Uhrenbranche: Deal mit Swatch

Bürgenstock schnappt Luzern Kunden weg

Asiatische Touristen sehen sich das Angebot bei Bucherer beim Schwanenplatz an. Werden sie bald auf den Bürgenstock gelockt?

(Bild: Emanuel Ammon / Aura)

Die Branche wird kräftig durchgerüttelt: Der Uhren-Riese Swatch wird ab 2017 mit dem Bürgenstock Hotel zusammenarbeiten. Swatch vertreibt 18 bekannte Marken, die es auch in Luzern zu kaufen gibt. Wir haben mit Experten und Branchenkennern gesprochen. Was bedeutet das für den Uhrentourismus am Schwanenplatz?

Die News kam für die Händler rund um den Schwanenplatz überraschend: Der Uhrenkonzern Swatch Group gab letzte Woche bekannt, dass er mit dem Luxus-Resort auf dem Bürgenstock gemeinsame Sache machen will. Die Kooperation ist vor Kurzem unterschrieben worden: Die Swatch Group wird im gigantischen Wellness-Mekka mit 18 Uhrenmarken vertreten sein, darunter Breguet, Blancpain, Omega, Longines, Rado, Tissot, Certina oder Calvin Klein – die in der Stadt Luzern ebenfalls angeboten werden.

Dabei gibt Swatch mächtig Gas: Insgesamt werden fünf Uhren- und Schmuckfachgeschäfte gebaut, mit einer Gesamtfläche von 670 Quadratmetern. Plus 37 Vitrinen an bester Lage. Das neue Bürgenstock Resort wird Mitte 2017 eröffnet. Doch was bedeutet diese Zusammenarbeit für die Uhrenhändler in der Stadt Luzern? Entsteht hier eine ernst zu nehmende Konkurrenz für Bucherer, Gübelin & Co.?

«Bürgenstock-Gäste werden sich vermehrt mit Produkten der Swatch-Gruppe eindecken.»

Urs Wagenseil, Tourismusexperte an der HSLU

Knapp 10 Prozent der Steuereinnahmen

Die lukrative, verschwiegene, meist durch Familien geführte Uhren- und Schmuckbranche ist für die Stadt eine wichtige Einnahmequelle. Bei den Gewinnsteuern rangieren die Unternehmen auf Platz drei, hinter Banken und Firmensitzen internationaler Unternehmen. Die letzten veröffentlichten Daten stammen aus dem Wirtschaftsbericht 2014. Die Einnahmen für die Staatskasse übertreffen jene der anderen eng auf den Tourismus ausgerichteten Branchen wie das Gastgewerbe «um das Zehnfache», schreibt der Stadtrat. 2012 brachte der Uhren- und Schmuck-Detailhandel der Stadt 2’830’000 Franken ein, das waren 8,3 Prozent der gesamten Gewinnsteuereinnahmen. Inzwischen dürften es dem Vernehmen nach mehr sein. Die Uhrenbranche blickt auf erfolgreiche Jahre zurück.

Prof. Urs Wagenseil, Tourismusexperte an der Hochschule Luzern – Wirtschaft

Prof. Urs Wagenseil, Tourismusexperte an der Hochschule Luzern – Wirtschaft

(Bild: zVg)

Nun will auch Swatch etwas von diesem Kuchen und macht den Luzerner Händlern das lukrative Terrain streitig. «Wenn ein so bedeutsames Unternehmen neu mit so einem grossen Angebot in eine Region eintritt, gehen bei den bestehenden Anbietern bestimmt ein paar Kunden und deshalb Umsätze verloren», meint Urs Wagenseil, Tourismusexperte an der Hochschule Luzern (HSLU).

Wagenseil denkt vor allem an Gäste, die ab 2017 auf dem Bürgenstock logieren. «Diese werden sich dort vermehrt mit Produkten der Swatch-Gruppe eindecken – und weniger in Luzern. Das wird für diese Gäste bequemer, schneller und eventuell etwas persönlicher sein.» 

Inwiefern die Swatch-Läden auf dem Bürgenstock allerdings eine ernsthafte Konkurrenz für die Luzerner Uhrenhändler darstellen werden, sei schwierig abzuschätzen, so Wagenseil. Es würden mit dem Wellness- und Medical-Angeboten auf dem Bürgenstock neue respektive zusätzliche Gäste in die Innerschweiz gelockt (siehe Box). «Wohl etliche werden im Ressort dadurch neu für einen Uhrenkauf animiert, die das vielleicht gar nicht vorhatten.»

«Die wichtigsten Kunden der Uhrenbranche sind von der neuen Konkurrenz nicht betroffen.»

Beat Weinmann, Geschäftsführer Ochs & Junior

Wichtig für den Erfolg des Bürgenstocks ist laut Wagenseil noch etwas anderes. Nämlich die Überlegung der Resortbetreibers, eine einfache und schnellere Verkehrsverbindung auf den Berg zu realisieren. «Wenn die Schiff- und Bahnanschlüsse und die Tarife für den Bürgenstock-Ausflug genug attraktiv sind und das Ganze gut vermarktet wird, dann wird das bestimmt viele (Tages-)Ausflügler anziehen.» Vor allem Ausländer könnten so auf dem Bürgenstock zu potenziellen Uhren- und Schmuckkäufern werden.

Chinesen: Nur ein paar Stunden Zeit

Beat Weinmann, Geschäftsführer des Luzerner Uhrenunternehmens Ochs & Junior

Beat Weinmann, Geschäftsführer des Luzerner Uhrenunternehmens Ochs & Junior

(Bild: zVg)

Branchenkenner Beat Weinmann, Geschäftsführer des Luzerner Uhrenunternehmens Ochs & Junior an der Zürichstrasse, meint: «Die wichtigsten Kunden der Uhrenbranche sind von der neuen Konkurrenz nicht betroffen.» Die wichtigsten Kunden seien Chinesen, die am Schwanenplatz einkaufen. Die asiatischen Gäste, die mit dem Car anreisen, hätten nur ein paar Stunden Zeit, um hier eine Uhr zu kaufen. «Der Uhrenplatz beim Schwanenplatz und beim Grendel ist ideal für dieses Geschäft», sagt Weinmann. So viele Marken an einem Ort gebe es nur an diesem Hotspot. Luzern sei im Vergleich zu anderen Plätzen der effizienteste Verkaufsplatz überhaupt.

Ähnlich sehen das auch andere Branchenvertreter, so etwa Jörg Baumann, Sprecher der Bucherer AG. «Wir sehen das neue Resort nicht als Konkurrenz zur Stadt Luzern. Der Bürgenstock wird eine neue Zielgruppe ansprechen, in erster Linie vermögende Individualtouristen. Das Projekt ist dadurch eine wertvolle Ergänzung zum touristischen Angebot und stärkt die Region Innerschweiz und somit auch Luzern.»

Und Robert Casagrande, Inhaber des gleichnamigen Uhrengeschäfts am Grendel, begrüsst es, dass sich die Swatch Group neu auf dem Bürgenstock breitmacht. «Die Erfahrung hat gezeigt, dass lokale Schmuckhändler solche Resorts nicht erfolgreich führen können.» Swatch hingegen hätte als Fabrikant eine ganz andere Marge und könne viel Geld dafür einsetzen.

Der Besucher des Bürgenstocks wird laut Casagrande Tagesausflüge nach Luzern machen. «Ein Resort oder ein Shoppingcenter wird für Touristen nie die Anziehungskraft einer Altstadt wie Luzern haben», denkt er. «Das Shoppingerlebnis am See inmitten der schönsten Berge ist einfach zu perfekt.»

So soll das Bürgenstock Resort bis 2017 aussehen.

So soll das Bürgenstock Resort bis 2017 aussehen.

(Bild: zvg)

Zukunftsmusik: So soll die Bürgenstockbahn in zwei Jahren wieder in Betrieb gehen. Die Bergstation liegt im Bürgenstock-Hotel.

Über 30 neue Gebäude werden aus dem Boden gestampft. Hier die Visualisierung mit der Bürgenstockbahn.

Ein gigantisches Bauwerk

Das Resort Bürgenstock kostet rund eine halbe Milliarde Franken und wird mit Geldern aus Katar finanziert. In anderthalb Jahren soll der Luxusbetrieb eröffnet werden.

Geplant sind rund 30 neue oder zu sanierende Gebäude. Dazu gehören unter anderem zwei Luxushotels mit 208 Zimmern, ein Medical-Wellness-Hotel mit 160 Zimmern, 67 Residenzsuiten, eine Wellness-Oase von anderthalb Fussballfeldern Grösse, ein Konferenzzentrum, zwölf Restaurants, Bars, Kino, Golf, Tennis, eine eigene Bergbahn (der renovierte Hammetschwandlift) und ein Kraftwerk.

Hinter den Bürgenstock Resorts steckt der katarische Staatsfonds. Dessen Tochtergesellschaft Katara Hospitality ist Besitzerin der Bürgenstock Hotels. Insgesamt wollen die Katarer eine Milliarde Franken in verschiedene Immobilien in der Schweiz investieren. Neben den Bürgenstock Resorts gehören das Hotel Schweizerhof in Bern und das Royal Savoy in Lausanne dazu.

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