antenne auf dem Stanserhorn sind in Zukunft in Luzern und Zug nebst Radio 3FACH und Radio Industrie folgende Sender zu empfangen: Das Musikradio jamesFM aus Hünenberg, Kanal K aus Aarau, Radio X aus Basel, Radio Lora aus Zürich, Stadtfilter aus Winterthur, Rabe aus Bern, Spoon aus Genf, der englischsprachige Sender World Radio Switzerland, der Volksmusik-Sender Radio Tell und das community-generierte Radio Open Broadcast.

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