Kein Geld, kein Licht: Kapellbrücke bleibt dunkel

Ruedi Meier: «Wir können diese Riesensumme nicht bezahlen»

Zufrieden mit dem ersten Eindruck: Ruedi Meier, Präsident des Projekts. (Bild: Jakob Ineichen)

Eine nächtliche Beleuchtung für die Kapellbrücke – das war das Ziel der IG Inszenierung Kapellbrücke / Wasserturm. Doch nun heisst es bei der IG selber Lichterlöschen: Für die Realisierung des Siegerprojekts fehlt das Geld. Was nun? Alt-Stadtrat und IG-Präsident Ruedi Meier nimmt Stellung.

Wer «chapel bridge by night» googelt, erhält kriegt viele wunderbare Bilder des Luzerner Wahrzeichens, allesamt herrlich ausgeleuchtet. Wer die Kapellbrücke des Nachts aber in Realität aufsucht, wird weniger Details erkennen: Die weltberühmte Brücke ist nämlich nicht beleuchtet. Bloss auf ihren Turm sind einige Lichtstrahler gerichtet.

Niederländer gewannen Wettbewerb

Eine Berühmtheit – und niemand sieht sie. Das stört vor allem die Tourismusindustrie Luzerns. Sie startete 2013 deshalb einen Projektwettbewerb, um die Beleuchtung zu verbessern. Unter der Federführung der extra dafür gegründeten «IG Inszenierung Kapellbrücke / Wasserturm» wurde ein Siegerprojekt gekürt und die Planung vorangetrieben (zentralplus berichtete).

«Der Partikel Plan» einer niederländischen Gruppe sah vor, bewegte Bilder auf Dach, Wände und Turm des Brücke zu projizieren. Ausgelöst durch Fussgänger, die über die Brücke gehen. Wie eine Wolke sollten über den Passanten einzelne Ziegel aufleuchten und sich mit ihnen bewegen.

So wie auf dieser Visualisierung des Siegerprojekts könnte die Kapellbrücke ab 2017 aussehen. (Bild: PD)

So wie auf dieser Visualisierung hätte die Kapellbrücke aussehen sollen (Bild: PD).

Nun hat die IG das Projekt aber gestoppt, wie sie am Montag informierte. Die Brücke bleibt vorest dunkel.

Wieso? Und wie geht es jetzt weiter? Das haben wir den Präsidenten der «IG Inszenierung Kapellbrücke / Wasserturm» gefragt, den grünen Alt-Stadtrat Ruedi Meier.

Stadt gründet Projektgruppe

Die Stadt Luzern bestätigt auf Anfrage, dass man seit kurzem definitiv vom Abbruch des Projekts wisse. Stadtarchitekt Jürg Rehsteiner bedauert, dass der «Partikel Plan» nun gestorben ist. Er war selber in der Arbeitsgruppe für die private Initiative engagiert. «Ich fand das ein sehr spannendes Projekt. Technisch wäre es möglich, deshalb ist es besonders schade, dass die Umsetzung nun finanziell nicht geklappt hat.»


Die Stadt Luzern ist ebenfalls der Ansicht, dass man die Brücke in der Nacht besser sehen sollte. «Wir sind gerne bereit, mögliche Optionen zu prüfen», sagt Jürg Rehsteiner. Eigentlich hatte die Stadt Luzern 2008 bei der Erarbeitung des Beleuchtungskonzeptes, des so genannten Plan Lumière, bewusst entschieden, den Flussraum dunkel zu lassen. Dieser Entscheid soll nun überprüft werden, meint Rehsteiner: «Wenn Sie zum Beispiel nach Zürich oder nach Lyon gehen, werden Sie sehen: Die Brücken sind dort überall auch beleuchtet.»


Deshalb stelle man im Moment eine Projektgruppe zusammen, die die Möglichkeiten abklären soll. Geprüft wird, ob auch der Innenraum mit dem historischen Bilderzyklus in eine allfällige Neugestaltung mit einbezogen werden soll. Einen Zeitplan oder ein Budget gibt es noch nicht.

zentralplus: Wieso haben Sie beschlossen, das Projekt einzustellen?

Ruedi Meier: Die Investition hat sich als höher herausgestellt als ursprünglich errechnet. Beim Wettbewerb hatten wir mit Kosten von rund 1,5 Millionen Franken gerechnet. Nun haben wir gemerkt, dass wir viel eher mit zwei Millionen zu tun haben.

zentralplus: Warum kostet das Projekt denn so viel?

Meier: Das Siegerprojekt «Partikel Plan» sah ja vor, dass verschiedene Projektoren die Brücke beleuchten. Diese Projektoren hätten alle an einem guten Standort und vandalensicher platziert werden müssen. Ausserdem hätte man dafür sorgen müssen, dass die Projektoren nie zu heiss oder zu kalt haben.

«Jetzt muss man kleinere Brötchen backen.»

zentralplus: Dann haben Sie jetzt einfach das benötigte Geld nicht sammeln können und darum das Projekt abgebrochen?

Meier: Nein, denn die Probleme wären mit der einmaligen Investition nicht gelöst gewesen. Auch der Unterhalt wäre teuer, wir erwarten Kosten von jährlich 50’000 bis 100’000 Franken.

zentralplus: Mit Betriebskosten von 100’000 Franken haben Sie ja bereits gerechnet, als Sie das Projekt vorgestellt haben. Ist da ein Geldgeber abgesprungen?

Meier: Nein, abgesprungen ist niemand. Thema war diese Riesensumme und wir haben gemerkt, dass das nicht zu bezahlen ist. Vor diesem Hintergrund sind wir der Ansicht, dass man jetzt kleinere Brötchen backen muss.

«Beim Test haben sich zwei Probleme ergeben, die das Projekt massiv aufwändiger gemacht hätten.»

zentralplus: Im Januar haben Sie die neue Beleuchtung getestet. Hat dieser Test am Schluss den Ausschlag gegeben?

Meier: Ja und Nein. Der Test ist eigentlich positiv verlaufen. Es ist besser als erwartet gelungen, die geplanten Konturen auf die Brücke zu projizieren. Aber es haben sich zwei Probleme ergeben, die das Projekt massiv aufwändiger gemacht hätten: Erstens haben wir gemerkt, dass Passanten auf der Brücke von den Projektoren geblendet werden können, wenn diese den Kopf schnell bewegen. Und zweitens hat sich gezeigt, dass bei Regenwetter und feuchter Luft das Licht der Projektoren gestreut wird und nicht mehr an der Brücke ankommt.

Ganz offensichtlich: Erst ein Test ...

Im Januar wurde getestet, offensichtlich (Bild: Jakob Ineichen).

zentralplus: Jetzt ist das Projekt «Partikel Plan» gescheitert. Erhalten die Planer aus Holland eine Entschädigung?

Meier: Für das Projekt gab es nur eine Realisierungsabsicht, aber keine Zusicherung. Daher erhalten die Planer auch keine spezielle Entschädigung. Wie alle eingeladenen Wettbewerbsteilnehmer wurden sie aber für ihre Teilnahme entschädigt. Und auch für den Test haben sie eine Entschädigung erhalten.

«Die anderen Projekte wären kaum günstiger zu realisieren.»

zentralplus: Man müsse jetzt kleinere Brötchen backen, haben Sie gesagt. Planen Sie jetzt eines der Projekte, die im Ideenwettbewerb nicht gewonnen haben?

Meier: Nein, das wäre unfair. Das Projekt «Partikel Plan» war künstlerisch klar das Beste und würde uns auch heute noch super gefallen. Kommt hinzu: Die anderen Projekte wären kaum günstiger zu realisieren.

zentralplus: Was hat die Übung gekostet?

Meier: Alles in allem waren es rund 400’000 Franken. Stadt und Kanton haben sich je mit 25’000 Franken beteiligt, die öffentliche Hand bezahlte also gut zehn Prozent. Den Rest haben Private finanziert: Vor allem Akteure aus der Tourismusbranche sowie Hotels und andere.

«Die Geldgeber aus der Tourismusbranche stehen hinter unserem Entscheid.»

zentralplus: Was sagen diese zum Übungsabbruch?

Meier: Wir haben mit einigen die Situation besprochen. Sie stehen hinter unserem Entscheid. Sie wünschen sich aber nach wie vor eine klare Verbesserung der Situation. Sprich eine Lösung, die der Brücke gerecht wird, städtebaulich und energetisch und auch zu finanzieren ist.

«Im Moment ist die Brücke in der Nacht ein schwarzer Balken.»

zentralplus: Politik, Tourismus, Gewerbe – alles was in Luzern Rang und Namen hat, war bei der IG Inszenierung Kapellbrücke / Wasserturm beteiligt. Und jetzt schaffen Sie es nicht, zwei Millionen Franken aufzutreiben. Ist das nicht ein bisschen peinlich?

Meier: Nein, das ist nicht peinlich. Zwei Millionen sind sehr viel Geld. Und wie gesagt: Der Betrieb würde sehr teuer. Wir haben aber auch gemerkt: Die Partnerschaft zwischen öffentlicher Hand und Privaten funktioniert nicht optimal, wenn die Federführung bei Privaten liegt. Es liegt in der Natur der Sache, dass wir als Privatpersonen nicht so nah am Planergeschäft sein können, wie die Fachleute aus der Verwaltung. Darum geben wir das Geschäft jetzt an die Stadt ab – denn wir sind weiterhin überzeugt, dass die Kapellbrücke eine zeitgemässe Beleuchtung braucht. Im Moment ist die Brücke in der Nacht ein schwarzer Balken.

«Jetzt soll die Stadt ein Projekt ausarbeiten.»

zentralplus: Dann muss jetzt die Stadt bezahlen?

Meier: Ich könnte mir vorstellen, dass auch Private weiterhin bereit sind, sich an den Kosten zu beteiligen. Aber ein neues, redimensioniertes Projekt soll jetzt die Stadt ausarbeiten. Im Rahmen der Brückenbilder-Initiative muss die Stadt sowieso eine neue Beleuchtung für den Galerieteil der Brücke entwickeln. Da braucht es nun eine Auslegeordnung. Wir haben unser Anliegen bereits beim Stadtrat deponiert. Ich denke, es ist angekommen (siehe Box, Anm. d. Redaktion).

Erst ein Abschnitt ist erhellt, aber man erkennt deutlich Holz- und Ziegelstrukturen. (Bild: Jakob Ineichen)

Erst ein Abschnitt war erhellt beim Test im Januar. (Bild: Jakob Ineichen).

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