Luzerner Taxireglement sorgt für Ärger

«Wer keine Ahnung hat, wird abgezockt»

Mehr als Helden der Nacht: Luzerner Taxifahrer.

(Bild: les)

Touristen übers Ohr hauen, Gäste abweisen, Chaos am Bahnhofsplatz: Ein Luzerner Taxiunternehmer beklagt Missstände, die es eigentlich nicht geben dürfte.

Lange Zeit herrschte in der Stadt Luzern, gestützt durch das alte Taxireglement, quasi ein Taxi-Monopol. Am meisten Bewilligungen in der Stadt Luzern besassen die Taxi Ernst Hess AG und Hess Taxi + Car AG, welche dementsprechend stark von der alten Regelung profitierten. Doch andere Taxis wollten auch Geld verdienen. Das McTaxi von Inhaber Daniel Krummenacher machte besonders Druck für eine neue Regelung. Schliesslich erhoffte es sich freien Marktzugang und schlussendlich das grosse Geschäft. Die Wettbewerbskommission teilte Krummenachers Argumentation ebenfalls und zwang die Stadt Luzern zum Handeln.

Seit Anfang Jahr ist nun ein neues Taxireglement in Kraft (siehe Box). Vier etablierten Luzerner Taxiunternehmen war das revidierte Reglement allerdings ein Dorn im Auge. Sie klagten – jedoch ohne Erfolg. Als grosse Taxi-Unternehmen mit einer Firmen-Taxibewilligung sind sie verpflichtet, während 24 Stunden im Tag das Bedürfnis der Kunden abzudecken. Allerdings dürften maximal acht Standplatzbewilligungen gelöst werden. Dies führe zu einem völligen Marktversagen, argumentierten die Kläger.

Neues Taxireglement

Das Hauptziel des neuen Taxireglements war die Marktöffnung sowie eine starke Vereinfachung der vorherigen Kategorisierung der Taxis. Zudem nannte die Stadt das Ziel, die Qualität zu steigern, indem Deutschkenntnisse, Ortskundigkeit und Verhalten der Chauffeure in die Vergabe der Konzessionen einfliesst. Neu wird eine Konzession an die Taxis ausgestellt, die an den Taxistandplätzen auf Kunden warten. Diese wird öffentlich ausgeschrieben und ist zeitlich befristet. Die Kosten für die Konzession betragen 1'000 Franken, plus zusätzlich 1'000 Franken für den Halteplatz am Bahnhof.

Ein weiterer strittiger Punkt ist das sogenannte Wisch-Verbot. Im neuen Taxireglement der Stadt ist das «Wischen» zwar nicht mehr explizit verboten. Höher geordnetes Recht verbietet aber das leere gewerbliche Herumfahren, um Aussicht nach Kunden zu halten. Nur auf Bestellung darf überall gehalten und jemand ein- oder ausgeladen werden. Problematisch ist, dass dieses Verbot kaum durchgesetzt werden kann und es immer wieder zu Verstössen kommt – auch in Luzern.

Doch auch das neue Taxireglement hat seine Schwächen. Der Preisüberwacher intervenierte und forderte die Stadt auf, die Gebühren für die Taxistandplätze zu senken. Die Stadt lehnt diese Empfehlung allerdings ab und begründet dies mit dem gesteigerten Gemeingebrauch der Standplätze für die Rund-um-die-Uhr-Nutzung.

Denn: Den Hauptumsatz machen die Taxi-Unternehmen Freitag- und Samstagnacht, die Zeit von Sonntagmorgen bis Freitagabend ist stark defizitär. In der lukrativen Zeit würden die Firmentaxis beschränkt, in der defizitären Zeit gezwungen, ihre Dienste anzubieten. Im Gegenzug würden Taxis ohne Konzession nur Rosinenpickerei betreiben. Dies stösst den Klägern sauer auf. Gegenüber zentral+ wollen sie allerdings keine Stellung nehmen, die Verärgerung ist aber gut spürbar. «Es ist nicht der Zeitpunkt, um über die aktuelle Situation Auskunft zu geben», liess der Geschäftsführer von Taxi Ernst Hess AG, André Hess, verlauten.

Der Befürworter des neuen Reglements, Daniel Krummenacher, ist von der Abweisung der Klage nicht überrascht. Dennoch ortet auch er beim neuen Taxireglement Probleme.

zentral+: Herr Krummenacher, wie beurteilen sie das neue Taxireglement?

Daniel Krummenacher: Ich finde das neue Reglement sehr positiv, es ist total liberal und öffnet mir als Unternehmer die Tür zum Luzerner Taximarkt.

zentral+: Die Kläger argumentieren, die Standplätze seien zu teuer. Sie selber verzichten auf eine Konzession und somit den Zugang zu den Taxistandplätzen. Wie sagen Sie zu diesem Streitpunkt?

Krummenacher: Die Taxis bezahlen 1’000 Franken ohne die Haltestelle am Bahnhof und 2’000 mit dieser pro Jahr. Das macht nicht mal 90 resp. 180 Franken pro Monat. Es ist lächerlich, zu argumentieren, dieser Betrag gefährde das ganze Taxiunternehmen. Ich behaupte das Gegenteil: Die Bewilligung ist eher zu billig! Wäre sie teurer, müssten die Taxi-Unternehmen ihr Handeln hinterfragen, damit sich die Gebühr auch rechnet. Sie müssten mehr Aufträge einholen und das Rezept dazu ist, das Verhältnis von Preis und Leistung zu verbessern – profitieren würden die Kunden.

zentral+: Und dass die Taxis mit Konzessionen gezwungen werden, ihren Dienst 24 Stunden anzubieten, ist nicht ungerecht? Ihr Unternehmen, McTaxi, fährt hauptsächlich zu den lukrativen Zeiten. Sind Sie ein Rosinenpicker?

Krummenacher: Ja, das Taxigeschäft konzentriert sich sicherlich auf die Freitag- und Samstagnächte. Wir sind meistens nur an diesen Tagen mit der Vollbesatzung unterwegs. Im Dienstleistungssektor muss man halt rund um die Uhr präsent sein und seinen Dienst anbieten. Die VBL fährt ja zu gewissen Zeiten auch fast leer oder ganz leer umher. Aber auch die haben einen Auftrag zu erfüllen. Das weiss man nicht erst seit gestern.

Daniel Krummenacher vor seinem gelben McTaxi kritisiert die alteingesessenen Taxiunternehmen in Luzern (Bild: zvg).

Daniel Krummenacher vor seinem gelben McTaxi kritisiert die alteingesessenen Taxiunternehmen in Luzern (Bild: zvg).

zentral+: Heisst das, einige Luzerner Taxis machen einfach vieles falsch?

Krummenacher: Schauen Sie: Statt ständig zu jammern, sollten sich einige Luzerner Taxis vielleicht wirklich einmal Gedanken machen. Sie scheinen vergessen zu haben, dass, wer es gut macht, auch Aufträge erhält. Qualität im Taxiwesen definiert sich über die Leistung und den Preis. Ich persönlich sichere einen tiefen Preis zu (im zentral+ Taxi-Preisvergleich schnitt das McTaxi tatsächlich am besten ab). Weiter ist mir wichtig, wer meine Taxis fährt. Die Alteingesessenen meinen immer noch, es ziehe nur, einen möglichst fetten Mercedes zu fahren.

«Am Bahnhof herrscht Wildwuchs.»

Daniel Krummenacher, Inhaber McTaxi

zentral+: Aber das neue Taxireglement sollte doch gerade die Qualität steigern. So wurden die Deutsch- und Ortkenntnisse sowie das Auftreten der Chauffeure zu Bedingungen für den Erhalt der Bewilligung gemacht.

Krummenacher: Haha, was das betrifft, ist das Reglement eine Katastrophe – das blau-weisse Nummernschild ist überhaupt kein Gütesiegel. Aber bei der Stadt kratzt das niemanden. Gehen Sie einmal zu den Standplätzen am Bahnhof. Dort herrscht Wildwuchs. Die Stadt Luzern hat aber nur Interesse, Geld für die Bewilligungen zu erhalten. Ausserhalb der Bürozeiten herrscht dort tote Hose. Hätte ich eine Bewilligung, würde ich schon lange durchdrehen. Dass Ordnung herrscht, war eine Bedingung des neuen Reglements.

zentral+: Das tönt, als ob das neue Reglement doch nicht wirklich funktioniert. Gibt es weitere Mängel? Man hört, dass Fahrgäste für Kurzstrecken teilweise abgewiesen werden.

Krummenacher: Dieser Punkt ist heikel. Es herrscht Beförderungspflicht, aber die Zumutbarkeit für den Transport des Gastes muss durch den Chauffeur beurteilt werden. Dieser Begriff ist völlig schwammig definiert. Aber auch ich weiss, dass ständig Kunden abgewiesen werden.

«Jeder schaut für sich.»

Daniel Krummenacher, Inhaber McTaxi

zentral+: Interessant ist auch die Preisentwicklung im Taxigewerbe. Was erwarten Sie?

Krummenacher: Es wird probiert, wo es nur geht. Einer, der sich nicht auskennt, etwa ein Tourist, wird abgezockt. Ich glaube auch, dass die durchschnittlichen Tarife ansteigen werden, weil sich Luzern immer mehr den Tarifen der Stadt Zürich anpassen wird.

zentral+: Allgemein deuten Ihre Aussagen auf ein ziemlich vergiftetes Klima im Luzerner Taxiwesen. Stimmt diese Einschätzung?

Krummenacher: Wir sind alles Mitbewerber und jeder schaut für sich.

Wie sind ihre Erfahrungen mit den Luzerner Taxis? Teilen Sie uns diese in der Kommentarfunktion mit!

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2 Kommentare
  • Profilfoto von M. Moser
    M. Moser, 14.07.2015, 17:32 Uhr

    Ofenrohr ins Gebirge schauen…

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  • Profilfoto von M. Moser
    M. Moser, 14.07.2015, 17:31 Uhr

    Ich denke irgendwann werden die Preise die Schmerzgrenze erreicht haben. Es werden die überleben die das beste Preis- Leistungsverhältnis erbringen werden. Alle anderen werden dann irgendwann im «Taxihimmel» verschwinden. Es würde mich nicht wundern wenn darunter auch einigen namhafte Taxiunternehmen wären… Spätestens mit dem Taxisterben wird sich auch der Gebührenhunger der Stadt von selbst erledigen… Denn wenn 0 Taxiunternehmen herumfahren, dann werden auch 0 Fr. Gebühren dem Staatsäckel zugeführt werden… Den grossen Reibach werden dann die Taxiunternehmen in der Agglomeration machen… Die Stadt Luzern mit ihrem Geldhunger wird dann mit dem

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