Zuger Privatschule kritisiert Kürzungen

Bald mehr Expats an öffentlichen Schulen?

Rund 800 Kinder besuchen bei der Privatschule die 1. bis 8. Klasse in Walterswil bei Baar. (Bild: zvg)

Der Kanton Zug will seine Beiträge an die Ausbildung von Expat-Kindern um die Hälfte kürzen. Die International School kritisiert die Sparmassnahme. Denn auch Unternehmen zahlten immer weniger an die Kosten. Nun könnte statt eines Spareffekts eine Mehrbelastung für den Kanton resultieren.

Die «International School of Zug and Luzern» (ISZL) äussert sich selten in der Öffentlichkeit. Die Meldung vom Frühling, dass die Schule ihren Standort Luzern in Kastanienbaum im Juni 2016 schliessen will, liess deshalb aufhorchen. Als Begründung gibt sie an, dass die Nachfrage gesunken sei. «Obwohl sich die Wirtschaftslage in Luzern verbesserte, mehr Schweizer und internationale Firmen angelockt wurden, hat dies nicht die erhoffte Anzahl an ausländischen Arbeitskräften mit sich gebracht», schrieb die Schule damals in einer Mitteilung.

Unternehmen setzen Rotstift an

Zwar können die Kinder aus Luzern ihre Ausbildung im zugerischen Walterswil fortsetzen. Doch droht auch hier bald das Aus? Denn auch in Zug ist das rasante Wachstum der Jahre 2008-2012 vorbei, die Schülerzahlen stagnieren. Die Situation in Zug sei nicht vergleichbar mit Luzern, sagt Laura Schöpfer von der ISZL auf Anfrage. «Aktuell besuchen 1220 Schüler im Alter zwischen 3 und 18 Jahren aus 57 Ländern unsere Schule.» Die ISZL ist damit die grösste nicht öffentliche Schule im Kanton Zug. 80 Prozent sind Kinder ausländischer Mitarbeiter von etwa 100 verschiedenen Unternehmen aus dem Kanton Zug. Die restlichen Expat-Kinder kommen aus den Kantonen Luzern und Zürich.

Die dafür nötigen Mittel werden derzeit von allen Seiten gekürzt. «Internationale Unternehmen tendieren im allgemeinen dazu, die Zuschüsse für die Ausbildung der Kinder zu reduzieren», erklärt Schöpfer. «Vorher zahlten Firmen bereits ab dem Alter von drei Jahren, jetzt erst ab fünf Jahren.» Die ISZL betreibe mit 36 Minibussen den grössten Privatbusbetrieb in Zug. «Manche Arbeitgeber wälzen auch dort die Kosten ab. Die Eltern sollten bezahlen, wenn sie wollten, dass ihre Kinder abgeholt werden», so Schöpfer. Auch beim Mittagstisch der Schule wurden Beiträge reduziert. Ihr Fazit: «Es ist nicht so, dass die Unternehmen nicht mehr für Ausbildung bezahlen wollen. Aber sie schauen, wo sie Einsparungen vornehmen können.»

Kürzung um die Hälfte

«Der Kanton Zug pflegt eine grosszügige Haltung gegenüber Privatschulen, die sich auch finanziell äussert», sagte Bildungsdirektor Stephan Schleiss kürzlich an einer Tagung mit dem Titel «Privatschulen als Sparringpartner». Nun will der Kanton aber diese grosszügige Haltung aufgeben und ebenfalls sparen. Und dies nicht zu knapp.

Die Kantonsbeiträge pro Schüler sollen gemäss dem Entlastungsprogramm 2015-2018 um mehr als die Hälfte gekürzt werden. Bisher erhielt jede Zuger Privatschule pro Kind mit Wohnsitz im Kanton Zug 2’616 Franken in Kindergarten und Primarstufe. Neu soll der Kantonsbeitrag auf 1’000 Franken reduziert werden. Für Kinder der Sekundarstufe I waren es bisher 4’562 Franken, neu sollen es noch 2’000 Franken sein.

Kritik in laufender Vernehmlassung

Die International School kritisiert, wie auch die Kantonsschullehrer (zentral+ berichtete), die geplanten Sparmassnahmen. «Wir verstehen die Sparbemühungen des Kantons Zug und sind uns bewusst, dass auch wir unseren Teil dazu beitragen müssen. Allerdings trifft uns, als eine nicht gewinnorientierte Schule, eine derart einschneidende Kürzung sehr hart», sagt Sprecherin Laura Schöpfer. Die ISZL hofft nun, dass der Kanton Zug «die Kürzungen im Rahmen der vorgeschlagenen Einsparungen bei den öffentlichen Schulen hält.» Im Klartext: Sparen Ja, aber prozentual nicht mehr als das öffentliche Bildungswesen.

18 anerkannte Privatschulen

Neun Prozent der schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen besuchen im Kanton Zug eine Privatschule. In absoluten Zahlen waren das im letzten Jahr 1221 Schüler. Der Anteil steigt seit 2010 kontinuierlich, von sechs Prozent damals auf 9,15 Prozent 2014. Zählt man die Sonderschüler auch noch hinzu (rund 2 Prozent oder 257 Jugendliche), beträgt der Anteil Privatschüler sogar elf Prozent. 890 ausländischen stehen 242 Schweizer gegenüber, damit stammen vier von fünf Kindern an Privatschulen aus dem Ausland. Der Kanton Zug anerkennt 18 Privatschulen.

In anderen Kantonen haben internationale Schulen mangels Nachfrage schliessen müssen. Das führte zu einem stärkeren Rückfluss von Kindern und Jugendlichen an die öffentlichen Schulen. Könnte das im Kanton Zug auch passieren, wenn gewisse Expat-Eltern sich wegen der Überwälzung von Kosten überlegen, ihre Kinder vermehrt an die öffentliche Schule zu schicken? Für die International School ist das denkbar. «Es ist schwierig abzuschätzen, wie viele Schüler wir verlieren werden, sollten die vorgeschlagenen Kürzungen vollumfänglich umgesetzt werden», sagt Laura Schöpfer. «Aber jedes Kind, welches an eine öffentliche Schule wechselt, bedeutet für den Kanton und die Gemeinden ein Mehrfaches an Kosten. Das widerspricht doch dem eigentlichen Ziel, die Aufgaben zu reduzieren.»

Wechsel könnten Gemeinden Probleme bereiten

Der Zuger Bildungsdirektor Stephan Schleiss glaubt nicht an eine Trendwende im grossten Stil, sagt er gegenüber zentral+. Er sieht zwei sich überlagernde Effekte. «Zum einen übernehmen nicht mehr alle Unternehmen die Schulkosten für die Kinder ihrer Mitarbeiter.» Man könne zwar teilweise beobachten, dass Kinder wieder in die öffentliche Schule geschickt werden. «Das geschieht aber punktuell und vor allem in den tiefen Schuljahren.» Je älter die Kinder von Expats, desto weniger besuchen sie die öffentliche Schule. «Einen 14-jährigen Amerikaner bringen Sie nicht in die Sek», sagt Schleiss. «Die öffentlichen Schulen bieten das begehrte International Baccalaureate nicht an.»

Ein grosser Wechsel von Kindern von einer Privatschule an die öffentliche Schule könne eine kleinere Gemeinde schon vor Herausforderungen stellen, räumt Schleiss ein. «Die Expats-Community wächst immer noch im Kanton Zug. Die Privatschulen haben deshalb keine Probleme, dass Schüler weggehen.»

Wenig Gegenliebe bei Verband

Der Bildungsdirektor ist sich bewusst, dass die geplanten Sparmassnahmen unpopulär sind. «Doch sie bedeuten eine Entlastung von heute 3,3 auf 1,4 Millionen im Jahr.» Man habe in der Planung des Sparprogramms das Gespräch mit dem Verband Schweizer Privatschulen gesucht. «Sie waren nicht begeistert von der Aussicht», sagt Schleiss. Andererseits habe der Verband betont, dass die Schulwahl bei gewissen Eltern nicht von eintausend Franken mehr oder weniger abhängig sei.

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