Neuanfang im Zuger Gründerzentrum

Businesspark auf dem Weg der Besserung

Heike Reutlinger, die neue Geschäftsführerin des Businessparks Zug, bei den originellen neuen Postfächern. (Bild: mbe.)

Rote Zahlen und ein Eklat beim Businesspark Zug – Mieter sprechen von einer «Palastrevolution». Der Businesspark hatte offenbar grosse Probleme im letzten Jahr. Jetzt soll aber alles besser werden.

«Es kam zum Eklat» sagt Stefan Graf, Präsident des Vereins Zuger Gründerzentrum, und räumt ein, dass die Situation des Businessparks im letzten Jahr problematisch war. Einerseits in personeller Hinsicht, weil der Geschäftsführer und seine Assistentin im November 2014 das Zentrum Schlag auf Fall verliessen. «Die Zusammenarbeit hat nicht mehr funktioniert», erklärt Graf. Die Vereinsmitglieder und die Volkswirtschaftsdirektion seien informiert worden. Ein Hauptproblem war die finanzielle Situation: Der Businesspark schrieb laut Graf 2014 rote Zahlen. Das Defizit von 60’000 Franken wurde durch Gönner gedeckt. Ziel sei jeweils eine ausgeglichene Rechnung (siehe Box). Doch auch die Renovation des Zentrums, die mit viel Lärm verbundenen Umbauarbeiten, waren für manchen Mieter eine Geduldprobe.

Marc Scherrer (l.) hat eine Kosmetikfirma, Rolando Bravos Firma hat mit Klebstoff-Beschichtung zu tun. Sie sind zehn respektive schon elf Jahre im Businesspark.

Marc Scherrer (l.) hat eine Kosmetikfirma, Rolando Bravos Firma hat mit Klebstoff-Beschichtung zu tun. Sie sind zehn respektive schon elf Jahre im Businesspark.

(Bild: mbe.)

Der Vereinsvorstand hat sich laut Graf für dieses Jahr zum Ziel gesetzt, wieder Stabilität und Ruhe herzustellen und die Qualität des Zentrums zu garantieren. «Wir haben jetzt die Übersicht über alle Probleme und Transparenz geschaffen», erklärt der Vereinspräsident. Die Rentabilität wieder herzustellen, sei ein wichtiges Ziel. Der Park muss nicht Gewinn abwerfen, aber zumindest seine Kosten decken. Und man wolle in Zukunft auch Rückstellungen tätigen können. Gemäss Graf will der Businesspark wachsen, aber nachhaltig und gezielt.«Mit der neuen Geschäftsführerin Frau Reutlinger haben wir jemanden gefunden, der dem Businesspark wieder eine Perspektive geben kann», so der Präsident des Vereins Gründerzentrum.

Am Anfang viel aufgeräumt

Heike Reutlinger ist die Nachfolgerin von Roman Bühler, der das Zentrum in Steinhausen 2014 nach neun Jahren verlassen hat. Zwischen seinem Abgang und der definitiven Neubesetzung der Geschäftsführung gab es eine Interimslösung. Ziemlich viel Unruhe für ein Zentrum, das seinen Mietern erklärtermassen eine gute Atmosphäre, ein Netzwerk und gemeinsame Dienstleistungen anbieten will, damit sie sich ganz auf ihre neue Geschäftstätigkeit konzentrieren können.

Günstige Büros für Jungunternehmen

Der Businesspark an der Sumpfstrasse 26 in Steinhausen wurde 1999 als «Zuger Gründerzentrum» eröffnet. Auf einer Fläche von 1400 Quadratmetern wurden seither Büros an innovative Firmen vermietet. Seit der Eröffnung haben rund 140 Startups davon Gebrauch gemacht. Aktuell sind 45 Firmen eingemietet.  Das Zentrum wird vom Verein Zuger Gründerzentrum getragen. Er ist mit 80 Mitgliedern – Firmen, Privatpersonen, Gemeinden und Institutionen – breit abgestützt in der Region Zug. Geschäftsführerin des Businessparks ist seit Mai Heike Reutlinger. Das Zentrum arbeitet nicht gewinnorientiert. Sein Ziel ist es, wirtschaftlich selbsttragend zu sein. Es wurde aber in letzter Zeit laut Vereinspräsident Stefan Graf nicht erreicht.

Reutlinger kommt aus der Hotellerie, hat die Schweizer Hotelfachschule Luzern besucht, und war danach 13 Jahre für die FIFA in Zug, Südafrika und Zürich tätig. Im Mai hat sie ihre neue Stelle in Steinhausen angetreten und hat seither vor allem eins gemacht: Ambiente und eine gute Stimmung geschaffen. Sie zeigt uns Fotos von ihren Anfängen in Steinhausen. Der Meetingraum war mit Kartons und Gerümpel vollgestopft, die Altpapiersammlung ein Tohuwabohu, die Postfächer waren alt und abgenützt. «Ich habe zuerst einmal angefangen auf- und umzuräumen», erzählt Reutlinger.

Das Resultat kann sich sehen lassen. Heute präsentiert sich der Empfang im zweiten Stock modern und freundlich. Durch eine transparente Glastüre tritt man ein, schreitet zum Empfang mit Blumen, wo man freundlich begrüsst wird. Speziell ist auch die Postablage: Jeder Mieter hat einen geflochtenen Korb für seine Post. Wenn eine Wäscheklammer daran geheftet ist, bedeutet es, dass ein Paket gekommen ist. Auf dem gleichen Stock befindet sich auch die gemütlich eingerichtete Cafeteria und das Austausch-Board für die Mieter. Zum hoffnungsvollen Neuanfang passt auch, dass die Hausbesitzerin Alfred Müller AG das Gebäude von Mitte 2014 bis Frühling 2015 renoviert hat. Es wurden auch ökologische Massnahmen realisiert: Das ganze Dach jetzt ist mit einer Photovoltaik-Anlage versehen.

Neue Webseite und Desk-Sharing

Reutlinger hat einige Pläne, um die vom Verein Zuger Gründerzentrum gesteckten Ziele zu erreichen. So soll das Zentrum eine zeitgemässere Webseite erhalten. «Zudem wollen wir einheitliche Mietverträge abschliessen», sagt Reutlinger. Heute gebe es viele unterschiedliche Verträge und Spezialabmachungen. Genehmigt hat der Vereinsvorstand bereits ein neues Modell für Desk-Sharing. «Vier Mieter teilen sich einen Arbeitsplatz, den sie zu unterschiedlichen Zeiten benützen. Jeder hat einen abschliessbaren Schrank und ein Netzwerk. Das soll unser günstiges Angebot werden.» Für 13 Quadratmeter zahlt man ab Januar 2016 378 Franken inklusive Mehrwertsteuer. Das Büro-Sharing existiert bereits, wo sich zum Beispiel zwei Firmen ein Büro teilen.

Der Businesspark zeichnet sich dadurch aus, dass alle Mieter Jungunternehmer sind oder einmal waren. Es herrscht Offenheit und ein gewisser Teamgeist: Die Kleinfirmen unterstützen sich oft gegenseitig mit Dienstleistungen. Reutlinger: «Eine Firma braucht zum Beispiel ein Buchhaltungssystem, die andere einen IT-Experten, einen Mentaltrainer oder einen Eventspezialisten.»
Der Mix ist spannend im Businesspark: Eingemietet sind laut der neuen Geschäftsführerin aktuell 45 Firmen, die regional oder international tätig sind. Auch börsenkotierte Unternehmen sind darunter. Die Bandbreite reicht von Biotechnik (Stammzellenforschung), Metallindustrie, IT, Treuhand, über einen Eventspezialisten, bis hin zu Immobilienverkäufern oder Kosmetik. Und eine Startup-Mieterin berät und coacht sogar kinderlose Paare, wie sie es am besten anstellen, doch noch Nachwuchs zu bekommen.

Philippe Biedermann hat lange für US-Firmen gearbeitet, bevor er sich selbständig machte. Er ist der älteste Mieter des Businessparks Zug.

Philippe Biedermann hat lange für US-Firmen gearbeitet, bevor er sich selbständig machte. Er ist der älteste Mieter des Businessparks Zug.

(Bild: mbe.)

Was sagen Mieter zum Businesspark?

Philippe Biedermann ist von allen Mietern am längsten im Businesspark. «Ich bin im doppelten Sinne der Älteste hier», sagt der Managing Director der Firma Scheltec AG. Biedermann handelt mit wissenschaftlichen Analysegeräten für die Chemiebranche, Hauptabnehmer sind Russland und andere GUS-Staaten. Am Anfang habe er nur eine kleine Management-Consulting-Firma gehabt und einen kostengünstigen Ort gesucht. «Der Businesspark entsprach mir», sagt Biedermann. Das Zentrum sei am Anfang sehr professionell geführt worden durch den ersten Geschäftsführer Christoph Born. «Er war eine Persönlichkeit, konnte zuhören, koordinieren und war dabei die Ruhe selbst.» Am zweiten Geschäftsführer lässt Biedermann kein gutes Haar. Er spricht von einer «Palastrevolution», Mieter hätten den Vereinsvorstand auf Probleme aufmerksam gemacht, und dieser habe zum Glück schnell gehandelt. Und heute? «Jetzt hat sich die Situation beruhigt und es ist wieder wie am Anfang», sagt Biedermann.

Andere Mieter haben nichts mitbekommen von den Problemen in der Führungsetage. «Wir vernahmen einfach eines Tages, dass sich Verein und Geschäftsführer wegen unterschiedlicher Vorstellungen getrennt hätten», sagt ein Mieter zentral+. Man habe den letzten Geschäftsführer als aktiv und innovativ wahrgenommen.

Frisch eingezogen und begeistert

Ein neuer und unbelastetet Mieter ist Gian Tgetgel. Er ist am 1. August eingezogen und findet es toll, dass es den Businesspark gibt. «Man hat Kontakt mit Gleichgesinnten, die zwar nicht in derselben Branche arbeiten, aber in einer ähnlichen Situation sind und am Anfang ihrer Selbständigkeit stehen.» Die Organisation von Post oder Telefondienst zum Beispiel sei eine Herausforderung für eine Einzelfirma, er ist froh um diese Dienstleistung. Er profitiere aber auch von den Erfahrungen anderer mit den Ämtern. Tgetgel hat 30 Jahre Bankerfahrung, sein Startup Hypo Zug bietet unabhängige Hypothekar- und Immobilienberatungen an. «Ob es klappt, weiss ich noch nicht. Ich finde es deshalb toll, dass man hier flexibel ist und keine Mietverträge über 30 Jahre abschliessen muss.» Das Netzwerk, das er im Businesspark «anzapfen» könne, sei von grossem Wert. Auch gefällt ihm die Lage: «Es ist nicht mitten in der Stadt und hat genug Parkplätze.»

Gian Tgetgel ist frisch eingezogen und fühlt sich mit seinem Startup Hypo Zug hier gut aufgehoben.

Gian Tgetgel ist frisch eingezogen und fühlt sich mit seinem Startup Hypo Zug hier gut aufgehoben.

(Bild: mbe.)

Zürich und Zug im Vergleich

Besuch bei einem weiteren Startup im Gebäude; die Firma «DIGITALnow» besteht aus drei Personen. «Wir haben 2014 Businesspark-Angebote in Zürich und in Zug angeschaut. Für Zug haben wir uns letztendlich entschieden, weil es familiärer ist und eine offene Du-Kultur herrscht. Ausserdem ist man in der Natur in Steinhausen und schnell am See», sagt Geschäftsleiter Jens Margraf. Die Mietzinse an beiden Orten seien etwa gleich hoch gewesen. Margraf findet es toll, dass im Businesspark ein Austausch zwischen den Firmen stattfindet. «Die Mieter organisieren gelegentlich Apéros.» Man helfe sich ausserdem gegenseitig. So gestaltet er die neue Webseite für den Businesspark, das sei aber eine Ausnahme, betont er.

Das Hauptgeschäft ist das Produkt «SALESBIRD.io». Margraf und sein Jungunternehmer-Companion Robin Engbersen haben eine App entwickelt, die es kleinen Ladengeschäften ermöglicht, ihre eigenen Kunden als neuen Verkaufskanal zu nutzen. Kunden können per mobile App Freunde und Kollegen an ein Geschäft empfehlen und pro erfolgreiche Empfehlung Rabattpunkte sammeln. Das Ganze funktioniert dank einer kleinen Papageienfigur – dem Salesbird – automatisch. Der Vogel wird im Geschäft aufgestellt. In der Figur befindet sich ein Bluetooth Chip, ein sogenannter iBeacon, der neue Kunden erkennt und bestehende Kunden für die Vermittlung belohnt. Hat der Kunde genügend Punkte gesammelt, kann er diese wieder gegen einen Rabatt in seinem Lieblingsgeschäft einlösen.

Jens Margraf, Geschäftsführer von «DIGITALnow». Der «Salesbird» ist für den Zuger Innovationspreis angemeldet.

Jens Margraf, Geschäftsführer von «DIGITALnow». Der «Salesbird» ist für den Zuger Innovationspreis angemeldet.

(Bild: mbe.)

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4 Kommentare
  • Profilfoto von Spirit
    Spirit, 26.08.2015, 18:33 Uhr

    Leider wurde dieser Artikel wohl nur mit einem halboffenen Auge verfasst. Was über die neue Geschäftsführerin gesagt wird, das lass ich gerne unkommentiert und wünsche ihr einen tollen Start. Warum aber der Businesspark so plötzlich durch die Hand des letzten Geschäftsführers in Schwierigkeiten gekommen sein soll, da fehlt jeder Rückschluss. Schliesslich hat dieser das Geschäft während neun Jahren vom selben Vorstand abgesegnet erfolgreich geführt. Leider sehe ich hier eher das Ablenkungsmanöver eines überforderten Vorstands, welcher sich durch frustrierte Mieter instrumentalisieren liess. In jedem Fall hätte in der Privatwirtschaft der Vorstand/Verwaltungsrat selber den Hut nehmen müssen. Hier wurde wohl einiges Übersehen, wenn die Vorwürfe stimmen? Dieser Vorstand ist für die Führung des Geschäftsführers in voller Verantwortung. Nun ja, die Verantwortungen des eigenen Versagens auf eine Person abschieben und dann den Neustart verkünden ist viel einfacher. Voll daneben. Nun wird es die Geschichte zeigen, ob mit neuem Marketing und schöner Wohlfühloase die echten Probleme wirklich beseitigt werden? Ich hoffe es für den Vorstand und die Trägerschaft

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  • Profilfoto von Platypuse
    Platypuse, 26.08.2015, 13:07 Uhr

    Ich bin derzeit auf der Suche nach einem geeigneten Business Park und einem Büro … in diesen Business Park kann ich aber auf gar keinen Fall ziehen. Das mit den geflochtenen Körben als Posteingang und innovative Initialzündung für einen Aufschwung hier verkaufen zu wollen ist doch wohl ein Scherz?! … Sorry, aber das ganze wirkt nun nicht gerade unternehmerisch professionell und als Aushängeschild oder gar als Marketingmassnahme überzeugend! … Noch viel unglücklicher und amateurhaft, wenn nicht gar rufschädigend, erachte ich die persönliche Diffamierung des früheren GF. Es sollte sich doch auch bis in diese Ecke der Schweiz unter seriösem und ernst zu nehmenden Journalismus herumgesprochen haben, dass man beide Seiten der Medaille kennt. Ich erwarte hier ganz klar, dass man auch den früheren GF anhört und auch seine Seite würdigt. Ansonsten fallen mir hier was sowohl den Artikelschreiber wie auch den den Präsi oder Vorstand des Gründerzentrums angeht nur Begriffe wie Dilletanten, Amateure und üble Nachtreter … etc. ein. Ein ganz schlechte Stil auf diesem Wege den früheren GF zu diffamieren. … Grüsse aus dem Thurgau …

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  • Profilfoto von tommueller
    tommueller, 26.08.2015, 11:10 Uhr

    Der Journalist hätte sich natürlich auch fragen können, ob es das Ziel eines halbstaatlichen Gründerzentrums sein kann, einen älteren Herrn bei seinen Russland-Geschäften zu unterstützen 😉
    Mein Kollege hat sich das ganze dieses Jahr mal angeschaut, denn bis vor kurzem soll es dort noch etwas wie eine Gründerommunity gegeben haben. Aber jetzt ist das ganze ziemlich ausgestorben. Viele Mieter sind gegangen oder auf dem Absprung.
    Und dann sind 800 Franken für ein winziges Büro auch zu teuer.

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  • Profilfoto von bwyss
    bwyss, 26.08.2015, 10:32 Uhr

    Wenn die Innovation darin besteht geflochtene Körbe als Postablage hinzustellen, dann stehen dem Businesspark ja tolle Zeiten bevor. Vielleicht wäre es wichtiger, den Mieterschwund aufzuhalten der seit 2015 stattfindet oder zur Abwechslung mal neue Mieter gewinnen. Aber hier geschieht ja nicht wirklich was. Also mich wundert es nicht, dass viele Mieter sich dort nach neuen Büros umschauen oder schon gegangen sind. Und das habe ich nicht nur von einer Stelle gehört.

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