Gründer der STUcard im Porträt

«Mein Talent ist es, Talente zu entdecken»

Sam Kurath im «Luz» beim Bahnhof Luzern (Bild: Anja Glover)

Als Student erfand Sam Kurath (35) die STUcard, eine Vergünstigungskarte für Studierende. Inzwischen ist Kurath Unternehmer und begleitet eine ganze Reihe von Startups. Im Interview übt sich der Luzerner in Gesellschaftskritik – und verrät, was er als Nächstes anpacken will.

Sam Kurath öffnet die Tür, lächelt, erklärt die Büroräumlichkeiten. Es scheint eine Mischung aus Erholungs- und Spielzimmern zu sein, erinnert an einen Besuch bei Google. Im Esszimmer sitzt eine Gruppe junger Leute, es ist Mittag, sie essen, reden und lachen. Wir befinden uns nicht nur im STUcard-Büro, auch weitere Firmen von Kurath sowie Co-Working-Arbeitsplätze sind hier untergebracht.

Kurath setzt sich, streicht sich rasch über die dunklen Haare, rückt die Brille auf der Nase zurecht, wirft das eine Bein übers andere und beginnt zu reden, als hätten wir uns eine Weile nicht gesehen. Es stellt sich schnell heraus: Kurath wartet nicht auf Fragen, erzählt viel und gerne aus dem Leben, will die Meinung des Gegenübers wissen. Es ist schwierig, einen Faden zu finden – noch schwieriger, Kurath eine Berufsbezeichnung zu geben.

«Geschäftsführung ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, die oft nicht der Gründernatur entspricht.»

Zum Glück gibt’s Eckdaten: Sam Kurath, 35-jährig, ist Unternehmer. Bereits während des Studiums gründete er seine erste und bis heute erfolgreiche Firma. Das Produkt ist landesweit bekannt und wohl in fast jedem Studentenportemonnaie zu finden: die STUcard, eine Rabatt-Karte für Studierende und Jugendliche. Das operative Geschäft der Firma hat Kurath vor zwei Jahren abgegeben, er selber sei einfach kein optimaler Geschäftsführer: «Wenn man eine Firma gründet, wird man automatisch Geschäftsführer.» Er habe lange versucht, sich in diese Rolle zu zwängen, erzählt er. «Es ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, die oft nicht der Gründernatur entspricht.»

STUcard war nur der Anfang

Der 35-Jährige ist noch an weiteren Firmen beteiligt, wovon er einige selbst gegründet hat. Nebst der Jaywalker GmbH, die die STUcard herausgibt, entwickeln seine Firmen Marketingkonzepte (Jim & Jim AG), lassen Laien Aktionen bewerten (Crowdinvest.ch GmbH), bringen die Digitalisierung in die Reinigungsbranche (tüchtige Heinzelmännchen GmbH) und realisieren Businessmodelle im Bereich der künstlichen Intelligenz (Jaywalker Digital AG). Als Investor und Verwaltungsrat hält er weitere Beteiligungen in unterschiedlichsten Branchen.

«Ich entdecke immer wieder talentierte junge Leute.»

Ein festes Büro hat er jedoch nicht «Ich arbeite überall ein wenig und verbringe momentan sehr viel Zeit mit Weiterbildungen. Zudem unterstütze ich meine operativen Geschäftsführer», meint der Luzerner. Momentan sehe er sich beruflich als Talentscout, Begleiter und Stratege: «Ich entdecke immer wieder talentierte junge Leute und füge sie an der Stelle ein, an der sie ihre Talente einsetzen können.»

Dass Talente oft nicht erkannt würden, sei ein Problem unserer Gesellschaft. Die Talenterkennung und dessen Entwicklung müsse bereits in der Schule beginnen. «Mein Talent ist es, unterschiedlichste Talente zu entdecken, zu verstehen, sie miteinander zu vereinen und auf eine gemeinsame Strategie einzustimmen», fügt er an. Ob man damit Geld verdient? «Indirekt, ja», lacht Kurath, da er gemeinsam mit diesen Talenten Firmen gründet und weiterentwickelt und somit auch Geld verdient.

«Ich halte nicht viel von klassischen Ausbildungswegen.»

Kurath fordert: Fähigkeiten statt Titel

Sein nächstes grösseres Projekt wird ihn nach London führen: «Ich möchte dort in einem Stärkentraining vertieft lernen, wie man Stärken systematisch erkennt und fördert», so Kurath. Er halte nicht viel von klassischen Ausbildungswegen, sondern bevorzuge individuelle Lernprogramme: «Wenn Leute Geld ausgeben müssen, um einen Titel zu haben, mit dem sie dann vielleicht einen Job finden, ist einfach das System falsch.»

Er selber könne es sich zum Glück leisten, Ausbildungen zu machen, bei denen er in kürzester Zeit so viel lerne, wie er benötige, sagt Kurath: «In meinen Firmen brauchen wir keine Titel, wir brauchen Fähigkeiten und Instrumente, welche wir direkt in unsere Arbeit einbringen können. Wirklich lernen tut man beim Handwerk, nicht im Vorlesungssaal.»

Woran es uns fehlt

Als erfolgreicher Unternehmer ist es Kurath mehrheitlich leichtgefallen, zu tun, was er will. Was aber rät er jenen, die sich gerne selbstständig machen würden und es bisher nicht geschafft haben? «Viele Leute haben Angst, etwas Falsches zu tun, sind gefangen in den Ketten der Gesellschaft und können oder wollen nicht die erreichte Sicherheit verlieren.» Als Lösung sieht Kurath einen simplen Ansatz: «Kennst du deine Talente, dann findest du auch, was zu dir passt. Ausserdem musst du ins Handeln kommen und etwas tun, nicht nur darüber nachdenken.»

«Ich könnte mir vorstellen, Personen, vielleicht Kinder und Jugendliche zu begleiten, ihre Talente zu entdecken und in Stärken umzuwandeln.»

Und wie entdeckt man seine Talente? «Dafür will ich im Moment Modelle und Techniken entwickeln.» Wir würden in unserem Bildungssystem zu wenig lernen, uns mit unseren wirklichen Talenten auseinanderzusetzen, diese früh zu erkennen und entsprechend auch zu entwickeln. «Ich sehe das bei den jungen Studienabsolventen: Sie sind breit und sehr gut gebildet. Aber die Intuition, der Zugang zu ihrem eigentlichen Wesen wurde wegerzogen.»

Jeder soll erfüllt sein

Die Zeit vergeht rasend schnell. Kurath ist ein geübter Erzähler. Man hört gerne zu, kann ihn allerdings nur schwer fassen. Eine Bezeichnung wie Unternehmer oder Gründer ist zu mager. Sie würde mehr auslassen, als dass sie bezeichnen würde. Auf die Frage, was er denn nun aktuell mache, kennt er keine abschliessende Antwort. «Ich bin jetzt gerade daran, das ein wenig herauszufinden», meint er ernst. «Ich könnte mir vorstellen, Personen, vielleicht Kinder und Jugendliche zu begleiten, ihre Talente zu entdecken und in Stärken umzuwandeln.»

Wir verabschieden uns und Sam Kurath hält sein Schlusswort: «Wir haben so viele Möglichkeiten in der Schweiz. Mein Anspruch ist es, dass mehr Menschen Dinge tun können, die zu ihnen passen. Ohne Wirtschaftlichkeit schaffen wir es nicht, das ist so. Aber jeder darf den Anspruch haben, etwas zu tun, das erfüllend ist und Sinn ergibt. Und wenn wir das in der Schweiz nicht haben können, wo dann?»

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